01.10.2012 Maier@detail.de

21. Deutscher Fassadenpreis

Förderpreis – Kindheitstraum im Großformat
Einreicher: MEGX

Im Wuppertaler Ortsteil Elberfeld entwickelt sich eine großmaßstäbliche »Lego-Brücke« zur Attraktion – oder vielmehr: die verschmitzte Illusion einer Brücke aus Bausteinen, die sich dem Betrachter aus ihrer Untersicht erschließt. »Durch die extreme Größenverschiebung wird etwas allgemein Bekanntes in einen neuen Kontext gebracht«, erfreute sich die Jury an dieser künstlerisch und technisch gelungenen Umsetzung.

So viele Preisträger gab es noch nie: Auszeichnungen an 21 Teilnehmerobjekte wurden am 12. September 2012 auf Gut Havichhorst bei Münster verliehen.

Ob Einfamilienhaus, Sporthalle, Fabrikkomplex oder Jugendstilvilla: Der äußeren Sichtfläche eines Gebäudes wird immer mehr Bedeutung beigemessen und ihr immer mehr Leistung abverlangt – so die Erfahrung des Auslobers Brillux aus den vergangenen Jahren. Die Konzepte der Planer und Farbgestalter, die sich am Deutschen Fassadenpreis 2012 beteiligten, setzen die Mittel der Farbgestaltung differenziert ein, um Gebäuden Wertigkeit, Charakter und Ausstrahlung zu geben, sie in ihr Umfeld zu integrieren oder, wo gewünscht, bemerkenswerte Solitäre zu schaffen. Die insgesamt 20.000 Euro Preisgelder verteilen sich auf die 21 Preisträger. Drei Fotos zu jedem Gewinner in der Galerie am Seitenende
Kategorie: Wohn- und Geschäftshäuser

1. Preis – »Kompaktblock Mayer« in Neu-Ulm
Architekt: Florian Krieger, Architektur und Städtebau

Auf den Flächen des bis 1991 von der US-Army genutzten Wiley-Geländes ist im bayerischen Neu-Ulm in den vergangenen Jahren ein neuer, sehr begehrter Stadtteil mit Wohn- und Gewerbeflächen entstanden. Das städtebauliche Konzept gab für die neue Mehrfamilienhaus-Bebauung an der Edisonallee Höhen und Proportionen vor. Die Hausnummer 16, der »Kompaktblock Mayer«, zeigt auf, wie sich ein Standard-Baukörper mit einfachen Mitteln charakteristisch formen lässt. Baulich ordnete Architekt Florian Krieger (Darmstadt) die Loggien versetzt an – im Gegensatz zum »Kompaktblock Standard«. Das Farbkonzept vollendet den baulichen Gedanken. Helles, elegantes Grau bestimmt die Außenhaut, den  öffentlichen Bereich des Gebäudes. Warmes, intimes Orangerot kennzeichnet die Privatbereiche, die lebhaft verteilten Loggien und den Innenhof mit seinen kommunikativen Laubengängen. »Hier wird mit Farbe für Bewohner und für Betrachter Privates und Öffentliches sichtbar gemacht, Individuelles vom Allgemeinen, innen von außen unterschieden«, fasst die Jury zusammen.

2. Preis – Erweiterungsbau des Paul-Gerhardt-Seniorenzentrums in Pforzheim
Architekt: as – architektur & stadtplanungsgesellschaft mbH

»Service-Wohnen« heißt ein noch junges Konzept fürs Leben im Alter. Es richtet sich an anspruchsvolle Senioren, die in barrierefreien eigenen vier Wänden selbstbestimmt leben möchten. Das ungewöhnliche Fassadenbild unterstreicht die angestrebte repräsentative Ausstrahlung des geschwungenen Gebäudes. Die Jury lobte »das Miteinander und Nebeneinander organischer und geometrischer Formen« und den Materialmix.

