25.11.2014 Frank Kaltenbach

Hommage an die Nachkriegsmoderne: Helmut von Werz

Wenige Tage vor der Vernissage fiel die Entscheidung: Das spanische Architektenpaar Nieto Sobejano hat den Wettbewerb für die Sanierung und Umgestaltung der 1975 eröffneten Archäologischen Staatssammlung in München gewonnen. Geschaffen hat den bis heute aktuellen strukturalistischen Bau mit den charakteristischen Cortenstahl-Kuben das Architekturbüro von Helmut von Werz, der seit 1946 wesentlich am Wiederaufbau Bayerns beteiligt war. Die Architekturgalerie München würdigt mit einer Auswahl von 23 Bauten erstmals sein umfassendes und vielseitiges Gesamtwerk. Darunter sind so Stadtbild prägende Landmarken wie das Hochhaus des Bayerischen Rundfunks am Hauptbahnhof mit seinen charakteristischen Fensterbändern. Ort: Architekturgalerie München, Türkenstraße 30, 80333 München
Dauer: 13. November bis 13. Dezember 2014

Skizzen und Fotos von Helmut von Werz in einer Originalvitrine der Archäologischen Staatssammlung, Foto: Frank Kaltenbach

Archäologische Staatssammlung 1975 Blick von der Prinzregentenstraße, Foto: Frank Kaltenbach

Archäologische Staatssammlung 1975 Blick vom Englischen Garten, Foto: Frank Kaltenbach

Das prominenteste Ausstellungsgebäude der Architekten ist die Archäologische Staatssammlung in München. Die ursprünglichen Planungen sahen vor, den gesamten Block hinter dem Bayerischen Nationalmuseum neu zu bebauen, den Nordhof des Nationalmuseums durch den Abriss der niedrigen Straßenbebauung zu öffnen und so die Freiflächen im Blockinneren zu einer Einheit aus Alt und Neu zu verbinden. Der Bau der Archäologischen Sammlung wurde vollendet, der städtebauliche Gesamtplan aber blieb in der Entwicklung stecken, die drei Altbauten in der Mitte des Blocks blieben erhalten. So wirkt das Gebäude heute wie ein Solitär und nicht wie beabsichtigt als integrativer Teil eines Ensembles.

Blick zum Haupteingang mit der monolithischen Säule, Foto: Frank Kaltenbach

Blick in den Gartenhof, Foto: Frank Kaltenbach

Foto: Frank Kaltenbach

Mittlerweile ist der Bau in die Jahre gekommen. Die Fassade muss erneuert, die Substanz energetisch saniert und die Ausstellungsfläche erweitert werden. Unter Denkmalschutz steht er nicht, wird die Architektur von Helmut von Werz also erhalten bleiben? In einem europaweiten Vergabeverfahren, das im August dieses Jahres vom Staatlichen Bauamt München durchgeführt wurde, haben sich Nieto Sobejano Arquitectos um den Auftrag zur Sanierung der Archäologischen Staatssammlung beworben und waren mit ihrem Lösungsvorschlag in der Endausscheidung unter vier Architekturbüros siegreich.

Der Neue Haupteingang mit Cortenstahl-Fassade. Den Verwaltungstrakt im Hintergrund wollen Nieto Sobejano im Gegensatz zu den Ausstellungskuben gestalterisch überarbeiten., Grafik: Nieto Sobejano

»Archäologischer Garten« für die Kindertagesstätte auf der Hofseite mit den neuen Oberlichtkuben für den unterirdischen Ausstellungssaal, Grafik: Nieto Sobejano

Von 1946 bis zu seinem Tod 1990 führte Helmut von Werz sein Architekturbüro. 1952 kam Johann Christoph Ottow hinzu, 1971 traten Erhard Bachmann und Michel Marx in die bestehende Partnerschaft ein. »Helmut von Werz war ein Grandseigneur und das kann man nicht lernen, das ist man!« Bei der Vernissage waren denn auch die Prominenz der Nachkriegsarchitektur zugegen wie der 87-jährige Otto Meitinger, der unter anderem den Wiederaufbau der Münchner Residenz geleitet hat.

