24.06.2008

5. Bauhaus Award verliehen


Bauhaus, Award, Dessau

Die Stiftung Bauhaus Dessau hat am 21. Juni den 5. Bauhaus Award verliehen. Unter dem Thema Wohnungsnöte ging es in diesem Jahr um die „Wohnung für das Existenzminimum von heute“. Die Jury hatte zuvor aus über 100 eingereichten Arbeiten aus 25 Ländern zehn architektonische, künstlerische und dokumentarische Beiträge nominiert.

Neben dem ersten, zweiten und dritten Preis vergab sie auch zwei Anerkennungen, um die Themenbereiche der eingereichten Arbeiten entsprechend zu würdigen.

Erster Preis (6000 Euro):
STEPS N’ SLABS
– Wohnungsbau in Temuco/Chile
(2004–2008
Ralf Pasel, Frederik Künzel; pasel.künzel architects, Rotterdam 


Das Projekt demonstriert das flexible Zusammenspiel von professionell erstellter Haus-Infrastruktur (Bauträger, Architekt: Anfang mit 30 Quadratmetern für 7.500 US$) und weiterem Selbstausbau (Erweiterungsmöglichkeiten durch die Bewohner). Damit kehrt dieses Projekt, das in Chile in der städtebaulichen Form mehrerer Hauszeilen und Gemeinschaftsflächen realisiert wird, die übliche Praxis der Favela-Bebauung um: Am Beginn wird die Infrastruktur bereitgestellt, danach beginnt der Selbstbau.
„STEPS N’ SLABS versucht, eine Antwort auf ein weltweites Problem zu geben, von dem etwa eine Milliarde Menschen betroffen ist. Als besonders innovativ wurde der partizipative Ansatz des Projektes beurteilt. Die Produktion der Einheiten ist subventioniert, und die möglichen Nutzer werden mit einbezogen. Es ist ein räumlich wie zeitlich flexibles Modell.“ (Jury)

Zweiter Preis (4000 Euro):
SAYAMA FLAT
– Sanierungsprojekt in Tokio
(2008)

Jo Nagasaka, Schemata Architecture Office Tokyo 


Bei dem in Japan realisierten Projekt handelt es sich um den Umbau eines Wohnhauses aus den siebziger Jahren, das zurückgebaut wird. Das Projekt an der Peripherie von Tokio verzichtet auf alles, was überflüssig ist: Beläge an Fußböden, Wänden und Decken sowie Verkleidungen an Installationen, Fenstern und Türen. Der rückgebaute Raum kann später selbst ausgebaut werden.
„Die Jury sah in SAYAMA FLAT eine Neudefinition der Rolle des Architekten, denn es werden allein durch Dekonstruktionen neue Wohnräume geschaffen. Das Projekt wertet Wohnungen, die in den 1970er Jahren als Wohnungen für das Existenzminimum gebaut wurden, auf und reagiert damit auf eine neue Wohnungsnot, insbesondere in Metropolen. SAYAMA FLAT reagiert zugleich auf die Erhöhung der Mietpreise und bietet bezahlbaren und qualitativ angepassten Wohnraum.“ (Jury)

Dritter Preis (2000 Euro):

PORTRAITS FROM ABOVE
– Hongkongs informelle Dachhäuser
(2007/08)
Rufina Wu, Kanada (Architektin), Stefan Canham, Hamburg (Photograf)


Das Projekt dokumentiert in Fotos, Architekturzeichnungen und Interviews das illegale Siedeln auf den Dächern von älteren modernen Mehrfamilienhäusern in Hongkong. Selbst gebaute Minimalwohnungen und Häuser erlauben den ärmeren Schichten, auf den Flachdächern der Innenstadt und mit Zugang zu den entsprechenden urbanen Infrastrukturen zu leben. Architekturzeichnungen analysieren die unterschiedlichen Typologien und Raumsituationen der Selbstbauten.
„PORTRAITS FROM ABOVE dokumentiert das selbstorganisierte Wohnen und Überleben auf Dächern der Hochhäuser von Hongkong. Über Fotos, Grundrisse und Zeichnungen gelingt der Dokumentation eine präzise Sichtbarmachung dieser Selbsthilfe und Organisation in Existenznöten.“ (Jury)

