Blicke in das Mittelalter: Pilgerhaus in Estland

Bewältigen die Pilger die steilen Hänge von Vöru, in welche die Gewässer Piusa und Meeksi einschneiden, so erreichen sie eine kleine Gebäudegruppe, bestehend aus einem alten Wirtshaus, einer neuen Herberge und einer mittelalterlichen Burgruine. Seit jeher war die über 600 Jahre alte Bischofsburg ein bedeutendes Ziel für Pilgerfahrten. Heute wird die Ruine als Ausstellungsort über die mittelalterliche Kultur wieder von Leben erfüllt.

In respektvollem Abstand zu der Burgruine steht die neue Pilgerherberge von Kaos Architects. Zurückhaltend in den Berg gesetzt lässt sie erkennen, was neu ist und was auf die Geschichte verweist. Die rotbraune, verwitterte Stahlstruktur der Fassade greift Töne aus der Farbpalette der Ruine auf, die einst aus roten Ziegeln und Granit erbaut wurde. Wie in frühen Burgen ist die Fassade des Pilgrims' House von kleinen Öffnungen durchbrochen, die gezielte Ausblicke auf den historischen Ort schaffen. Auch das Gebäudeinnere mutet mittelalterlich an: Hohe Räume und Türen, mauerartige Treppen, Nischen sowie steinerne Böden und Wände sollen im Neubau vergessene Bauweisen aufgreifen. Dabei wurde der Entwurf maßgeblich von verschiedenen Bestandteilen der Burgruine inspiriert.

Für Kaos Architects wurde das Projekt selbst zu einer Pilgerreise. Die Architekten entwarfen das Gebäude in einer intensiven Auseinandersetzung mit der Umgebung. Feinfühlig nehmen sie die historische Atmosphäre des Ortes auf, antworten in einem ausgewogenen Verhältnis aber auch auf moderne Konventionen. Das Pilgrims' House soll szenarische Ausblicke auf eine vergangene Zeit und Einblicke in einen mittelalterlichen Lebensstil geben. Es entsteht ein Gebäude, das die Historie des Ortes aufsaugt und sie an die Pilger weitergibt.