08.09.2015 Jakob Schoof

Vorwärts zu den Wurzeln: National Theatre in London

Foto: Philip Vile

Der Betonbrutalismus der 70er-Jahre sorgt in der historischen Stadtzentren Europas selten für Begeisterung. Doch als 1976 das National Theatre, Hauptwerk des Architekten Denys Lasdun, an der Themse seine Tore öffnete, war die Zustimmung fast einhellig. Lediglich Prince Charles soll bemerkt haben, der Entwurf sei „eine gute Methode, um mitten in London ein Atomkraftwerk zu errichten.“ Zugegeben: Mit seinen Betonterrassen am Flussufer und den meist fensterlosen Backsteinwänden an der Gebäuderückseite im Süden hätte der Neubau in kein historisches Umfeld gepasst. Doch die Gegend zwischen Themse und Waterloo Station war in den 70er-Jahren längst nicht das, was sie heute ist – ein Wohnort der Reichen und Sitz wichtiger kultureller Institutionen. Daher richtete Lasdun sein Gebäude einzig und allein auf den Fluss aus. Das Theater öffnet sich zur Stadt Das Gebäude stärker nach Süden zu öffnen, war eine der wichtigsten Aufgaben der Architekten Haworth Tompkins bei der Sanierung. Ferner sollte der Haupteingang an der Themse neu geordnet, die Foyers gestalterisch „aufgeräumt“ sowie ein Restaurant, ein Lernzentrum und ein neuer Anbau für Kulissenmaler und digitale Produktionsstudios errichtet werden. Es ist nicht die erste Sanierung des Theaters in seiner 39-jährigen Geschichte. Schon in den 90er-Jahren hatten sich Stanton Williams an einer Umgestaltung versucht und hatten dabei unter anderem einen Buchladen neben dem Haupteingang eingebaut. Dieser wurde nun wieder entfernt, und das  Erdgeschoss öffnet sich wie zur Bauzeit im 45-Grad-Winkel zur Themse. Daneben, an der Nordostecke des Gebäudes, ist ein neues Restaurant entstanden, wo einst Nebenräume den Blick Richtung Fluss verbauten. Zwei der drei Theatersäle ließen Haworth Tompkins im Gebäudeinneren unangetastet, der dritte wurde grundlegend umgestaltet und um ein Lernzentrum ergänzt. Die einzig wirkliche Erweiterung ist jedoch das neue, viergeschossige Produktionsgebäude in der Südseite. Es bildet nun doch einen einladenderen Auftakt zu dem Gebäudekomplex, als es die fast fensterlosen, ziegelverkleideten Werkstattflügel zuvor taten. Schon diese standen mit ihren kubischen Formen in deutlichem Kontrast zu dem horizontal lagernden Hauptgebäude. Haworth Tompkins griffen die Formgebung in ihrem Neubau auf, gaben ihm aber eine vertikal gegliederte Fassade aus Aluminiumlisenen mit Ausfachungen aus gewelltem Stahlgewebe.   Ein versöhnlicher Abschluss? Im Inneren des Bestandsgebäudes blieb die Materialpalette unverändert. Sichtbetonwände mit sichtbarer (Bretter-)Schalungsstruktur sowie Kassettendecken aus Beton prägen den Raumeindruck in den Foyers. Sie bildeten in Lasduns Konzept – ganz im Geiste von Scharouns Berliner Philharmonie – den „vierten Theatersaal“ des Gebäudes, in dem die Zuschauer und Gäste selbst die Hauptrolle spielten. Hohe Verglasungen mit filigranen Aluprofilen trennen nach wie vor Innen und Außen. Denys Lasdun selbst konnte die Sanierung des National Theatre nicht mehr miterleben – er starb 2001. Vermutlich hätte ihn die Arbeit von Haworth Tompkins – der immerhin eine achtjährige intensive Phase der Konzeptentwicklung und denkmalpflegerischen Erkundung vorausging – mit seinem Meisterwerk versöhnt. Über die letzte Umgestaltung in den 90er-Jahren soll er nämlich ziemlich entrüstet gewesen sein.

Foto: Philip Vile

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