12.12.2012 Florian Maier

Berliner Team gewinnt Preis für barrierefreie urbane Landschaften

Beim Schindler Award 2012 erreichten Studenten der TU Berlin die ersten beiden Plätze. Es galt, ein umfassendes Konzept für das Berner »Schützenmatt« zu erstellen.
Die Aufgabe
Die malerische Schweizer Hauptstadt Bern, 131.000 Einwohner und seit 1983 UNESCO-Welterbe, stand im Zentrum des Wettbewerbs. Die Teilnehmer waren aufgefordert, Vorschläge für eine Neubelebung des Berner »Schützenmatt«-Gebietes und für die Verbesserung seiner Anbindung an die anliegenden Quartiere und die grüne Aare-Landschaft einzureichen. Zudem mussten sie sich auch mit dem Thema »Verdichtetes Bauen« auseinandersetzen.
Die einzigartige Mischung städtebaulicher Elemente, die das Areal kennzeichnet, macht es zu einem idealen Gelände für die Ziele des Wettbewerbs: einerseits einen verbesserten Zugang für alle zu schaffen; anderseits die Umgebung so zu gestalten, dass die Bedürfnisse aller Bewohner der »Schützenmatte« berücksichtigt werden. Die Studenten mussten den öffentlichen Raum neu denken und urbane Verbesserungsideen in ihre Planung einfließen lassen. Es galt dabei verschiedene im Gebiet lebende Kultur- und Randgruppen zu integrieren.
Platz 1: Stadtfenster und Dachgarten
Christopher Ruhri, Thomas Buser und Stefan Gant, TU Berlin

Der neue Masterplan soll das Gebiet aufwerten, revitalisieren und strukturieren. Einrichtungen entlang der Kulturachse setzen die Reitschule in den Fokus. Als Erweiterung des bestehenden Bollwerkgebäudes wird die Drogenanlaufstelle in den städtischen Kontext eingebettet und rückt näher zum Hauptbahnhof. Ein Hochhaus markiert die Kreuzung der Hauptverkehrslinien. Die angrenzenden Quartiere sind über Wege mit dem Areal verbunden. Eine öffentliche, barrierefreie Verbindungszone leitet die Besucher über Terrassen durch das Universitätsareal und das Kulturzentrum.

Der Martinshang wird zur gestuften artifiziellen Grünanlage mit Bibliothek und Parking im Inneren. Das Ende der Fußgängerachse bildet der überdeckte Außenraum des Kulturzentrums: ein Stadtfenster mit Blick auf die Aare und das gegenüberliegende Ufer.

Schnitt

Der Drogenanlaufstelle gilt das Hauptinteresse der Autoren; sie ist detailliert ausgearbeitet. Mit weiteren Einrichtungen für Suchtkrankheiten und einem Straßencafé wird es zum »Gesundheitszentrum«, in dem man sich informieren und beraten lassen kann.

Drogenanlaufstelle

Platz 2: Brücke mit Inhalt
Mauritius Pauli, Tobias Schmitt und Jan Blifernez, TU Berlin

Der neue Masterplan soll ein attraktives und geschäftiges Areal schaffen, das für jedermann zugänglich ist. Große offene Flächen für Sportwettbewerbe, Konzerte oder andere kulturelle Veranstaltungen ergänzen das bestehende Programm der angrenzenden Reitschule und Kulturmeile. Das Gebiet soll über den ganzen Tag intensiv genutzt werden und Raum für Gastronomie und Erholung bieten. Ein Pfad aus Rampen verbindet die verschiedenen, bislang schwer zugänglichen Ebenen auf dem Areal. Die Brücke wird zudem so modifiziert, dass sie eine hindernisfreie Verbindung zwischen Schützenmatte und Aaretal gewährleistet.

Der Brückenkörper wird teilweise geschlossen und an anderen Stellen für Terrassen geöffnet. Hier finden sich vor allem Bars, Restaurants und Clubs, aber auch große Räume, die als Hörsaal oder für Konzerte genutzt werden können. Die abgesenkte Schützenmatte ist vor dem umbrandenden Verkehr geschützt und macht für den Fußgänger die Hauptfassade der Reitschule wieder erfassbar.

Modell

Das Eilgutareal wird zum terrassierten Park und Platz für temporäre Events. Am Ende der Hodlerstrasse findet die Drogenanlaufstelle ein neues Zuhause: ein mehrgeschossiges Betongebäude, verkleidet mit Glas und transluzentem Polycarbonat.

Schnitt

Rendering

Platz 3 Verrückter Brückenschlag
Olivier Tripod, Felix Hansson und Bas Spanderman, Lund School of Architecture (Schweden)

Vier unterschiedliche Architekturinterventionen machen aus dem momentan leeren Platz eine städtische Landschaft, die das Stadtzentrum erweitert. Die Anlage der heutigen Reitschule wirft architektonische, soziale, politische, funktionale und rechtliche Fragen auf. Um diesen Ort neu zu definieren, wird entlang der Bollwerkstrasse bis zur Lorrainebrücke eine langgezogene Gebäudekette entwickelt, die wie ein Vorhang funktionieren soll. Auf der einen Seite fasst sie den Straßenzug neu und klar, auf der anderen Seite schützt sie den öffentlichen Platz der Schützenmatte. Der zieht sich unter der Eisenbahnbrücke hindurch und verschmilzt mit dem Vorplatz der Reitschule. Neue Terrassenanlagen am Hang nehmen Parkplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Wohneinheiten, Bürogebäude sowie öffentliche Plätze und Gärten auf.

