01.12.2014 Bettina Sigmund

Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen – Hightech oder Lowtech?

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. FNR initiiert im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) einen Forschungsverbund, der die Eigenschaften von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen im Bereich Wärme- und Schallschutz sowie Brandschutz und Glimmverhalten verbessern soll.

Gesamtmarkt Dämmstoffe in Deutschland 2011 (Grafik: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe

Das Bauen und die Bauprozesse verändern sich stetig. In den 1960er-Jahren lautete das Kredo schnell und kostengünstig mit industriell vorgefertigten Systemen und Produkten zu bauen. In den 1980er-Jahren trat der Wunsch nach Wirtschaftlichkeit und Funktionalität in den Vordergrund. Etwa zehn Jahre später nahm die Green-Building-Bewegung ihren Anfang. Aus den bisherigen Energieschleudern wurden mittels politischer Vorgaben und technischer Neuerungen zunächst Niedrig-Energiegebäude, dann Null-Energiegebäude und letztendlich Plus-Energiegebäude. Nun befindet sich das Bauen an dem Beginn einer weiteren Entwicklungsstufe. Baumaterialien, -produkte und -prozesse sollen nicht mehr nur energieeffizient, sondern zusätzlich ressourceneffizient sein und Teil eines geschlossenen Stoffkreislaufs werden. Die Bedeutung von Baustoffen aus nachwachsenden und recyclebaren Rohstoffen steigt zunehmend. Aufgrund der vorhersehbaren Endlichkeit vieler Baustoffe, wie Stahl, Kupfer oder auch Kunststoffe, und einer stetig steigenden Nachfrage ist das Rohstoffthema gerade in der Baubranche, die sowohl größter Materialverbraucher als auch größter Abfallproduzent ist, für viele Unternehmen bereits hochbrisant.

Holzweichfaserdämmplatten; Foto: FNR/M. Nast

Einblasdämmstoff Zelluloseflocken; Foto: FNR/M. Nast

Flachsdämmstoffe, vorne in der Mitte Flachsschäben, links unbearbeitete Flachsstängel; Foto: FNR

Dämmstoff-Ensemble mit Schafwolle, Flachs, Hanf und Roggengranulat; Foto: FNR

Bestehen Bauprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen, bedeutet dies jedoch nicht, dass es sich um Lowtech-Ansätze oder Öko-Architektur handelt – auch diese Produkte müssen sich den gestiegenen Auflagen an das Bauen der Zukunft stellen. Für Dämmstoffe bedeutet dies, sie müssen aktuellen Anforderungen an Wärmedämmeigenschaften, Schall- und Brandschutz sowie Nachhaltigkeit entsprechen. Der Forschungsverbund »Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen« soll deshalb Fragen hinsichtlich der theoretisch erreichbaren Wärmeleitfähigkeit beantworten und Vorschläge für die technische Umsetzung entwickeln. Nachwachsende Dämmstoffe werden in der Regel in die Brandschutzklasse B2, normalentflammbar, eingeordnet und stoßen deshalb in der mehrgeschossigen Bauweise an bauordnungsrechtliche Grenzen. Besonders im Holzbau und der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden sind deshalb Konzepte gefragt, die den Einsatz nachwachsender Dämmstoffe in den Gebäudeklassen 4 und 5, hauptsächlich in hohen Gebäuden mit großen Nutzungseinheiten sowie in öffentlichen Gebäuden ermöglichen.

Aufbringen eines Kalkaußenputzes auf eine strohgedämmte Wand; Foto: Dirk Scharmer

Mit Strohballen gedämmte Wand; Foto: Dirk Scharmer

Flachsdämmmatten und unten rechts an der Wand schon befestigt Holzweichfaserdämmplatten; Foto: FNR

Links Holzweichfaserdämmplatten und rechts Flachsdämmmatte; Foto: FNR

Holzweichfaserdämmplatten zur Fußbodendämmung mit Kabelschächten; Foto: FNR/M. Nast

Dabei gilt es, dem Brandverhalten biobasierter Dämmstoffen Rechnung zu tragen, das sich von dem anderer Dämmmaterialien stark unterscheidet. Insbesondere das Phänomen des Glimmens, das auch nach dem Löschen des Brandes andauern und zur Wiederentzündung führen kann, ist problematisch. Die Ermittlung hierfür wichtiger Primärdaten und Parameter, beispielsweise zur Berechnung der Feuerwiderstandsdauer, sind ebenfalls Gegenstand des Forschungsverbundes. Wissenslücken sind bisher auch im Bereich des Schallschutzes vorhanden. Risikoanalysen, Messmethodik und Nachhaltigkeitsbewertungen sollten in die Betrachtungen einbezogen werden. Insgesamt erwartet das BMEL im Ergebnis der Forschungsarbeiten eine deutliche, quantifizierbare Verbesserung der technischen Eigenschaften von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen.
Projektvorschläge für den Forschungsverbund können noch bis Ende April 2015 bei der FNR eingereicht werden. Umfangreiche Informationen zu Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen finden Sie in der Marktübersicht der FNR
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