30.07.2013

Holzbau als Exportprodukt: Schulkomplex Louis Pasteur von r2k architectes

Im Südosten von Paris wurde Frankreichs bis dato größte Schule aus Holz fertiggestellt – in Rekordzeit und zum größten Teil aus „Importware“ aus dem Südschwarzwald.
Architekt: r2k architectes, Grenoble
Standort: Limeil-Brévannes, Frankreich

Foto: Jussi Tiainen

Wer in Paris arbeitet und Familie hat, muss entweder sehr viel Geld für eine Stadtwohnung bezahlen oder ein Pendlerdasein führen. Für viele Bewohner der Agglomeration kommt nur Letzteres in Frage - und das ist der Grund, warum Kleinstädte wie Limeil-Brevannes beständig wachsen. Derzeit wird in dem Ort südöstlich von Paris ein neues Öko-Quartier namens „Temps Durables“ (wörtlich „nachhaltige Zeiten“) mit zirka 1200 Wohnungen gebaut. Weil neues Familienwohnen immer auch steigende Schülerzahlen bedeutet, entstand damit gleichzeitig der Bedarf nach entsprechenden Bildungseinrichtungen.
Der nahe gelegene, alte Pasteur-Schulkomplex schien jedoch schlecht geeignet, den zu erwartenden Schüleransturm aufzunehmen. Die Fertigteilbauten waren technisch in die Jahre gekommen und besaßen auch in puncto Architektur und Städtebau wenig Qualitäten. So entschied sich der Stadtrat 2010 für einen Umzug: Das Gelände des alten Schulzentrums wurde an Bauträger verkauft, um dort neue Wohnungen zu errichten. Im Gegenzug schrieb die Gemeinde einen Architektenwettbewerb für einen neuen Schulkomplex auf einer Brachfläche unmittelbar hinter dem Rathaus aus.

Foto: Jussi Tiainen

Bauen im Rekordtempo – und mit ökologischem Anspruch
Die Wettbewerbsgewinner r2k architectes aus Grenoble sahen sich zwei erheblichen Herausforderungen gegenüber. Zum einen galt es, fünf Bildungseinrichtungen auf dem nur knapp 1 Hektar großen Grundstück unterzubringen. Und zweitens sollte das gesamte Bauvorhaben – Räume für insgesamt 50 Klassen und Kita-Gruppen samt Nebenräumen und zentraler Mensa – binnen eines Jahres fertiggestellt werden.
Ein Holzbau schien prädestiniert, um den straffen Zeitplan überhaupt einhalten zu können. Außerdem erlaubte er die Einhaltung der ambitionierten Nachhaltigkeitsziele, die die Gemeinde für den Neubau gesetzt hatte.
Trotz der erheblichen Bebauungsdichte sind die Neubauten maximal dreigeschossig. Ferner orientiert sich jede der drei Schulen und zwei Kindertagesstätten zu einem eigenen Innenhof. Machbar wurde dies, indem die Architekten die vorhandenen vier Meter Höhenunterschied auf dem Gelände ausnutzten. So dienen die Flachdächer der tiefer gelegenen Gebäude als Hof und Freifläche für die weiter oben gelegenen.

Foto: Jussi Tianen

Das einzige vertikale Merkzeichen auf dem Areal ist der Uhrturm, den die Reproduktion eines Gemäldes des finnischen Künstlers Lauri Ahlgrén schmückt. Davon abgesehen, entwickeln sich die Gebäude in der Horizontalen. Fast alle Klassen- und Gruppenräume haben direkten Zugang zu den Höfen; offene, von oben belichtete Durchgänge verbinden die Freibereiche miteinander. Auf der Nordostecke des Grundstücks liegt die Schulmensa, die von der Gemeinde auch als Mehrzwecksaal genutzt wird.

Fotos: Jussi Tianen

Das Holzbau-Knowhow stammt aus Deutschland
Für die Umsetzung des Holzbaus zeichnete das Unternehmen Holzbau Amann aus Weilheim-Bannholz im Südschwarzwald verantwortlich. Die Firma hat bereits in der Vergangenheit an zahlreichen Renommierbauten im Ausland mitgewirkt – von Norman Fosters „Chesa Futura“ in St. Moritz (2002) bis zu Shigeru Bans Centre Pompidou in Metz (2009).
Insgesamt wurden für den Neubau mit 9500 m2 Geschossfläche fast 3000 Kubikmeter Holz verbaut, die überwiegend aus Deutschland stammen. Das Tragskelett besteht aus Schwarzwälder Fichtenholz und die Fassadenverkleidungen aus Lärche, ebenfalls aus dem Schwarzwald. Für die Geschossdecken verwendete das Unternehmen überwiegend Weißtanne. Lediglich das thermisch behandelte Buchenholz in den Außenbereichen stammt aus einheimischer Produktion.

Pläne: r2k architectes

Foto: Jussi Tiainen

Die 41 cm starken, mit Holzfasern und Mineralwolle gedämmten Außenwände erreichen einen U-Wert von 0,20 W/m2K. Insgesamt beträgt der Transmissionswärmeverlust des Gesamtgebäudes 0,409 W/m2K und unterschreitet damit die Vorgaben der französischen Gesetzgebung um 25%.  Die Neubauten verfügen über eine mechanische Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung. Außerdem lassen sich im Sommer 1/3 der Fensterflächen in den Klassenzimmern manuell öffnen.

Foto: Jussi Tiainen

Zur Verschattung dienen unter anderem auskragende Vordächer sowie markante Vertikallamellen aus lackiertem, Stahl-Lochblech. Letztere wurden in einem Teil der Obergeschosse angebracht – aber nur vor dem unteren Teil der dortigen Verglasung. Ein Oberlichtband bleibt verschattungsfrei und soll Tageslicht tief in die Klassenzimmer leiten. Um Wärmeeinträge zu begrenzen, wurden die Oberlichter mit Sonnenschutzgläsern versehen. Thermische Simulationsrechnungen haben ergeben, dass sich die Übertemperaturhäufigkeit (>28°C) mit diesen Mitteln auf unter 2% der Betriebsstunden im Jahr reduzieren lässt.
Weitere Informationen Baukosten: 18,593 Mio. € netto (inkl. Planung)
Baufläche: 9480 qm
Bauherr: Stadt Limeil-Brévannes Architekten: www.r2k-architectes.com
Holzbau Amann: www.holzbau-amann.de
Lignotrend: www.lignotrend.de
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