06.08.2006

Architektenauftrag: Wann verstoßen Sie gegen das Kopplungsverbot?


Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.04.2006. VII ZR 291/04 Das Kopplungsverbot greift grundsätzlich nicht, wenn der Grundstückskäufer frei den Architekten wählen kann. In diesem Fall erwirbt ein Käufer das Baugrundstück vom Architekten. Bei diesem Geschäft verpflichtet sich ein Dritter an den Architekten Honorar zu zahlen.

DAS PROBLEM
Ein Architekt fordert von einer Projektentwicklungsgesellschaft 30.000 €. Er leitet seinen Anspruch aus einer mit "Protokoll" bezeichneten, von der Geschäftsführerin der Projektentwicklungsgesellschaft unterschriebenen Urkunde mit folgendem Wortlaut her:

„Nach rechtskräftigem Verkauf der Grundstücke von der B-GmbH (= Verkäuferin) an B. (= Käufer) verpflichtet sich die Projektentwicklungsgesellschaft H., Herrn A. (Architekt) 255.645,94 € in drei Raten als Projektentwicklungshonorar zu zahlen.“

Der Architekt A. ist zugleich 90 %iger Gesellschafter der B-GmbH, also der Verkäuferin. Die Projektentwicklungsgesellschaft erhoffte sich, von B. (also dem Käufer), sollte der Kaufvertrag zustande kommen, einen Auftrag zur Bauplanung für die Grundstücke mit einem geschätzten Honorarvolumen von etwa 4 Mio. Euro zu erhalten. Ihre Geschäftsführerin unterschrieb daher nach Verhandlungen mit dem Architekten das „Protokoll“. Liegt ein Verstoß gegen das Kopplungsverbot vor?

DIE ENTSCHEIDUNG
Nach Art. 10 § 3 MRVG (Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen) ist eine Vereinbarung unwirksam, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen.

Die Vorschrift ist bewusst weit gefasst, um jegliche Kopplung zwischen Grundstückserwerb und Architektenauftrag zu unterbinden. Sie soll der Gefahr entgegenwirken, die dadurch entsteht, dass ein Architekt bei knapp gewordenem Baugrund ein Grundstück an der Hand und deshalb Wettbewerbsvorteile hat.

Aus diesem Grund hat der Senat einen Verstoß gegen das Kopplungsverbot nicht nur dann angenommen, wenn der Erwerber verpflichtet wird, eine bereits vorhandene Planung des Architekten zu übernehmen. Ein Verstoß liegt vielmehr auch dann vor, wenn der Erwerber dem Veräußerer oder Architekten eine Zahlung dafür leistet, dass die vorhandene Planung nicht übernommen wird.

Erwerber darf nicht in Architektenwahl behindert werden

Nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes gehört es auch zu seinen Zielen, den Erwerber eines Grundstücks nicht in der freien Wahl des Architekten zu behindern. Die Projektentwicklungsgesellschaft erhoffte sich von B. nach einem Erwerb der Grundstücke einen umfangreichen Planungsauftrag. Sie darf aber nicht in den Schutzbereich der Vorschrift des Art. 10 § 3 MRVG mit der Begründung einbezogen werden, sie stehe aufgrund ihres Eigeninteresses einem Erwerber gleich, auch wenn sie die in Rede stehenden Grundstücke nicht erworben habe.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift wird nur der Erwerber davor geschützt, sich an einen bestimmten Architekten binden oder einen wegen erbrachter Architektenleistungen überhöhten Kaufpreis für ein Grundstück zahlen zu müssen. B. als Erwerber der Grundstücke vereinbarte einen von ihm als angemessen angesehenen Kaufpreis, ohne sich in irgendeiner Weise gegenüber einem Architekten oder Ingenieur zu verpflichten.

Für ihn bestand die vom Gesetz missbilligte Drucksituation nicht, die in Rede stehenden Grundstücke nicht ohne eine zusätzliche Zahlung oder einen Auftrag an einen Architekten oder Ingenieur erwerben zu können. Das nur mittelbare Interesse der Projektentwicklungsgesellschaft an dem Erwerb durch den Käufer B. wird nicht geschützt. Das Kopplungsverbot kommt also nicht zum Tragen.

DER PRAXISHINWEIS
Eine analoge Anwendung von Art. 10 § 3 MRVG scheidet aus. Eine planwidrige Lücke des Gesetzes liegt nicht vor. Auch der von der Rechtsprechung des Senats weit gefasste Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet nicht den Schutz der Interessen der Beklagten an dem Zustandekommen des Grundstückskaufvertrags.

Der Beklagten ging es allein um einen erhofften, honorarträchtigen Auftrag seitens des Erwerbers für die Bauplanung der Grundstücke. Ein derartiges Interesse eines Dritten begründet keinen Wettbewerbsvorteil des Architekten in der Weise, dass eine entsprechende Anwendung der Regelung des Art. 10 § 3 MRVG geboten wäre.

Quelle: WEKA >> WEKA Architektenrecht aktuell
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