Wer, was, wie viel? Investitionen in Wohnungsbestände

Der Wohnungsmarkt ist in einigen deutschen Großstädten derzeit äußerst angespannt. Gleichzeitig gibt es Regionen, die mit großen Leerständen zu kämpfen haben. Schon allein deshalb sind die Motive für Investitionen in den Gebäudebestand divergent. Faktoren für Art und Umfang von Maßnahmen sind bauliche Aspekte wie das Gebäudealter, aber vor allem auch, wer mit welchen Strategien die Wohnungen bewirtschaftet. Motive für Investitionen können auch eine erhoffte Wertsteigerung oder die bessere Vermietbarkeit sein. Hinweise und Erkenntnisse zu diesem Themenfeld geben aktuelle Forschungsarbeiten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Bonn. Christoph Zander, Projektleiter im Referat Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, stellt drei Studien vor, die sich auch mit dem Investitionsverhalten unterschiedlicher Wohneigentümer und -anbieter auseinandersetzen.

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Laut Gebäude- und Wohnungszählung gibt es 2011 in Deutschland rund 40,5 Millionen Wohnungen, von denen über 50 Prozent vermietet werden. Aufgeschlüsselt nach ihrer Baualtersstruktur zeigt sich, dass in den älteren Baualtersklassen, insbesondere Gründerzeit- und Nachkriegsbauten, die Vermietung überwiegt, während neuere Wohnbauten häufiger durch den Eigentümer selbst genutzt werden. „Hinter den Altersklassen stehen Gebäudetypologien, die zum einen bestimmte Problematiken aufweisen können und zum anderen Investitionstätigkeiten infolge der Lebenszyklen ihrer Bauteile nach sich ziehen“, erläutert Christoph Zander die Hintergründe. Daneben weist die im Durchschnitt höhere Leerstandsquote in älteren Gebäuden auf einen mit zunehmendem Alter höheren Investitionsbedarf, bzw. in bestimmten Beständen auch auf einen vorhandenen Modernisierungsstau hin.

Nutzungsarten des Wohnungsbestands in Deutschland (Quelle: Statistisches Bundesamt: Zensus 2011 – Gebäude- und Wohnungszählung)

Eigentumsverhältnisse, Investitionen und Investitionsmotive
Der größte Teil der Wohnungen im Gesamtbestand befindet sich in privater Hand. Während private Vermieter und Selbstnutzer Eigentümer von knapp 80 Prozent der Wohnungen sind, wird nur ca. ein Fünftel der Wohnungen von gewerblichen Anbietern gehalten. Hochrechnungen zufolge investierten 2012 alle Eigentümergruppen insgesamt 127,2 Milliarden Euro in die Modernisierung und Instandhaltung ihrer Wohnungsbestände. Diese Bestandsinvestitionen machen rund 75 Prozent des gesamten Bauvolumens im Wohnsektor aus. Der Neubau erreicht aktuell hingegen nur gut 25 Prozent aller Wohnungsbauleistungen.

Struktur des Baualters im Wohnungsbestand in Deutschland (Quelle: Statistisches Bundesamt: Zensus 2011 – Gebäude- und Wohnungszählung)

Verschiedene im BBSR durchgeführte bzw. betreute Forschungsprojekte setzen sich mit unterschiedlichen Anbietergruppen des Wohnungsmarkts auseinander und haben unter anderem auch deren Investitionsverhalten und -motive im Blick: In einer Befragung der Kommunen zu ihren Wohnungsbeständen wurde deutlich, dass aktuelle Themen wie Energie- und Klimaschutz sowie der demographische Wandel ebenso Investitionsmotive darstellen wie die allgemeine Erhaltung der Bestände und eine Verbesserung der Vermietbarkeit in nachfrageschwachen Regionen. Hierbei können auch spezifische kommunalpolitische Ziele eine Rolle spielen. Bei den Privatanbietern von Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern nannten die befragten Eigentümer neben der Sicherung der kurz- und langfristigen Vermietbarkeit vor allem die Erhaltung der Gebäudesubstanz sowie Wertsteigerung als wichtigste Investitionsmotive. In einer anderen Untersuchung zu Investitionsprozessen bei Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) wurden der Bestandserhalt und die Steigerung des Immobilienwerts, aber auch die Wohnwertsteigerung sowie der Klimaschutz als Motivation genannt. Die im Rahmen der Kommunalbefragung erfassten Investitionen in einem Dreijahreszeitraum kamen insgesamt mehr als 14 Prozent des kommunalen Wohnungsbestands zu Gute, wobei durchschnittlich knapp 19.000 Euro pro Wohnung ausgegeben wurden. Jede dritte investive Maßnahme diente der energetischen Ertüchtigung des Bestandes, bei 7 Prozent wurden Maßnahmen zur Barrierereduzierung vorgenommen. Bei der Befragung der Privateigentümer von Mietwohnungen wurde deutlich, dass Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen eher kleinteilig strukturiert sind, was auf ein eher situationsabhängiges, reagierendes Investitions- bzw. Reparaturverhalten schließen lässt.

