21.12.2010

Fassaden-Ökobilanzen im Vergleich

Gerade bei sogenannten Prestigebauten gehören Naturstein und Glas zu den am häufigsten verwendeten Fassadenmaterialen. Und gerade bei Prestigebauten spielen Ökologie und Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle. Der Deutsche Naturwerkstein-Verband (DNV) hat dies zum Anlass genommen, die Ökobilanzen von Naturstein- und Glasfassaden zu vergleichen.

Die vom Deutschen Naturwerkstein-Verband e.V. (DNV) in Auftrag gegebene Nachhaltigkeitsstudie bewertet Naturstein- und Glasfassaden hinsichtlich ihrer ökologischen Leistungsfähigkeit. Das weltweit tätige Beratungsunternehmen PE International hat diese Aufgabe für den DNV übernommen. Die Studie betrachtet die gesamte Ökobilanz der Glas- und Natursteinfassaden, aufgeteilt in Herstellung, Nutzung und Entsorgung (End of Life), und vergleicht unterschiedliche Fassadenkonstruktionen bezüglich des Verbrauchs von Primärenergie und der Entstehung von Umweltbelastungen. Eine anschließende Kostenbetrachtung ermittelt den Barwert der gebäudebezogenen Nutzungskosten der untersuchten Fassadenvarianten.

Der erforderliche Austausch von Baustoffen innerhalb der Nutzungsphase wird durch den „Leitfaden Nachhaltiges Bauen des Bundesbauministeriums“ bestimmt. Dieser sieht für Naturstein eine durchschnittliche Lebensdauer von 80 Jahren vor. Die gewählte Nutzungsdauer ist eine Konvention und schließt nicht aus, dass die Lebensdauer deutlich höher sein kann.

Ökobilanzstudie - Aufbau
Die Studie wurde auf der Grundlage der LCA-Methode (engl. LCA – Life Cycle Assessment) durchgeführt. Diese analysiert die Umwelteinwirkungen von Produkten während des gesamten Lebensweges („von der Wiege bis zur Bahre“). Dazu gehören sämtliche Umwelteinwirkungen während der Produktion, der Nutzungsphase und der Entsorgung des Produktes, sowie die damit verbundenen vor- und nachgeschalteten Prozesse (z. B. Herstellung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe).

Ökobilanzstudie – Teil 1
Der erste Teil der Studie befasst sich mit dem Vergleich zweier typischer Fassadenkonstruktionen mit Naturstein und Glas über einen Zeitraum von 100 Jahren. Ein Quadratmeter einer hinterlüftete Natursteinfassade inklusive Wärmedämmung und Stahlbetonwand steht dabei einer flächengleichen Glasfassade mit einer Unterkonstruktion aus Aluminium gegenüber.

„Über den Zeitraum von 100 Jahren zeigt die Natursteinfassade deutliche ökologische Vorteile gegenüber einer Glasfassade“, heißt es in der Studie. „Zusammenfassend ist festzustellen, dass Natursteinfassaden sowohl in der Herstellung als auch in der Nutzungsphase wesentlich weniger Primärenergie als Glaselemente benötigen, so dass - über den gesamten Lebenszyklus betrachtet - für Glasfassaden mehr als das Dreifache an Primärenergie aufgewandt werden muss?

Auch auf die Gründe hierfür gehen die Autoren von PE International näher ein:
„Wird die Herstellung separat betrachtet, so zeigt sich, dass die Glasfassade einen etwa doppelt so hohen mBedarf an energetischen Ressourcen benötigt als die Natursteinfassade. Auch in weiteren Umweltkenngrößen (z. B. Treibhausgasemissionen) weist die Natursteinfassade deutliche ökologische Vorteile auf. Die Nutzungsphase wird durch die Instandhaltungsmaßnahmen in Abhängigkeit von Austauschzyklen der eingesetzten Bauteile dominiert. Während die Natursteinfassade mit ihren relativ langlebigen Bauteilen mit etwa 50 % der energetischen Ressourcen für diese Phase gegenüber der Herstellung auskommt, ist die austauschintensivere Instandhaltung der Glasfassade die relevanteste ökologische Phase während des gesamten Lebenszyklus. Über 100 Jahre gerechnet werden einzelne Bauteile bis zu dreimal komplett gewechselt.“