3. Preis – Hinterhof-Ensemble in Schwerte
Einreicher: Torsten Broer, Malermeister

Ein überraschendes Konzept für die Belebung eines finsteren, unattraktiven Hinterhof-Ensembles: Mutig wurde hier das Baujahr 1889 der wenig strukturierten Fassade beiseitegelassen. Ein helles Grau und ein Vanilleton stellen eine Grundfreundlichkeit her. Vollendet wird der unkonventionelle Entwurf durch verschiedenfarbige, unterschiedlich starke horizontale Linien, die sich wie ein Klebestreifen als Gebäudebegrenzung quer über das oberste Geschoss ziehen. Diese Gestaltung »biedert sich nichts und niemandem an, steht außerhalb jeglicher Diskussion um richtig oder falsch, passt aber insgesamt und irgendwie doch«, begründet die Jury die Auszeichnung.

Kategorie: Öffentliche Gebäude

1. Preis – Plattenbaus mit Kita in Berlin-Hellersdorf
Architekt: AptoPlan Ingenieurgesellschaft mbH

Dem Riegelbau ist sein tristes altes Äußeres nicht mehr anzusehen. Wo früher Waschbetongrau und verschmutzte Klinkerflächen die Sichtfläche prägten, bestimmt jetzt eine aus Farbbauklötzen komponierte Silhouette die positive Anmutung des Plattenbaus mit integrierter Kindertagesstätte. Keine wahllos kunterbunte Gestaltung wie so oft bei Kitas schießt über das Ziel hinaus: Der abgestimmte Farbklang aus Hellgrün, Dunkelgrau, Hellviolett, Weiß und Beige wirkt frisch, frech und kraftvoll. Der »kompromisslos« plastische und umfassende Einsatz der Gestaltungsidee überzeugte die Jury komplett.

2. Preis – Kita in Holzbauweise in Dresden
Architekt: Stellwerk Architekten

Auffallend an dem Neubau in der Comeniusstraße sind die Einschnitte und Ausstülpungen. Sie gliedern den kompakten quadratischen Baukörper und machen die Nutzungen im Innenraum ablesbar. Durch die farblich differenzierten Ausklinkungen und dem unbehandelten, später vergrauenden Lärchenholz ist ein charakterstarker Blickfang entstanden. Die Jury hebt den »kindgerechten und dabei dramatischen Farbeinsatz« hervor, der die Orientierung gebenden und identitätsstiftenden Stärken der Gestaltung betont.

3. Preis – Sport- und Mehrzweckhalle in Blieskastel
Architekt: Architekturbüro Dipl.-Ing. Mario Morschett

Die Würzbachhalle im saarländischen Blieskastel schmiegt sich in den Grüngürtel eines Bachtales. Die farbige Fassadengestaltung integriert den Neubau in diese Umgebung und nimmt den Komplex in seinen Dimensionen zurück. Mit einem kräftigen Rotbraun hervorgehoben werden dagegen die Funktionsbereiche. »Form und Farbe fügen sich zu einem stimmigen Gesamtkonzept«, urteilt die Jury.

Kategorie: Industrie- und Gewerbebauten

1. Preis – Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Lemgo
Architekt: h.s.d. architekten

Im neuen Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Lemgo (Nordrhein-Westfalen) wurden neben den visuellen vor allem auch wirtschaftliche und ökologisch nachhaltige Aspekte verwirklicht. Die Fassadengestaltung stellt einen Bezug zur Stilfassade der benachbarten Villa her, indem sie Details entweder neu interpretiert aufnimmt oder kontrastiert. Dem Fassadenweiß des Bestandsbaus setzt der neue Baukörper ein dunkles Anthrazit als Leitfarbe der Hülle gegenüber, das durch die weiß gehaltenen Fensterbänder horizontal gegliedert wird. Dass der Erweiterungsbau zudem passivhauszertifiziert ist, unterstreicht den hohen Anspruch der Bauherrin an Architektur, Gestaltung und Technik. »Mit der Fassadengestaltung wird insgesamt eine angemessene und identitätsprägende, technische wie auch dynamische Wirkung erzielt«, befand die Jury.