Anerkennung (500 Euro):

HUSLY – Recyclinghaus in Trondheim 
(2007)

Vigdis Haugtrø, Johannes Franciscus de Gier, Trondheim (beide Künstler)

Millionen von Holzpaletten werden überall auf der Welt nicht mehr gebraucht – sie können zum Hausbau wieder verwendet werden. Das in einem ökologischen Kunstkontext realisierte Haus ist eine Art des traditionellen tonnengewölbten Dachhauses: Die einzelnen Bogenrippen (Dach und Wand) werden aus den Paletten einfach zusammengesetzt. Das Haus demonstriert einfaches Bauen aus ökologischen und handwerklichen Traditionen und kann selbst ausgebaut werden. „HUSLY greift die europäische Tradition der Selbsthilfe auf und entwickelt sie weiter. Es wird eine Alternative zum bestehenden Wohnungsmarkt aufgezeigt. Über die Verwendung von verfügbaren Produkten der Konsumgesellschaft ist HUSLY ein nachhaltiges Zerocost-Haus.“ (Jury)

Anerkennung (500 Euro):

NOMADEN DER STADT – Stadtführer für Obdachlose, Berlin (2006)

Katja & Steffi Hoffmann, Berlin (Landschaftsarchitektin/Medienunternehmerin)

Der Prototyp eines Berliner Handbuches für Obdachlose benutzt das bekannte Format eines Reiseführers, um Informationen zur Bewältigung des großstädtischen Alltags für Wohnungslose zu geben. Die Arbeit visualisiert öffentlich zugängliche städtische Einrichtungen sowie Gelegenheiten für den Tag, die Nacht und kulturelle Orte, die für Wohnungslose interessant sind. Die Einrichtungen breiten ein räumliches Netz über den Stadtraum, der von den Wohnungslosen bewohnt wird. „Die Jury sah es als anerkennenswert an, dass der Stadtführer ein – im Zuge des Auseinan-derklaffens von Arm und Reich – wachsendes Problem aufgreift und versucht, Wohnen und Lebensbedingungen von Obdachlosen durch gezielte Informationen über Anlaufstellen für alle Lebenslagen systematisch zu verbessern.“ (Jury)


Mit dem Internationalen Bauhaus Award 2008 hat die Stiftung Bauhaus Dessau ein zentrales Thema des historischen Bauhauses aufgegriffen und es in einen zeitgenössischen Diskurs gestellt: „Wohnung für das Existenzminimum“ lautete schon der Titel der zweiten Tagung der CIAM (Congrès International d’Architecture Moderne) 1929 in Frankfurt am Main. Damals wurden neue Modelle und Prototypen für Kleinwohnungen vorgestellt.
Knapp acht Jahrzehnte später führen vor allem städtische Lebensweisen der Armut zu existenziellen Wohnungsnöten. Rund 50 % der Weltbevölkerung leben in Städten, davon wiederum etwa die Hälfte in Elendsvierteln, Slums oder in der Obdachlosigkeit. In Westeuropa sind gegenwärtig mindestens 10 % der Bevölkerung von gravierenden Wohnungsnöten betroffen.
Eingereicht werden konnten Arbeiten aus den letzten fünf Jahren – Gestaltungsentwürfe, Pläne, Forschungsarbeiten, Filme, Konzepte u. a. – von Einzelpersonen oder einer Gruppe. Teilnehmen konnten Gestalter, Künstler und Wissenschaftler, die zum Zeitpunkt der Fertigstellung unter 40 Jahre alt waren.

Die Mitglieder der zweiten Jury waren Prof. Dr. Omar Akbar, Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau; Verena von Beckerath, Architekturbüro Heide/von Beckerath/Alberts Architekten Berlin; Prof. Dr. Tilman Harlander, Architektur- und Wohnsoziologe, Universität Stuttgart; Dr. Robert Kaltenbrunner, Architekt, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Berlin; Sabine Kraft, Architektin, Herausgeberin Archplus Aachen; Prof. Philipp Oswalt, Architekt, Universität Kassel und Prof. Dr. Eckhart Ribbeck, Städtebauer, Universität Stuttgart.

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