06.05.2015 Insa Thiel

Gestrandet: Neues Kongresszentrum in Mons

Wie ein gestrandetes Schiff scheint sich das Kongresszentrum von Daniel Libeskind in der neuen Kulturhauptstadt niederzulassen. Mit dramatischer Geste, lokalen Materialien und flexiblem Nutzungsangebot soll das MICX (Mons International Congress Xperience) im Rahmen des neuen Stadtkonzepts als Vermittler zwischen den Kulturen fungieren.

Architekten: Studio Libeskind, New York in Zusammenarbeit mit H2A Architecte & Associés, Mons
Standort: Avenue des Bassins, 7000 Mons, Belgien

Foto: Georges de Kinder, Jette

Im Zuge der Initiative Kulturhauptstadt 2015 entstand neben fünf neuen Museen, einem Konzerthaus und einem neuen Bahnhof auch das neue Kongresszentrum. Im Vordergrund der Gesamtplanung steht dabei vor allem die Integration zeitgenössischer und historischer Architektur.

Betreten wird das Zentrum auf der zur Stadt gewandten Ostseite über einen blau gerahmten Eingang, der in ein großzügiges zweigeschossiges Forum führt. Dieses soll zudem als multifunktionaler Ausstellungsraum genutzt werden. Blausteinbänder im Boden verweben dabei Innen- und Außenraum: Sie wiederholen sich in den inneren Bereichen des Forums in Form von schiefstehenden Stützen und Lichtschlitzen in den Decken. Großzügig und hell, aber auch etwas unruhig präsentiert sich der Innenraum im Vergleich zur raffinierten Außenhülle. Diese sorgt vor allem für eine mit dem Licht spielende, bandartige Struktur, die sich um das gesamte Gebäude schmiegt. Details wie die gedrehten Lamellen vor den Fensteröffnungen schaffen ein durchgehendes Fassadenbild, ermöglichen aber dennoch Aussicht und diffusen Lichteinfall. Im Erdgeschoss besteht die Fassade aus vertikalen Robinienholz-Lamellen, die den Bezug zu benachbarten Grünflächen herstellen sollen. Im Kontrast dazu steht der mit eloxierten Aluminiumpaneelen bekleidete und an einen »Schiffsbug« erinnernde Gebäudeaufbau im Obergeschoss. Dieser überkragt die Foyerzone im Erdgeschoss und zeigt dabei pfeilartig in Richtung Altstadt.

Foto: Hufton + Crow, Hertford

Foto: Georges de Kinder, Jette

Foto: Georges de Kinder, Jette

Foto: Hufton + Crow, Hertford

Drei Auditorien mit insgesamt 800 Sitzplätzen, eine multifunktionale Eventhalle (zusätzlich zum Forum), 16 kleinere Konferenzräume, Büros, ein Restaurant und eine Tiefgarage bilden das Raumprogramm des Gebäudes. Das Herzstück bildet  die öffentliche Dachterrasse, die jederzeit frei zu erreichen und flexibel nutzbar ist. Die Richtung Norden orientierte Terrassenspitze soll zudem Bezug zur angrenzenden Parksituation nehmen und diese indirekt erweitern. Begibt man sich als Besucher über die spiralförmige Wegeführung zur Aussichtsplattform, scheint es fast ein bisschen so, als würde man auf ein Schiffsdeck hinauf stolzieren. Hölzerne Bohlen auf dem Boden und Blicke durch die Lamellenstruktur der Außenhülle lassen kurzeitig vergessen wo man sich befindet. Oben angekommen hat man einen freien Blick auf die Stadt, die umliegende Bebauung und den angrenzenden Fluss. In den überwiegend hell gestalteten Innenräumen wiederholen sich gelegentlich Holzelemente. Zudem stechen in den Auditorien orangefarbene Stühle farblich hervor.

Foto: Georges de Kinder, Jette

Den Architekten gelingt ein flexibler Bau mit hohem Symbolwert. Während sich die Außenhülle aus Holz (Erdgeschoss) und Aluminium (Obergeschoss) harmonisch um das Gebäude schmiegt, wirkt der Innenraum ein wenig hektisch und unruhig. Lediglich die skulpturale Treppe bildet einen Orientierungspunkt. Die Thematik der Bänder scheint die einzelnen Elemente indirekt zusammenzuhalten und soll dabei in Form der Steinbänder Bezug zum regionalen belgischen Blaustein nehmen. Es lässt sich darüber streiten, ob dieser Bezug zum Ort ausreichend erfahrbar wird. Spannend bleibt auch, ob das Gebäude als Verbindungsglied von historischer und zeitgenössischer Bebauung und als Vermittler zwischen den Kulturen tatsächlich angenommen wird. Die öffentliche Zugänglichkeit der atmosphärischen Dachterrasse und ein Hauch Schiffsurlaubsflair beim Beschreiten des größzügigen Aufgangs überzeugen dagegen auf Anhieb.

Foto: Hufton + Crow, Hertford

Weitere Informationen:

Gesamtfläche: 12.500 m²
Programmbereich: 6.800 m²
Sitze Auditorien: 800
Baubeginn: 2012
Eröffnung: 09. Januar 2015
Bauherr: Stadt Mons
Gesamtbaukosten: 27 Mio. €

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