Anspruch auf Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde

Das OVG Saarland hat eine Ausnahme gegen die Regel zugelassen, wonach ein Nachbar keine Hilfe von der Bauaufsichtsbehörde erwarten kann, wenn er im Besitz eines zivilrechtlichen Titels ist, mit dem er baurechtswidrige Zustände beseitigen kann. Bei besonderen Schwierigkeiten im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens muss die Behörde einschreiten.

Ist ein Nachbar im Besitz eines zivilrechtlichen Titels, mittels dessen er die Beseitigung baurechtswidriger Zustände erreichen kann, kann er kein zusätzliches bauaufsichtliches Einschreiten verlangen. Das gilt aber nicht - so das OVG Saarland am 17.06.2010 - wenn sich im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens besondere Schwierigkeiten ergeben.
Die Nutzung eines Dachanbaus als Terrasse hatte in der Vergangenheit einen Streit zwischen Nachbar und Voreigentümer geführt, der letztlich mit einem Vergleich beendet worden war. Nachdem der Rechtsnachfolger des Voreigentümers die Terrasse anders nutzte als im Vergleich beschrieben, wandte sich der Nachbar an die Bauaufsicht. Diese sei zum Handeln verpflichtet, so das Gericht, da der Dachanbau als Grenzanbau rechtswidrig sei und die Durchsetzung rechtlich schwierig werde.
Selbsthilfe geht vor
Grundsätzlich könne ein Nachbar dann kein (zusätzliches) bauaufsichtsbehördliches Einschreiten erfolgreich einfordern, wenn er im Besitz eines Titels ist, der die Rechtsverletzung beseitigen kann: dann könne er sich insoweit selbst einfacher "zu seinem Recht verhelfen". Hier sei aber die Besonderheit, dass der titulierte Vergleich eine Vielzahl rechtlicher Fragen aufwerfe, die weiter klärende Rechtsstreite erforderten. Daher sei der zivilrechtliche Weg nicht einfacher und kostengünstiger.
Bedingte Zustimmung
Das ursprüngliche Einverständnis mit dem grenzständigen Dachanbau begründe keine Duldungspflicht: die Kläger waren bereit, den formell und materiell illegalen Grenzbau zu tolerieren, sofern die Benutzung des Flachdaches als Terrasse unterbleibt. Da diese Bedingung nicht eingehalten sei, seien die Kläger zur Hinnahme auch nicht mehr verpflichtet. Daher stehe der Klage auch nicht der Einwand des widersprüchlichen Verhaltens (§242 BGB) entgegen.

Quelle:
OVG Saarland, Urteil vom 17.06.2010 - 2 A 425/08


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