Das Aaretal, das an dieser Stelle zwischen zwei grossen Brücken liegt, nur wenig Sonnenlicht erhält und sehr isoliert ist, soll mit neuen technischen Einbauten aufgewertet werden. Dafür werden verschiedene mechanische, mit Wasserkraft angetriebene Gerätschaften entwickelt. Als ungewöhnliches und neues Transportmittel befördern sie Personen über den Fluss und sollen die neue und identitätsstiftende Attraktion im Aaretal werden.

Lageplan

Platz 4: Städtische Landschaft
Pierre Dugardyn, Vincent Huyghe und Kiani Hallumiez
Sint-Lucas Academie, Gent, Belgien

Platz 5: Der Hang wird zur Treppe
Anne Henkel, Liang Qiao und Juliana Kleba Rizental
TU Berlin

In der Hochschul-Kategorie gewann die belgische Sint-Lucas-Universität den ersten Preis in Form eines Forschungsstipendiums von 25.000 Euro. Der Preis honoriert das Engagement der Architekturfakultät für den Schindler Award und für die Aufnahme des Themas »Zugänglichkeit« in den Unterricht.

Die Verleihung fand am 7. Dezember 2012 im Paul-Klee-Museum in Bern statt. Die Jury hatte zehn Teams nominiert, ausgewählt aus 113 Projekten. Die Einreichungen stammten von mehr als 1.100 Studenten oder Teams von Architekturhochschulen aus ganz Europa. Ranking aller Teilnehmer (PDF-Download)

(v.l.n.r.) Mireille Jaton (Moderatorin), Prof. Kees Christiaanse (Jury-Präsident Schindler Award), Christopher Ruhri (Preisträger, TU Berlin), Thomas Buser (Preisträger, TU Berlin), Stefan Gant (Preisträger, TU Berlin), Jürgen Tinggren (CEO Schindler), Christos Stremmenos (wiss. Ma. TU Berlin), Bettina Bauerfeind (wiss. Ma. TU Berlin)

(v.l.n.r.) Prof. Kees Christiaanse (Jury-Präsident Schindler Award), Kiani Hallumiez (Sint-Lucas-Universität), Pierre Dugardyn (Sint-Lucas-Universität), Prof. Tomas Ooms (Sint-Lucas-Universität), Jürgen Tinggren (CEO Schindler), Mireille Jaton (Moderatorin)

Preise
Die Jury nominierte zehn Projekte, aus denen die fünf Gewinner ausgewählt wurden. Die folgenden Preisgelder wurden verliehen:
  • Gewinner: 5.000 Euro
  • Platz 2: 3.000 Euro
  • Platz 3: 2. 000 Euro
  • Platz 4 und 5: je 1.000 Euro

Die Schulen, die ihre eigene Vorauswahl trafen und die übrigen Wettbewerbsanforderungen erfüllten, nahmen automatisch am Schulwettbewerb teil. Die Gewinner erhielten die folgenden Preise:
  • Platz 1: 25.000 Euro
  • Platz 2: 15.000 Euro
  • Platz 3. 10.000 Euro

Die Jury
  • Prof. Kees Christiaanse    Architekt, ETH-Institut für Städtebau, Zürich, Schweiz (Jury-Präsident)
  • Martin Beutler    Soziologe, Bern, Schweiz
  • Andreas Binkert    Wettbewerbsleitung, Architekt, Entwickler, Nüesch Development
  • Mitzi Bollani, Europäisches Behindertenforum
  • Prof. Yongjie Cai, Stellvertretender Leiter der Architektur-Fakultät, College of Architecture and Urban Planning CAUP, Tongji-Universität, Shanghai, China
  • Prof. Marc Dujardin, Architekt, Sint-Lucas-Universität, Belgien
  • Prof. Dieter Hassenpflug, Lehrstuhl für Soziologie und Sozialgeschichte der Stadt, Bauhaus-Universität Weimar & Universität Duisburg-Essen, Deutschland
  • Dr. Christoph Lindenmeyer, CEO Schindler Schweiz
  • Joe Manser, Bezugsperson »beeinträchtigte Mobilität«, Leiter Schweizerische Fachstelle für behindertengerechtes Bauen
  • Tobias Reinhard, Wettbewerbsleitung, Architekt, Entwickler, Nüesch Development
  • Prof. Tom Sieverts, Architekt & Stadtplaner, Deutschland
  • Mark Werren, Leiter Departement Stadtplanung, Stadt Bern
  • Tabitha Staehelin, Architekt, Schweiz
  • Stefan Zappa, Bezugsperson »beeinträchtigte Sicht«, Architekt, Schweizerischer Zentralverein für das Blindenwesen

Der Schindler Award wurde als einer der führenden europäischen Architekturwettbewerbe für Barrierefreiheit zum fünften Mal vom Schindler Konzern veranstaltet.

Konzept

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