Anzahl und Art der investiven Maßnahmen am kommunalen Wohnungsbestand 2009-2011 (Quelle: BBSR, Bonn)

Besonderheit Wohnungseigentümergemeinschaften
Anlass für die Studie zu den Investitionsprozessen von Wohnungseigentümergemeinschaften waren Hinweise, dass es dort Probleme gibt, die zu Instandhaltungsrückständen und Modernisierungsstaus geführt haben. Anzeichen hierfür waren u.a. ein geringerer Beteiligungsgrad von Eigentümergemeinschaften bei Förderanträgen bei der KfW. Dieses lag allerdings an der in der Vergangenheit zu wenig spezifischen Erfassung von Wohnungseigentümergemeinschaften als eigene Eigentümergruppe, aber auch an bis dato zu wenig auf diese Gruppe zugeschnittene Produkte. Insgesamt ist aber festzustellen, dass es über das tatsächliche Ausmaß von Maßnahmen und möglichen Instandhaltungsstaus in WEG nur unzureichend belastbare Quellen gibt. Bei den im Rahmen des Forschungsprojekts durchgeführten Analysen von insgesamt 20 Fallstudien zeigte sich vor dem Hintergrund der Vielzahl beteiligter Eigentümer, mit oftmals unterschiedlichen Interessen (z.B. Selbstnutzer und vermietende Eigentümer) und finanzieller Leistungsfähigkeit, dass die Entscheidungsfindung bei den Maßnahmen im Gemeinschaftseigentum (energetische Sanierung, altersgerechter Umbau / Anpassung) sehr komplex und langwierig sein kann. Was Einzeleigentümer alleine entscheiden können, muss eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern erst aushandeln und dann mehrheitlich beschließen. Während eines Entscheidungsprozesses können sich auch gesetzliche Grundlagen oder Finanzierungs- und Förderbedingungen ändern, was die Gefahr eines Scheiterns von Investitionsprozessen erhöht. Ein wichtiges Ergebnis aus den Analysen der Fallstudien ist, dass eine zentrale Grundlage für einen erfolgreichen Entscheidungs- und Investitionsprozess in der funktionierenden Dreier-Konstellation der Akteure Hausverwaltung, Wohnungseigentümergemeinschaft und Planer liegt.

Akteursdreieck bei Wohnungseigentümergesellschaften (Quelle: Forschungsbericht "Investitionsprozesse bei Wohnungseigentümergemeinschaften")

Zur Person
Christoph Zander ist Projektleiter im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung BBSR im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BBR für das Referat Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (II 13). Nach dem Geographiestudium in Hamburg und der Tätigkeit bei einem wohnungswirtschaftlichen Forschungs- und Beratungsunternehmen ist er seit rund 10 Jahren im BBSR insbesondere für die Konzeption und fachliche Betreuung von Ressortforschungsvorhaben des Bundes zuständig. Inhaltlicher Schwerpunkt war in den letzten Jahren dabei unter anderem der Themenbereich der Veränderungen der Anbieterstrukturen auf den Wohnungsmärkten in Deutschland. Aktuell stehen Projekte im Zusammenhang mit privaten Vermietern und Investitionsprozessen von Wohnungseigentümergemeinschaften im Fokus seiner Tätigkeit.

„Der derzeitige Wissenstand über den Zustand der Wohnungsbestände insgesamt ist verbesserungswürdig“, resümiert Christoph Zander die Forschungsergebnisse. Hinsichtlich tatsächlicher Investitionen der unterschiedlichen Akteure sind für die Zukunft systematische Untersuchungen und die Zusammenführung der Ergebnisse wünschenswert. Vortrag von Christoph Zander, Projektleiter im Referat Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft im BBSR, im Rahmen der fünfteiligen Veranstaltungsreihe „Die Zukunft des Bauens“, veranstaltet von DETAIL research und der Forschungsinitiative Zukunft Bau des BMUB und BBSR am 26. Juni in München zum Thema "Modernisierung des Wohnungsbestands“
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