30.09.2011 Frank Kaltenbach

Metropol Parasol – Paseo über den Dächern von Sevilla

»Bratpfanne Spaniens« nennt der Volksmund die Gegend um Sevilla aufgrund der sengenden Hitze im Sommer. Seit Frühjahr 2011 ist die Stadt um eine architektonische Attraktion reicher: Sechs Pylone ragen aus der Plaza de la Encarnación im Zentrum der Altstadt wie überdimensionale Bäume empor, die über ein Dach miteinander verwachsen scheinen.

»Parasoles«, Sonnenschirme, nennt Architekt Jürgen Mayer H. sie, denn ihre einzige Funktion ist es, für die Platzfläche Schatten zu spenden und vom Restaurant – die Firsthöhe der Kathedrale von 28 m durfte nicht überschritten werden – einen Ausblick über die Dächer auf die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu gewähren. Bei genauer Betrachtung handelt es sich bei dem Bauvorhaben jedoch um ein äußerst komplexes Stadtteilzentrum, bei dem unterschiedliche Nutzungen zu insgesamt vier Plazas vertikal übereinander geschichtet sind, mit jeweils komplett unterschiedlichen Anforderungen an das Tragwerk: Im Untergeschoss das Archäologiemuseum, dessen Grabungsfeld stützenfrei über 40 m von einem zweigeschossigen Vierendeel-Stahlrahmen überspannt wird, darüber auf Straßenniveau die Markthalle, deren Dach aus Stahl-Beton-Verbunddecken eine fünf Meter erhöhte Plaza für Veranstaltungen bildet. In 21,5 m Höhe schließlich scheinen Bars und Restaurants in ein Gitternetz aus PU-beschichteten Furnierschichtholzplatten wie in einem Vogelnest eingewoben. Die eigentliche Attraktion des Bauwerks bildet ein atemberaubender schleifenförmiger Panoramaweg über fast die gesamte Freiformfläche des Dachs mit einer maximalen Ausdehnung von 150 m Länge und 70 m Breite. Die Stämme der Parasoles und die 11 000 m2 große geschwungene Dachfläche sind komplett aus selbsttragendem Furnierschichtholz konstruiert und bilden eine der weltweit größten Holz-Hybridkonstruktionen, wobei die stählernen Verbindungen mit der selben Farbe wie das Holz überstrichen und die Aussteifungen der Schirme aus Stahldiagonalen vorwiegend unauffällig angeordnet sind. Nach erstem Einsatz von PU-beschichtetem Furnierschichtholz am Mensagebäude in Karlsruhe von Jürgen Mayer H. als wärmegedämmte Kastenkonstruktion, kommt diese Materialkombination am Metropol Parasol erstmals als tragende, ringsum der Witterung und extrem hohen Außentemperaturen ausgesetzte Konstruktion zum Einsatz. Voraussetzung für die termingerechte Realisierung des ambitionierten Entwurfs war die enge Zusammenarbeit zwischen Architekten, den Tragwerksplanern von Arup und der Holzbaufirma Finnforest, durch die es gelang, eine innovative Verbindungstechnik zu entwickeln, um Kräfte von bis zu 1,3 MN, das sind 130 Tonnen, in die Holzelemente einzuleiten.
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