2. Preis – Bürogebäude in Koblenz
Architekt: Architekt BDA Jens J. Ternes

Keinem Passanten würde wohl das neue Bürogebäude des Koblenzer Landschaftsbauunternehmens »Nuppeney Grünanlagen« allein wegen seiner Bauweise ins Auge stechen. Das ändert sich durch die aufwendige Gestaltung des Quaders aus Stahlbetonfertigteilen, die die Jury anerkennend ein »Fassaden-Layout« nennt. Es setzt den Unternehmenszweck und die Corporate Identity der Firma in Szene, sofort denkt man an Schilf, Bambus oder Gräser, die sich hier – gleichwohl abstrahiert und stark vergrößert – auf ganzer Fläche entfalten. Ein rundum geglücktes Beispiel »sprechender Architektur«, befand die Jury.

Kategorie: Historische Gebäude und Stilfassaden

1. Preis – Bürgerhaus in Oschersleben
Einreichung: Malerbetreib Hasselmann GmbH

Mit einem historisch belegten Veroneser Grünton ist die Hausnummer 43 der Puschkinstraße in Oschersleben (Sachsen-Anhalt) ein neuer Blickfang unter den gründerzeitlichen Bürgerhäusern. Zur beherzten Wahl der Leitfarbe kommt großes Können in der Auswahl und Platzierung der weiteren Farbtöne hinzu. Weiß für Flächen wie Fensterspiegel, Umrahmungen und den bekrönenden Obelisken steht brillant leuchtend im Kontrast zu diesem hellen, erdigen Grün. Die kräftig grün lackierten Fensterrahmen zeigen, was ein Gespür für die richtige Detailnuance im Gesamtkontext zu leisten vermag. Nicht zuletzt sorgt der asphaltgraue Sockel dafür, dass das Gebäude gut geerdet dasteht. Besonders »Mut und Gelingen der Tonwertabstimmung« veranlassten die Jury zur Wahl auf Platz 1.

2. Preis – Gutswohnhaus in Recklinghausen
Architekt: Architektur Thomas Serwe

Das Gutswohnhaus des Gräftenhofs Ehling wurde 1836 im damals typischen Fachwerkstil errichtet und 1904 umgebaut. Dabei erhielten die Außenwände einen Zementputz. In ihn eingearbeitet wurden in der Schaufassade eine ganze Reihe von Ornamenten. Die farbliche Wiederherstellung des Gebäudes verlässt sich auf die subtile Wirkung gedämpfter Farben. Eine »liebevoll ausgeführte Sanierung«, so die Jury.

Kategorie: Energieeffiziente Fassadendämmung

1. Preis – Hochhaus in Hamburg
Architekt: nps tchoban voss | Architektur und Städtebau

Energetischer Quantensprung, optische Komplettverwandlung: Gleich doppelt revitalisiert wurde in Hamburg-Iserbrook ein 14-geschossiges Hochhaus mit angrenzendem Wirtschaftsgebäude aus den 70er-Jahren. Die Fassaden wurden mit einem aufwendigen Dämmkonzept in unterschiedlichen Plattenstärken auf zeitgemäßen energieeffizienten Stand gebracht. Dabei erhielten beide Gebäude ein gänzlich verändertes Erscheinungsbild.

»Erst wenn man sich den Fassadenzustand vor und nach der energetischen Sanierung vergegenwärtigt, wird dem Betrachter bewusst, welchen enormen gestalterischen Mehrwert diese Sanierung letztendlich erbracht hat«, formuliert die Jury. Aus einem eintönig gestapelten Wohnhochhaus mit Gewerbefläche ist ein lebhaftes, vielfältig differenziertes städtebauliches Merkzeichen geworden.

2. Preis – Wohnanlage in Hamburg
Architekt: Huke-Schubert Berge Architekten

Auch für die Anlage in der Fockenweide mit ihren 100 Wohneinheiten war das Ziel, durch eine leistungsfähige Außendämmung, die Beseitigung von Wärmebrücken  und den konsequenten Einbau von wärmegedämmten Fenstern energetisch zu optimieren. Aus der deprimierenden Traurigkeit der alten Klinker- und Sichtbeton-Fassaden von 1975 ist eine lebhaft kontrastreiche und fröhliche Außenhaut entstanden. »Hier wird bewiesen, dass die Farbe Schwarz in der Kombination und als Kontrast überaus spannend eingesetzt werden kann«, befand die Jury.