Auch die betrachteten Umwelteinwirkungen der Glasfassade sind wesentlich höher als die der Natursteinfassade (s. Abb. 2):

  • das Treibhauspotenzial (CO2- Äquivalent; GWP) mehr als 2,5-fach
  • das Ozonabbaupotenzial (R 11; ODP) mehr als 1,5-fach
  • das Versauerungspotenzial (SO2-Äquivalent; AP) mehr als 3-fach
  • das Eutrophierungspotenzial (PO4-Äquivalent; EP) mehr als 4-fach
  • das Sommersmogpotenzial (C2H4 -Äquivalent; POCP) mehr als 4-fach

Allerdings merkt die Studie kritisch an, dass bei Natursteinen der Herkunftsort des Materials entscheidende ökologische Auswirkungen hat: Während für Steine aus Deutschland mit einem Transportweg von 100 km vom Steinbruch zur Baustelle lediglich 4,4 kg CO2 je Tonne Naturstein emittiert werden, betragen die transportbedingten CO2-Emissionen für Steine aus dem europäischen Ausland (2000 km Transportweg) schon 88 kg CO2 und für Steine aus China (18.600 km Transportweg) rund 265 kg CO2 je Tonne.

Ökobilanzstudie – Teil 2
Im zweiten Teil der Studie wird die ökologische Performance der ausgeführten Fassade (Fassaden - variante 1) am OpernTurm in Frankfurt mit zwei theoretischen Fassadenkonstruktionen (Fassaden - variante 2 und 3) verglichen. Der Vergleich bezieht sich auf einen Betrachtungszeitraum von 50 Jahren:

  • Fassadenvariante 1:
am Opernturm in Frankfurt realisierte Fassade, bestehend aus einer elementierten, hinterlüfteten Natursteinfassade (17 %), einer hinterlüfteten Natursteinfassade nach DIN 18516-3 (33 %), sowie Glaselementen (50 %)
  • Fassadenvariante 2:
hinterlüftete Natursteinfassade nach DIN 18516-3 mit einem Fensteranteil von 50 %.
  • Fassadenvariante 3:
adäquate Glasfassade, bestehend aus Glaselementen (90 %) und hinterlüfteter Natursteinfassade nach DIN 18516-3 (10 %)

Auch der zweite Teil der Studie zeigt, bezogen auf die circa 30.000 Quadratmeter Gesamtfassadenfläche des OpernTurms, ökologische Vorteile der beiden Natursteinfassaden gegenüber der Glasfassade. Der Primärenergieverbrauch einer Glasfassade (Fassadenvariante 3) ist mehr als das zweifache höher als vergleichbarer Natursteinfassaden (Fassadenvarianten 1 und 2).

Die betrachteten Umwelteinwirkungen der Glasfassade liegen zwischen 60% und 175% höher als die der Natursteinfassade.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass über den gesamten Lebenszyklus betrachtet alle Umweltbelastungen der Glasfassade gegenüber der Natursteinfassade wesentlich höher sind (s. Abb.4).:
  • das Treibhauspotenzial (CO2- Äquivalent; GWP) mehr als 1,5-fach
  • das Ozonabbaupotenzial (R 11; ODP) mehr als 2,5-fach
  • das Versauerungspotenzial (SO2-Äquivalent; AP) mehr als 1,5-fach
  • das Eutrophierungspotenzial (PO4-Äquivalent; EP) mehr als 1,5-fach
  • das Sommersmogpotenzial (C2H4 -Äquivalent; POCP) mehr als 1,5-fach

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