15.03.2013 Cordula Vielhauer

Museum Berggruen in Berlin

Wer ein aktuelles Architekturbeispiel für Mies van der Rohes Maxime „weniger ist mehr“ sucht, findet ab sofort im Berliner Westen ein passendes Kleinod: die Erweiterung der Sammlung Berggruen nach Plänen des Berliner Architekturbüros Kuehn Malvezzi. Mit deren Eröffnung wurde am 15. März 2013 ein wichtiger Baustein in der Berliner Museumslandschaft und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wieder zugänglich, der auf Grund der Bauarbeiten in den letzten Jahren verschlossen war. Kuehn Malvezzi hatten das entsprechende  Auswahlverfahren des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung im Jahr 2008 gewonnen. Das Büro arbeitet mit einem Schwerpunkt im Bereich der Museumsplanung und der räumlichen Gestaltung von Kunstausstellungen.  

Der Verbindungsgang zwischen Stülerbau und Kommandantenhaus wurde teilweise bereits vor der offiziellen Eröffnung als „Sicherheitsschleuse“ und „Hitzefänger“ kritisiert. Zum Presserundgang präsentierte er sich jedoch als luftiger und lichter Raum. Ob sich dieser Eindruck an einem heißen Sommertag wiederholt, bleibt zu überprüfen. Foto: Ulrich Schwarz, Berlin.

Das Museum Berggruen, das auf der für die Nationalgalerie erworbenen Gemäldesammlung des Kunstsammlers und Journalisten Heinz Berggruen aufbaut, befand sich seit 1996 im westlichen der beiden Stülerbauten gegenüber dem Schloss Charlottenburg am Spandauer Damm. Hier hatte der gebürtige Berliner Berggruen, der im Nationalsozialismus emigrieren musste, nach seiner Rückkehr nach Berlin selbst eine kleine Wohnung: „Mit der heutigen Eröffnung der neuen und alten Sammlungsräume geht ein Traum, sein Traum in Erfüllung,“ so der Direktor der Nationalgalerie Udo Kittelmann. Zur bestehenden Sammlung kamen – und kommen dank des Engagements der Söhne Berggruens bis heute – zahlreiche Werke hinzu, die die Familie nach dem Tod von Heinz Berggruen im Jahr 2007 als Leihgabe zur Verfügung stellte. Auch Nationalgalerie und Kupferstichkabinett leihen für die nun eingerichtete Dauerausstellung einige wichtige Gemälde aus, beispielsweise für den „Harlekin-Raum“, der im Picasso gewidmeten westlichen Stülerbau zu finden ist.

Gartenansicht, Foto: Ulrich Schwarz, Berlin

Straßenansicht, Foto: SMB

Die Erweiterung des Museums umfasst sowohl die Sanierung des Stülerbaus als auch die Umgestaltung des benachbarten ehemaligen „Kommandantenhauses“, wodurch rund 800 Quadratmeter Ausstellungsfläche hinzugewonnen werden konnten. Im Erdgeschoss des Stülerbaus wurde neben Kassenraum, Garderobe und Shop auch ein Raum geschaffen, der das Leben Heinz Berggruens dokumentiert. Ein großzügig verglaster Gang verbindet beide Altbauten parallel zum Straßenverlauf des Spandauer Damms. Der größte Zugewinn der Anlage besteht aber in dem neu geschaffenen Skulpturengarten, der als öffentlich zugänglicher Freiraum ein räumliches Gegenstück zu den eher kabinettartigen, intimen Innenräumen der beiden Altbauten darstellt. In Erinnerung an die Ehefrau Berggruens heißt er „Bettina Berggruen Garten“. Eine Doppelskulptur von Thomas Schütte mit dem Namen „United Enemies“ ist hier aufgestellt.

Ansicht vom Garten aus, Foto: Cordula Vielhauer

Treppenhaus mit Oberlicht im westlichen Stülerbau, Foto: Cordula Vielhauer

Entstanden ist eine ruhiges Ensemble aus historischen Gebäuden und zeitgenössischer Passage, das den Garten ins Zentrum der Anlage rückt. In Anlehnung an Elemente der Gartenarchitektur sprechen die Architekten bei dem Verbindungsgang von einer Pergola. Deren Gestaltung ist differenziert: Ein Sockel aus hellem Kunststein gibt dem Gang eine deutliche Bodenhaftung, darüber spannt sich eine asymmetrische Stahlkonstruktion auf, deren Präsenz durch die dunkle Farbgebung weiter verstärkt wird. Während sich die Passage in Richtung Straße mittels einer hohen Brüstung sowie tiefen Profilen und Laibungen eher abschottet, öffnet sie sich subtil zum Garten hin über die hier leicht abgesenkte Brüstung und die sich konisch verschlankenden Träger. Die fast graphische Reduktion der Stahlkonstruktion wird durch die rahmenlose Verglasung der Seiten- und Deckenelemente zusätzlich betont. Ein geneigter Weg führt in den Garten hinunter.

"United Enemies" von Thomas Schütte im Bettina Berggruen Garten, Foto: Cordula Vielhauer

Bei der Gestaltung des Gartens setzten die im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens beauftragten Landschaftsarchitekten Planorama ebenfalls auf Beschränkung: Der halbdurchlässigen Raumbegrenzung der Pergola fügen sie eine weitere Schicht aus Hainbuchenhecken hinzu. Ein von hohen Bäumen gerahmtes, abgesenktes Rasenfeld bildet das Zentrum der Anlage und den Hintergrund für die Skulpturen. Lange Holzbänke vermitteln zwischen den verschiedenen Geländehöhen oder werden zum räumlichen Abschluss des Gartens.

Klee-Raum, Foto: SMB

Matisse-Raum, Foto: SMB

Die Ausstellungsräume in den Altbauten sind zurückhaltend gestaltet; weiße oder mattgraue Wände, Holzeinbauten und -bodenbeläge treten hinter die Präsentation der meist kleinformatigen, aber farbintensiven Gemälde zurück. Dass neben dem Zeigen der Schutz der wertvollen Kunstwerke ebenfalls eine zentrale Aufgabe des Museums ist, verrät die gedimmte Atmosphäre der Ausstellungstechnik aus Sicherheits-, Klima- und Lichtschutz. Den Kern der Sammlung bilden die Werke von Pablo Picasso und Paul Klee, die gemeinsam mit jenen von Henri Matisse, Alberto Giacometti und anderen das Museum Berggruen zu einem der wichtigsten Standorte der Klassischen Moderne machen. Nun auch wieder in einem angemessenen architektonischen Rahmen.

Verbindungsgang, Foto: Ulrich Schwarz, Berlin

Cezanne-Raum, Foto: SMB

Bettina Berggruen Garten, Foto: Hanns Joosten

Grundriss, Bildnachweis: Kuehn Malvezzi

Treppenhaus mit Giacometti-Figur im Stüler-Bau, Foto: Cordula Vielhauer

Amsel-Skuptur von Picasso, Foto: Cordula Vielhauer

Katzen-Skulptur von Giacometti, Foto: Cordula Vielhauer

Mobile von Alexander Calder, Foto: Cordula Vielhauer

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