17.09.2014 Frank Kaltenbach

Aaltos Erben: Kirchen und Kapellen in Finnland seit 2000

Klare Holzstrukturen und lebendige, weißgetünchte Backsteinwände: Seit Alvar Aalto schöpft die finnische Architektur aus zwei Quellen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, dem Traditionellen Bauen und der Moderne. Die gelungene Synthese beider Haltungen zeigt sich in Finnland bis heute im Sakralbau, von archaischen Kapellen bis zu raffiniert proportionierten Kirchen. Das kostbarste Baumaterial im hohen Norden ist jedoch das Licht.

Ort: Galerie für christliche Kunst, Türkenstraße 16. 80333 München
Dauer: 12. September bis 5. Dezember 2014

Schindel-Kirche in Kärsämäki, Lassila Hirvilammi Architects. Foto: Jussi Tiainen

Finnische Architektur liegt im Trend: Während das Vitra Design Museum in Weil am Rhein das Gesamtwerk des großen Meisters Alvar Aalto zeigt und das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt unter dem Titel »Suomi Seven« sieben junge finnische Architekturbüros vorstellt, findet in München noch bis zum 5. Dezember die Auseinandersetzung mit dem aktuellen finnischen Sakralbau statt. Kurator Wolfgang Jean Stock ist Gründungsmitglied der Aalto Gesellschaft und war einer der Ersten, der beharrlich die finnische Architektur im deutschsprachigen Raum bekannt gemacht hat. In seiner letzten Ausstellung als Geschäftsführer und Kurator der Galerie für Christliche Kunst, die er seit 2006 zu einem wichtigen Anlaufpunkt in der Münchner Galerienlandschaft ausgebaut hat, präsentiert er zehn Sakralbauten meist jüngerer Architekten und stellt die Bezüge zur »Vätergeneration« her. Den Auftakt der Ausstellung bilden fünf moderne »Klassiker« des finnischen Kirchenbaus, die "weit über die Landesgrenzen hinaus beachtet wurden und Anregungen zu immer wieder neuen gestalterischen Reflexionen lieferten", wie Wilfried Nerdinger in seinem Geleitwort zum Katalog betont. "Alvar Aaltos Vuoksenniska Kirche in Imatra (1958), mit der er bewusst in Konkurrenz zu Le Corbusiers sakralem Meisterwerk, der Kapelle in Ronchamp trat; die Studentenkapelle im Wald von Otaniemi von Kaija und Heikki Sirén (1957), deren Verschmelzung von Architektur, Natur und Spiritualität dem Sakralbau völlig neue Impulse gab, die Tapiola-Kirche in Espoo von Aarno Ruusuvuori (1965) sowie die Kaleva Kirche von Reima und Raili Pietilä in Tampere (1966) und die Myyrmäki Kirche in Vantaa von Juha Leiviskä (1984), die beide neue Raum- und Lichtqualitäten zelebrieren."

Die Ausstellung macht deutlich, dass der Einfluss dieser Bauten auch auf die heutige finnische Architektur unübersehbar ist und dass zunehmend das Material Holz Verwendung findet. Zudem zeigt sie die Kunstfertigkeit, wie mit einfachen Mitteln ganz individuelle atmosphärische Lichtstimmungen geschaffen werden können. Die Wandpanels mit großformatigen Bildern, Grundrissen und Schnitten geben die wesentlichen Qualitäten der sechs Kirchen und vier Kapellen übersichtlich und gut vergleichbar wieder. Modelle verdeutlichen anschaulich die räumlichen Beziehungen zwischen äußerer konstruktiver Hülle und Konzeption des Innenraums.

Kapelle des heiligen Henrik in Turku, 2005, Sanaksenaho Architects. Foto: Jussi Tiainen

Kuokkala Kirche in Jyväskylä, 2010, Lassila Hirvilammi Architects. Foto: Jussi Tiainen

Kamppi Kapelle in Helsinki, 2012, K2S Architects. Foto: Tuomas Uusheimo

Laajasalo Kirche in Helsinki, 2003, Kari Järvinen and Merja Nieminen Architects. Foto: Jussi Tiainen

Kapelle St. Lorenz in Vantaa, 2010, Avanto Architects. Foto: Tuomas Uusheimo

Wolfgang Jean Stock bei der Eröffnungsrede. Foto: Frank Kaltenbach

Viikki Kirche in Helsinki, 2005, JKMM Architects. Foto: Frank Kaltenbach

Kuokkala Kirche in Jyväskylä, 2010, Lassila Hirvilammi Architects. Foto: Frank Kaltenbach

Studentenkapelle in Otaniemi (1957), Kaija und Heikki Sirén. Foto: Frank Kaltenbach

Das vom Grafiker Bernd Kuchenbeiser sehr ansprechend gestaltete Katalogbuch ist im Deutschen Kunstverlag erschienen und wie die Ausstellungspanels in deutscher und englischer Sprache verfasst. Auf 140 Seiten bietet es mit 125 Abbildungen und 13 Plänen einen hervorragenden Einblick in den aktuellen finnischen Sakralbau unter Berücksichtigung seiner Wurzeln in der Nachkriegsmoderne. In der Galerie ist er für 20 Euro erhältlich.


weitere Informationen:

Begleitprogramm im Haus der Architektur
Donnerstag, 6. November 2014, 19 Uhr
Vortrag mit Lichtbildern von Frank Kaltenbach:
»Neue Bescheidenheit im zeitgenössischen
Kirchenbau – ist weniger wirklich mehr?«
Ort: Haus der Architektur, Waisenhausstraße 4, München
Eintritt frei

DG Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst e.V.
Türkenstraße 16 (Hochparterre, linker Flügel), 80333 München, Deutschland
Telefon +49(0)89 28 2548, Fax +49(0)89 28 86 45
dgfck@t-online.de, www.dgfck.de

Die Ausstellung findet in Kooperation mit der Bayerischen Architektenkammer statt
und wird vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und
Kunst sowie vom Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst, München, gefördert.
Finissagenprogramm:

Freitag, 05.12. (Abend-)Führungen um 18.30 und 20 Uhr
Samstag, 06.12. von 14 bis 18 Uhr Sonderöffnung mit Führungen (von Gabriela Wurm)
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