Das Werk des Architekturbüros ist nicht nur wegen der Anzahl der Bauten und Projekte beeindruckend, sondern auch wegen der Vielfalt der Bauaufgaben: Kliniken, Alten-und Pflegeheime, Schwesternwohnheime, Hochschulbauten, Schulen, Sozialbauten, Kirchen-und Kulturbauten, Verwaltungsgebäude, Wohnanlagen, Einkaufszentren, Hotels und immer wieder städtebauliche Planungen.

Haus Pfifferloh, Chiemgau 1964, Ferienhaus des Architekten, Foto: Frank Kaltenbach

Haus Rittweger, München Grünwald 1966, Foto: Frank Kaltenbach

Nazarethkirche München Bogenhausen 1962 (links), Evangeliumskirche, München Hasenbergl 1966 (Mitte), Offenbahrungskirche, München , Berg am Laim, 1961 (rechts), Foto: Frank Kaltenbach

Erweiterung Bayerischer Rundfunk, München 1974-1979, Foto: Frank Kaltenbach

Hochhaus des Bayerischen Rundfunks 1976, Foto: Frank Kaltenbach

»Wir waren sehr überrascht, dass Helmut von Werz mit ganz ähnlichen Elementen gearbeitet hat, die wir auch gerne verwenden: Cortenstahl haben wir beim Museum in Medinat Al Zahra in Cordoba eingesetzt. Auch die serielle Anordnung der Kuben hat uns sehr angesprochen. Wir hatten also nicht das Bedürfnis viel am Erscheinungsbild des bestehenden Museums zu ändern und haben den großen neuen Ausstellungsbereich unter den Garten gelegt.« erläuterte Enrique Sobejano bei der Ausstellungseröffnung in der Architekturgalerie. »Nur das höhere Gebäude mit den Büros, werden wir umgestalten« ergänzte Fuensanta Nieto.

Zusätzlicher unterirdischer Ausstellungssaal mit Oberlichtkuben, Grafik: Nieto Sobejano

Das Entwurfskonzept sieht die Erweiterung des Museums um einen 700m² großen unterirdischen Anbau vor und respektiert die vorhandene Architektur. Der Neubau nimmt das architektonische Thema der bestehenden Ausstellungskuben auf und führt dieses weiter. Unter der bisherigen Freifläche entlang der Himbselstraße entsteht die neue stützenfreie Sonderausstellungshalle. Nach Fertigstellung wird auf der Dachfläche des unterirdischen Neubaus wieder ein Garten als Freifläche für die angrenzende Kindertageseinrichtung angelegt. Thematisch ist eine Gestaltung als „Archäologischer Garten“ vorgesehen.

Sichtbare Zeichen des Neubaus sind drei Oberlichtkuben, die eine natürliche Belichtung der Sonderausstellungsfläche ermöglichen. Der Haupteingang des Museums an der Lerchenfeldstraße wird ebenfalls durch Einstellung eines neuen Gebäudekubus akzentuiert. Sowohl die Oberlichtkuben als auch der neue Eingang werden analog der Fassaden des Bestands in Cortenstahl verkleidet. Alle Fassaden des Gebäudes müssen vollständig erneuert werden, wobei der ursprünglichen Entwurfsgedanken des Architekten Helmut von Werz in Form und Materialität gewahrt bleibt. Mit der Fertigstellung ist allerdings erst im Jahr 2019 zu rechnen.

Zur Ausstellung ist im Birkhäuser Verlag die erste, 280 Seiten umfassende, Monografie »Helmut von Werz, Ein Architektenleben 1912-1990 « erschienen, in der 26 Bauten ausführlich dokumentiert sind. Wie in der Ausstellung zeigen die künstlerischen Fotografien von Florian Holzherr die Bauten in alter neuer Frische, die Luftbilder von Rainer Viertlböck zeigen die Bauten in ihrem Kontext.
Weitere Informationen
www.architekturgalerie-muenchen.de
www.helmutvonwerz.de www.nietosobejano.com
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