28.01.2015 Insa Thiel

Geben und Nehmen: Villa von Paul de Ruiter

Anstelle geteerter Scheunen und steinerner Hütten schwebt über dem Gelände einer ehemaligen zeeländischen Farm nun ein gläserner Körper, energieautark und alles andere als ländlich. 71.000 bereits gepflanzte Bäume sollen das markante Gebäude in Zukunft umranken. Bis der gewünschte Endzustand erreicht ist, steht die »Villa Kogelhof« prominent und weitläufig sichtbar inmitten des weitläufigen und öffentlichen Landschaftsraums.

Architekten: Paul de Ruiter, Amsterdam
Standort: Kamperland, NL–Zeeland

Foto: Jeroen Musch

Unter der Bedingung das Farmland wieder in seinen natürlichen Ursprungszustand zurückzubringen und ein öffentliches Naturgebiet zu schaffen, entstand die momentan noch im kahlen Raum schwebende »Villa in the woods«. »Red for Green« nennt sich die Initiative, die die holländische Regierung ins Leben rief: Auf ein Haus im suburbanen Raum müssen umgerechnet ungefähr 40.000 m² naturbelassenes Land kommen, bestückt unter anderem mit vom Aussterben bedrohten Pflanzen und Tieren. Dabei sollen wohlhabende Investoren  Grundstücke nicht einfach aufkaufen, Zäune ziehen und eigene Naherholungsgebiete erschaffen, sondern diese der Öffentlichkeit als Naturgebiete zur Verfügung stellen.

Lageplan, Grafik: Paul de Ruiter

Die Entwurfskomposition der Villa, deren Name sich vom ehemaligen Grundstücksbesitzer und Farmer Kogelhof ableitet, besteht aus einem unterirdischen und einem oberirdisch schwebenden Kubus. Zueinander um 90 Grad versetzt und durch einen Betonkern miteinander verbunden, teilen sie sich deutlich in zwei Funktionseinheiten. Während sich im Untergeschoss Parkmöglichkeiten für sechs PKWs und einen Traktor, Lagerflächen und Arbeitsräume mit Blick über das Wasserbecken befinden, scheint der zweite schwebende Körper auch in seiner Gliederung großzügig und offen zu sein. Lediglich feine Glaswände und separate Volumen bilden einzelne Raumeinheiten für Küche, Bad, Schlaf- und Multifunktionsraum und gliedern den offenen Grundriss. Betreten wird die Villa über eine gläserne Tür im Erdgeschoss des Betonkerns. Ein Patio lässt sich beidseitig zu Wohn- und Badbereich zuschalten und bildet über der V-Stütze optisch und konzeptuell das Pendant zum massiven Betonkern.

Foto: Jeroen Musch

Wesentliches Entwurfsprinzip war neben der klaren, unabhängigen Erscheinung der Villa, vor allem ihre energetische Unabhängigkeit. Neben eigener Wasserversorgung und Müllrecycling stehen die PV-Zellen auf dem Dach und eigene geplante Windmühlen zur Stromversorgung oben auf der Liste des Energiekonzepts. Ein Pelletofen soll später mit Holz aus dem eigenen kleinen Wald befeuert werden und die Warmwasserversorgung regulieren. Das zentrale Lüftungssystem sorgt nicht nur für gleichmäßige Heizung und Kühlung, sondern fungiert gemeinsam mit dem Sonnenschutz: Sind die innenliegenden Rollos abgerollt, wird die Luft im entstehenden Lufthohlraum zwischen Stoff und Scheibe abgesaugt. Die vierseitige großzügige Verglasung ermöglicht einen atemberaubenden Ausblick und offenbart einen Blick über die gesamte Landschaft.

Grundriss UG: Stahlkonstruktion (1), Eingang (2), Wasserbecken (3); Grafik: Paul de Ruiter

Grundriss EG: Büro (1), Teeküche (2), Technik (3), Lager (4), Bad (5), Eingang (6), Garage (7); Grafik: Paul de Ruiter

Grundriss OG: Bad (1), Bad (2), Patio (3), Wohnzimmer (4), Küche (5), Esszimmer (6), Multifunktionsraum (7), Toilette & Garderobe (8), Waschraum (9); Grafik: Paul de Ruiter

Schnitt AA, Grafik: Paul de Ruiter

Schnitt BB, Grafik: Paul de Ruiter

Schwer und leicht, massiv und transparent scheinen Entwurfsthemen zu sein, die sich unabdingbar gegenüberstehen, abwechseln und ergänzen. Bodenständig wirkt dabei im wahrsten Sinne der eingegrabene Körper, der durch die Beherbergung der eher sperrigen Räume seinem schwebenden Gegenstück die notwendige Freiheit für die offene Nutzung ermöglicht. Minimalistische Möbel und einheitlich weiße Decken-, Boden- und Wandflächen lassen einen zwar reinen, aber vielleicht nicht für jedermann wohnlich erscheinenden Raum entstehen. Interessant wird aber sein, wie sich die bereits gepflanzten Bäume später auf das Ensemble auswirken.



weitere Informationen:

Bruttogesamtfläche: 715 m²
Volumen: 2.400 m²
Fertigstellung: 2013
Projektteam: Willem Jan Landman, Noud Paes, Marieke Sijm, Willeke Smit
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