3. Preis – Wohnanlage in Schopfheim
Architekt: wilhelm und hovenbitzer und partner Freie Architekten

Eine nüchterne »Wohnschachteln« aus den 1970er-Jahren im baden-württembergischen Schopfheim bei Lörrach ist nach einer baulichen, energetischen und ästhetischen Runderneuerung wieder begehrt. Die zuvor ungegliederte Kubatur erhielt durch geschickten Einsatz von drei unterschiedlichen Dämmstoffstärken eine farbliche und plastische Gliederung. Putzoberflächen, Farben und die Sichtbetonbauteile in den Außenanlagen spielen hier melodisch zusammen – eine überzeugende Gesamtleistung, die das Preisgericht mit dem 3. Preis hervorhebt.

Förderpreis – unübersehbarer Firmenauftritt
Einreicher: Rudolf Süß oHG

Die Cuxhavener Firma Rudolf Süß Malerei und Gerüstbau entwickelte zusammen mit dem Künstler Oliver Kray (Berlin) eine Gestaltung aus sieben Varianten der Firmenfarbe, die zusammen mit dem Firmennamen in großformatiger Frakturschrift über die ganze Fassade entwickelt wurden. So tritt der Firmensitz unübersehbar aus der undankbaren zweiten Reihe der Bebauung hervor. Das Design überzeugte nicht nur die Kunden, sondern auch die Jury.

Sonderprämierung Österreich – Produktionsstätte in Wien
Architekt: pla.net architects zt gmbh

Außergewöhnliche Standorte (nahe der Autobahn) und besondere Nutzungen (eine Produktionsstätte für Wurstspezialitäten) dürfen auch überraschende Farben tragen. Die Firma Wiesbauer brachte dafür einen großen, plastisch wenig gegliederten Baukörper und seine Firmenfarbe mit: Türkis. Eine Mikroskop-Aufnahme dort hergestellter Wurst bildet die Grundlage für die organisch-grafisch ausgeführte Fassadengestaltung. Für diese Einreichung vergibt die Jury die neue Sonderprämierung Österreich.

Die elfköpfige Fachjury unter Leitung von Prof. Jürgen Braun äußerte sich anerkennend zur hohen Qualität der 404 Einreichungen. In allen fünf Objektkategorien verlieh das Preisgericht bis zu fünf Preise bzw. Anerkennungen. Der Förderpreis für künstlerische und designbetonte Arbeiten ging gleich an zwei Preisträger. Auch die in diesem Jahr zum ersten Mal ausgeschriebene Sonderprämierung für Österreich zeichnete einen Gewinner aus. Die Jury
  • Prof. Julia Bolles-Wilson, Büro Bolles + Wilson, Münster   
  • Prof. Jürgen Werner Braun (Vorsitz), Büro Kiefner + Braun, Stuttgart
  • Dipl.-Ing. Burkhard Fröhlich, Chefredakteur DBZ, Gütersloh  
  • Klaus Halmburger, Grafik-Designer und Fachjournalist, Murnau
  • Matthias Heilig, Chefredakteur Mappe, München   
  • Prof. Thomas Kesseler, Fachhochschule Ostwestfalen-Lippe   
  • Dipl.-Kfm. Christian Mohr, Malerwerkstätten Mohr, Bochum   
  • Florian Peters, Malerei Peters GmbH & Co.KG, Reinbek
  • Werner Schledt, Dipl. Designer, Schledt + Schledt GmbH,
  • Frankfurt a. M   
  • Ulrich Schweizer, Chefredakteur Malerblatt, Leinfelden-Echterdingen
  • Prof. Frank R. Werner, Architekturhistoriker und Autor, Schöppingen

Drei Fotos zu jedem Gewinner in der Galerie
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