13.01.2014 Peter Popp

Informeller Treffpunkt: Multifunktionshalle von BIG

Erneut in die Tiefe: Bereits beim neuen Dänischen Schifffahrtsmuseum haben Bjarke Ingels und BIG beschlossen, historische Bausubstanz zu bewahren und das Museum lieber sieben Meter unter der Erde zu realisieren. Kurz zuvor fertiggestellt, verfolgen sie bei der neuen Multifuktionshalle für ein Gymnasium einen ähnlichen Ansatz: bauliche Gegebenheiten erhalten, räumliches Potential aufspüren, die eigene Handschrift äußerst dezent einbringen. Auch die neue Multifinktionshalle setzt auf größtmögliche Zurückhaltung, verschwindet fünf Meter im Erdreich und beschenkt die Nutzer dennoch reichlich mit qualitativ und quantitiv maximiertem Raumgewinn.

Architekten:
BIG Bjarke Ingels Group
Standort:
Svanemøllevej 87, 2900 DK-Hellerup

Foto: Jens Lindhe

Fotos: Jens Lindhe

Fotos: Jens Lindhe

Fotos: Jens Lindhe

Theoretisch hätten die neuen Räumlichkeiten auch außerhalb des Bestandes Platz gefunden. Stattdessen wurde das bestehende Hofkarree vollständig mit einer Halle besetzt, deren besonderer Clou größtmögliche Unsichtbarkeit ist. Fünf Meter tief wurde das Gebäude ins Erdreich versenkt, was sich zudem positiv auf die Energiebilanz auswirkt und ein ausgeglichenes Innenraumklima begünstigt. "Anstatt die Halle außerhalb des Schulgebäudes zu platzieren und dadurch  Aktivitäten im Schulgebäude noch weiter zu verteilen, haben wir ein neuen sozialen Fokus geschaffen, der die bestehenden Einrichtungen miteinander verbindet. Das Dach hat die Form eines Maulwurfhügels und funktioniert wie ein riesiges Möbelstück, das einen Beitrag zum schulischen Alltag liefert." (Bjarke Ingels) Wie man eine ehemals nüchterne Pausenfläche mit Leben erfüllt, zeigen die nachfolgenden konzeptuellen Überlegungen (zu lesen von links nach rechts):

Konzeptskizzen, Grafik: BIG

Lageplan, Grafik: BIG

Nutzungssplan der Gesamtanlage, Grafik: BIG

Grundriss, Grafik: BIG

Längsschnitt, Grafik: BIG

Querschnitt, Grafik: BIG

Bauherr: Gammel Hellerup Gymnasium

Architekten:
BIG (Bjarke Ingels, Finn Nørkjær)
Projektleitung: Ole Schrøder (Konzept), Ole Elkjær-Larsen (Konstruktion)
Projektteam: Frederik Lyng, Narisara Ladawal Schröder, Henrick Poulsen, Dennis Rasmussen, Jeppe Ecklon, Rune Hansen, Riccardo Mariano, Christian Alvare Gomez, Xu Li, Jakob Lange, Thomas Juul-Jensen Generalunternehmer: CG Jensen (Klaus Mels Nielsen, Dion Munksgaard)Tragwerksplanung: EKJ (Flemming Tagmose) Gesamtnutzfläche: 1.100 m²
Fertigstellung:
2013
Baukosten:
50 Mio DKK
Erst bei näherer Betrachtung erhält man dezente Hinweise auf das Innere des "Hügels". Die Halle erhebt sich exakt so weit über das Hofniveau, dass die umlaufende Gebäudekante als Sitzbank genutzt werden kann. Von hier aus kann man über schmale Fensterschlitze einen Einblick in den darunter liegenden Raum erhaschen. Sie versorgen die Sporthalle auch mit  natürlichem Tageslicht.

Foto: Jens Lindhe

Durch das Gitter der umlaufenden Sitzbank fällt natürliches Tageslicht in die Sporthalle. Foto: Jens Lindhe

Mit seinen charakteristischen Gebäuden aus gelbem Ziegelstein, die sich seit den 1950er Jahren um einen zentralen Hof gruppieren, entspricht das Gammel Hellerup Gymnasium dem Bild einer Schule, die darauf achtet, dem menschlichen Maßstab zu entsprechen. Seit jeher wird besonderer Wert auf die Stärkung allgemeiner und sozialer Kompetenzen gelegt. Dazu zählt das Erlernen von Selbständigkeit und Verantwortungsbewusstsein ebenso, wie die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit in lockerer und ungezwungener Atmosphäre.  Dennoch fehlte ein zeitgemäßer Raum, der diesem Anspruch gerecht wird. Die Sportanlagen waren ebenfalls in einem ungenügenden Zustand. So lag es nahe, einen multifunktionalen Raum zu entwickeln, der sowohl für sportliche Aktivitäten, als auch für informelle Treffen oder schulische Feierlichkeiten  funktioniert. Neben größtmöglicher Flexibilität sollte dabei eine nachhaltige Lösung im Fokus stehen. Mit der von Bjarke Ingels vorgeschlagenen Konstruktion, haben die ohnehin zahlreichen Aktivitätsangebote auf dem Schulgelände ein modernes Update erhalten. 

Foto: Jens Lindhe

Neuer Eingang ins Schulgebäude, Foto: Jens Lindhe

Mit der Multifunktionshalle in Hellerup realisiert die Bjarke Ingels Group zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ein Gebäude abseits großer Gesten, fast unsichtbar und trotzdem äußerst markant. Großen Zuspruch erfährt wie schon im Danish Maritime Museum die Tatsache, dass dabei die historische Bausubstanz mit einer weit über die Gegenwart hinausweisenden Lösung überlagert wird. Das im Vordergrund stehende kontextuelle Feingefühl offenbart sich in dieser Deutlichkeit durchaus als neue Facette in der Architektursprache von BIG.  In Hellerup ist die Strahlkraft und positive Einflussnahme der neuen Multifunktionshalle auf die ehemals langweilige Pausenfläche in jedem Falle unübersehbar. Die Schüler lieben das eigenwillige Dach der neuen Sporthalle und bespielen es mit ausgelassener Kreativität. Peter Popp

Foto: Jens Lindhe

Die markant gekurvte, mit unbehandeltem Eichenholz beplankte Dachfläche gibt keinerlei Hinweis auf die darunter liegende Nutzung. Auch die ebenfalls von BIG entworfenen, aufs Äußerste abstrahierten, weiß lackierten Sitzgelegenheiten aus Stahl tragen nicht unbedingt zur weiteren Aufklärung bei. Im Dunkeln setzen winzige LEDs unter den Sitzmöbeln grafische Akzente im Hof und fungieren dabei als einzige Lichtquelle.

Foto: Jens Lindhe

Foto: Jens Lindhe

"Die Hauptidee für das Dach entstammt einer Gesetzmäßigkeit aus dem Handball. Die Form des sanft gekurvten Daches findet seine Entsprechung in der Flugbahn eines geworfenen Balles - form follows function. Als Hommage an meinen alten Mathematiklehrer benutzten wir die mathematische Formel für diese Art Flugkurve, um die Geometrie des Daches zu finden." (Bjarke Ingels)

Blick in den Innenraum

Foto: Jens Lindhe

Fotos: Jens Lindhe

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