26.11.2012 schoof@detail.de

Forschungsprojekt zum WDVS-Recycling gestartet

Einer der häufigsten Kritikpunkte an Wärmedämmverbundsystemen ist deren mangelhafte Recyclingfähigkeit. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt wollen drei führende Branchenverbände hier nun neue Wege ausloten. Den Anstoß hierzu gaben nicht zuletzt Forderungen der EU nach einer höheren Recyclingquote.
Zum Recycling von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) ist bislang Widersprüchliches zu hören: Eigentlich basiert ihre Wirkung darauf, dass die einzelnen Schichten möglichst unlösbar miteinander verklebt werden. Anderenfalls drohen bauphysikalische Schäden. Die Hersteller ihrerseits sagen „Wir arbeiten dran“ oder verweisen auf die bisher nur minimalen tatsächlich anfallenden WDVS-Mengen aus Abbruchmaterial, die eine geordnete Wiederverwertung unwirtschaftlich machten. Um mehr Klarheit in die Angelegenheit zu bringen, haben der Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme (FV WDVS) und der Industrieverband Hartschaum (IVH) nun ein groß angelegtes Forschungsprojekt ins Leben gerufen. Der dritte Initiator ist Dr. Clemens Hecht, Sprecher der Qualitätsgruppe WDVS (Österreich) und technischer Vorstand des Europäischen WDVS-Verbandes EAE.  Der Titel des Projektes lautet: „Möglichkeiten der Wiederverwertung von Bestandteilen des Wärmedämm-Verbundsystems nach dessen Rückbau durch Zuführung in den Produktkreislauf der Dämmstoffe bzw. Down-cycling in die Produktion minderwertiger Güter bis hin zur thermischen Verwertung“. Das Projekt wird durchgeführt an den beiden Fraunhofer Instituten für Bauphysik (IBP) sowie für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV), und am Münchner Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FWI). Beim Material konzentrieren sich die Wissenschaftler im ersten Schritt auf EPS basierte WDVS-Systeme, die den mit Abstand größten Marktanteil besitzen (> 80%).  So ganz freiwillig haben die beiden Verbände das Projekt jedoch nicht initiiert, wie sie selbst bekennen. Sie wollen damit auch der in der EU-Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG geforderten Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Genüge tun. Es sieht u.a. vor, dass bis 2020 70 Prozent aller Bau- und Abbruchabfälle stofflich verwertet werden müssen.  Die Gesamtkosten für das auf 18 Monate angelegte Forschungsprojekt betragen 210.000 €; 50% davon trägt der Bund über sein Förderprogramm „Zukunft Bau“. Die zweite Hälfte der Kosten verteilt sich auf die drei Initiatoren, die auch die Forschungsschwerpunkte wie folgt definiert haben: • Erstellen einer Übersicht abgeschlossener oder derzeit laufender Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Verwertung / Nachnutzung von Bauprodukten zur Ermittlung möglicher Synergien • Schaffung von Transparenz über die Menge rückzubauender WDVS und derzeitige Handhabung (Verschmutzungsgrad, Sammellogistik usw.). • Ermitteln wirtschaftlich sinnvoller Möglichkeiten der sortenreinen Trennung und Wiederverwertung von WDVS-Bestandteilen • Kostenermittlung für eine Wiederverwertung oder ein Downcycling als Bestandteil der Lebenszyklusanalyse. Zur späteren Umsetzung des Recycling planen die Initiatoren gemeinsam mit einem Maschinenhersteller u.a. die Entwicklung einer Fräse, die Putz, Gewebe und EPS trennt. Putz und Gewebe fänden als Zuschlagstoff im Straßenbau Verwendung. EPS würde an der Baustelle mit Hilfe eines Recyclingmobils direkt in den Ausgangsstoff Styrol umgearbeitet. Dabei ergäbe sich eine extreme Volumenreduktion von 1:50.  Im Zuge der Projektplanung hat der FV WDVS den auch den Ist-Zustand beim Recycling analysiert. Danach ist die tatsächlich anfallende WDVS-Abfallmenge aus Abriss bzw. Systemrückbau in Deutschland noch verschwindend gering: Jährlich fallen nur 1 Promille der neu verbauten WDVS in Deutschland als Abfälle an. Ein Grund: Viele WDVS-Systeme aus den 70er oder 80er Jahren würden nicht rückgebaut, sondern per Aufdopplung an die geltenden Energiestandards (EnEV) angepasst, so der Fachverband WDVS. Die Menge dürfte künftig jedoch in dem Maße steigen, wie Gebäude aus den Anfangstagen der WDVS-Verwendung am Ende ihres Lebenszyklus anlangen und abgebrochen werden. Dann nämlich nützt auch keine Aufdopplung mehr. Die Menge der bei der Applikation neuer WDVS anfallenden Abfälle aus Materialverschnitt schwankt nach der neuesten Erhebung zwischen 3% und 7%. Bezogen auf 2011 ergibt das bei einer EPS-Gesamtmenge von knapp 4.2 Mio. m³ und einer durchschnittlichen Plattendicke von 11,8 cm Rückführungsmengen von rund 125.000 m³ (3%) bis 290.000 m³ (7%). Diese Dämmstoffabschnitte würden vom Fachhandwerk in Plastiksäcken gesammelt und gemeinsam mit den Systemanbietern wiederverwertet, so der FV WDVS. Dies geschehe entweder innerhalb der Produktion neuer Dämmplatten (Anteil bis zu 8% laut EPS-Qualitätsrichtlinie möglich), in Form von z.B. Grundmauerschutz- und Drainageplatten oder im Bereich des Fußbodenbaus.

Neubau mit EPS. Foto: FV WDVS

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