25.05.2012 Linder@detail.de

London 2012: Wie nachhaltig wird Olympia?

Zum dritten Mal werden die olympischen Spiele in London ausgetragen werden. Ab dem 27. Juli wird es für die Organisatoren dabei nicht nur um einen reibungslosen Ablauf der Spiele gehen. Sie werden auch an ihrem Versprechen gemessen werden, London 2012 zu den „nachhaltigsten Olympischen Spielen aller Zeiten“ zu machen. Das Nachhaltigkeitskonzept war einer der Hauptgründe dafür, dass London im Jahr 2005 den Zuschlag für Olympia erhielt. Es beginnt mit der Rekultivierung des Areals – früher einer der meist verschmutzten Industriebrachen im Land – und schließt auch dessen langfristige Nachnutzung ein. Ein abschließendes Urteil über Erfolg und Misserfolg ist daher bei weitem noch nicht möglich. Dennoch lohnt sich der nähere Blick auf die konkreten Zielvorgaben und das bislang Erreichte.
Im späteren Olympischen Park wurden im Zuge der Bauarbeiten insgesamt über 200 Betriebe mit rund 5000 Mitarbeitern umgesiedelt und 1,4 Millionen Kubikmeter Boden dekontaminiert.

Trügerisches Idyll: Der spätere Olympische Park vor Beginn der Abbrucharbeiten

Insgesamt wurden 52 Strommasten demontiert und die Kabel stattdessen in zwei sechs Kilometer langen Tunnels verlegt. Pläne der Landschaftsarchitekten Adams & Sutherland, fünf der Masten gleichsam als Industriedenkmale im Park zu erhalten, mussten aufgrund von Sicherheitsbedenken aufgegeben werden.

Die Abbrucharbeiten im Jahr 2008

Das zunächst 80.000 Zuschauer fassende Olympiastadion von den Architekten Populous kann nach den Spielen auf eine Kapazität von 25.000 Plätzen zurückgebaut werden. Große Teile der Tribünen und der Tragstruktur sind daher von vornherein demontabel geplant – auch der große Druckring des Dachtragwerks. Er besteht zu zwei Dritteln aus überschüssigen Rohrprofilen von anderen Bauvorhaben. Sie sind geringfügig dicker als von den Architekten ursprünglich vorgesehen, waren dafür aber ohne weiteren Einsatz von Herstellungsenergie verfügbar.

Ob es zum Rückbau kommen wird, ist einstweilen jedoch fraglich: Zwei Fußballvereine haben sich darum beworben, das Stadion nach den Spielen – in voller Größe – als Fußball-Arena weiterbetreiben zu dürfen.

Bauarbeiten am Olympiastadion (Populous) zwischen April 2009 und März 2011

Innenbild vom Olympiastadion

Luftbild vom Olympic Park in London

Das Dachtragwerk vom Velodrom ist ähnlich konzipiert wie ein Tennisschläger: Zwischen einem äußeren Druckring spannt sich ein nur auf Zug beanspruchtes Tragwerk aus Stahlseilen. Mit dieser Seilnetzkonstruktion konnten gegenüber einem herkömmlichen Dach aus Stahlträgern nicht nur 1,5 Millionen britische Pfund an Baukosten, sondern auch 20 Wochen Bauzeit, ein großer Teil des Baustahls sowie etwa die Hälfte an Beton in der Primärtragstruktur des Gebäudes eingespart werden.

Außenansichten und Innenbild vom Velodrom (Hopkins Architects)

Die Schwimmhalle von Zaha Hadid Architects ging aus einem Architektenwettbewerb hervor, der schon 2004 stattfand – ein Jahr bevor London den Zuschlag für die Olympischen Spiele erhielt. Sie wäre (vermutlich) auch ohne die Spiele errichtet werden, um dem Mangel an 50-Meter-Schwimmbädern in London abzuhelfen.  Die beiden Seitenflügel fassen allein 15.000 der 17.500 Zuschauerplätze in dem Gebäude und werden nach Ende der Spiele rückgebaut.

The London Aquatics Centre (Zaha Hadid Architects), Austragungsort für die Schwimmwettbewerbe

Die Tennisplätze am Eton Manor (Stanton Williams)

Das Hockey Centre (Stanton Williams)

Die Basketball-Arena von Wilkinson Eyre wird nach den Olympischen Spielen vollständig – inklusive der Fundamente – rückgebaut. Lediglich das Spielfeld selbst erhielt eine Bodenplatte aus Stahlbeton. Die demontablen Tribünen für 12.000 Zuschauer stehen auf eigenen Fundamenten und sind ihrerseits vollständig getrennt von der Gebäudehülle aus PVC-Membranen und Stahl-Fachwerkrahmen. Das Gebäude ist unbeheizt; die Kühlaggregate wurden lediglich auf Leihbasis angeschafft. Über 70% der Zuschauersitze sind schwarz, da Kunststoff mit dieser Farbe nach dem Recycling leichter weiterzuverwenden ist.

Die Handball-Arena (Make Architects; vorn) und die temporäre Basketball-Halle (Wilkinson Eyre Architects; hinten).

Die Basketball-Arena am Olympic Park

Von der Nüchternheit und Sparsamkeit der meisten anderen Olympiabauten hebt sich dieses rund 18 Millionen Pfund teure und 115 Meter hohe Bauwerk deutlich ab. Nach den Spielen wird der „Orbit“ – benannt ist er nach seinem Hauptsponsor, dem Stahlkonzern ArcelorMittal – als sichtbarstes Zeichen von Olympia 2012 zurückbleiben. Womöglich steht ihm eine Langzeitwirkung wie dem Eiffelturm bevor: riesengroß, vollkommen zweckfrei und von der Bevölkerung geliebt – wenn auch deutlich weniger elegant als das Pariser Original.

Der ArcelorMittal Orbit von Anish Kapoor und Cecil Balmond im Bau.

In der Schule sollen später einmal rund 1800 Schüler unterrichtet werden, von denen rund die Hälfte im Olympischen Dorf und den übrigen, auf dem Areal des Olympiaparks noch zu bauenden Wohnvierteln leben soll. Die andere Hälfte wird aus den umliegenden Stadtvierteln stammen. Während der Olympischen Spiele dient die Academy als Bürogebäude und die Turnhalle steht den Olympioniken zu Trainingszwecken zur Verfügung.

Das Olympische Dorf mit der Chobham Academy (Allford Hall Monaghan Morris) im Vordergrund.

»Wettkampf – Architektur« – die Serie im Überblick: London 2012 – Infrastrukturgebäude
London 2012 – Aquatics Centre
London 2012 – Olympiastadion
London 2012 – Velodrom
London 2012 – Basketball Arena
London 2012 – Olympische Schießsportstätten
Stadia – Sport and Vision in Architecture (Ausstellung)
Olympiastadion in Kiew – im Gespräch mit Volkwin Marg
Effizienz als Leitmotiv – im Gespräch mit Knut Göppert
Neue Stadiondächer aus Membranwerkstoffen
PGE Arena in Danzig
Nationalarena in Bukarest
Nationalstadion in Warschau
Choreographie der Massen (Ausstellung)

Wettkampf – Architektur
London 2012 - Wie nachhaltig wird Olympia? 
London 2012 - Die Ökobilanz der Spiele
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