09.11.2012 schoof@detail.de

Dauerhaft wandelbar: Bürogebäude in Stuttgart

Seit Jahren arbeitet das Stuttgarter Büro Blocher Blocher Partners an der Schnittstelle zwischen Raum und Kommunikation – doch sein bisheriger Firmensitz war alles andere als kommunikationsfördernd. Damit ist jetzt Schluss: Der Neubau der Architekten überzeugt durch Offenheit und räumliche Flexibilität – und erhielt vor wenigen Wochen das DGNB-Zertifikat in Gold.

Ansicht von Nordosten / Klaus Mellenthin für Blocher Blocher Partners

Blocher Blocher Partners entwerfen mit 150 Mitarbeitern Gebäude und Stadtquartiere, entwickeln Laden- und Grafikkonzepte und sind sogar im Bereich des Corporate Publishing aktiv. Diese Unternehmensbereiche, zuvor auf drei Gründerzeitbauten verteilt, arbeiten nun erstmals in einem gemeinsamen Gebäude am Rand der Stuttgarter Innenstadt zusammen. Der viereinhalbgeschossige Sichtbetonbau mit unregelmäßig gefaltetem Walmdach bietet auf 2400 m² Nutzfläche 140 Mitarbeitern Platz. 

Eingangsbereich von Norden gesehen / Klaus Mellenthin für Blocher Blocher Partners

Auf sein heterogenes Umfeld reagiert das Haus konziliant in der Formgebung, doch robust in der Materialwahl: Kubatur und Dachform waren wesentlich durch den Vorgängerbau aus der Nachkriegszeit auf dem Grundstück vorherbestimmt. Um dennoch die notwendigen Flächen im Gebäude unterbringen zu können, legten die Architekten ein halb unterirdisches Gartengeschoss an, das von zwei tief liegenden Innenhöfen belichtet wird. Hier befinden sich unter anderem Modellbauräume, Büroflächen und eine Cafeteria, die sich großflächig zum davorliegenden, zweigeschossigen Atrium öffnen lässt.

Das Atrium verbindet Erd- und Gartengeschoss. Rechts hinter der Glaswand die Cafeteria. / Klaus Mellenthin für Blocher Blocher Partners

Harte Schale, doppelter Kern Bei der ersten Annäherung an das Gebäude ist von dieser inneren Offenheit zunächst nur wenig zu sehen. Die Lochfassaden bestehen aus zweischaligem Sichtbeton mit Kerndämmung. Die gleiche Konstruktion findet sich im Dach wieder – mit der Ausnahme, dass für die äußere Schale dort Betonfertigteile mit Längen bis zu acht Metern verwendet wurden. Zwei tief ins Dach eingeschnittene Balkone zeugen noch von dem ursprünglichen – und erst kurz vor Baubeginn aufgegebenen – Vorhaben der Architekten, im Dachgeschoss eine Wohnung unterzubringen. Auch sonst spielte die Möglichkeit der Umnutzung eine wichtige Rolle bei der Planung. Erschließung und Gebäudetechnik sind so ausgelegt, dass sich das Gebäude in bis zu sechs separat vermietbare Nutzeinheiten unterteilen ließe; auch eine Privatklinik ließe sich theoretisch in dem Neubau unterzubringen. Die raumhohen Glastrennwände in den Büroebenen lassen sich innerhalb des Fassadenrasters beliebig versetzen. 

Grundrisse 1. Obergeschoss und Erdgeschoss / Blocher Blocher Partners

Zwei Kerne mit Santitärbereichen und Nebenräumen gliedern die Grundrisse; das Treppenhaus liegt hingegen dezentral an der Straße. Für die interne Erschließung sind ohnehin die leichten Stahltreppen wichtiger, die das Gebäude zentral vom Gartengeschoss bis unters Dach durchziehen. Trotz der vielen schallharten Oberflächen (Sichtbeton an Wänden und Decken, Zementestrich ohne Belag auf dem Installations-Doppelboden) ergaben akustische Messungen gute Werte bei den Nachhallzeiten. Maßgeblich hierfür sind vor allem Akustikpaneele in den Trennwänden und an einem der beiden Gebäudekerne. Im Dachgeschoss, das im Wesentlichen aus einem ungeteilten Großraum besteht, wurde stellenweise ein Akustikputz aufgebracht.  

Grundriss Gartengeschoss / Blocher Blocher Partners

Nachhaltig geplant von Anfang an Als Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen strebten die Architekten von Anfang an eine Goldzertifizierung nach dem DGNB-System an. Wesentlich für eine gute Bewertung war nicht zuletzt das Energiekonzept: Mit einem Primärenergiebedarf von 113 kWh/m2a unterschreitet der Neubau die Vorgaben der EnEV um 30 Prozent; die Fenster sind dreifach verglast und die opaken Außenbauteile erreichen einen durchschnittlichen U-Wert von 0,21 W/m²K. Der Fensteranteil in den Fassaden wurde, den DGNB-Kriterien folgend, auf 39 Prozent reduziert, um sommerliche Wärmeeinträge zu begrenzen. Mahagonipaneele mit integrierten, öffenbaren Lüftungsflügeln erweitern die Fensterzone optisch; ferner unterstützt die manuelle Lüftung die im Gebäude installierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Die Frage, warum hier ausgerechnet Tropenholz verwendet wurde, beantworten die Architekten mit der Langlebigkeit des Materials – und das DGNB-System gestattet Tropenhölzer, sofern sie das FSC-Gütesiegel tragen.

Südansicht mit Gartenhof und eingeschnittener Loggia im Dachgeschoss / Klaus Mellenthin für Blocher Blocher Partners

35 Geothermiesonden, die aufgrund der Bodenverhältnisse nur 40 Meter tief sein durften, bilden das Rückgrat der Wärme- und Kälteversorgung. Zwei reversible Wärmepumpen bringen Heizwärme (und im Sommer Kühlenergie) ins Gebäude, wo sie über eine Betonkerntemperierung sowie (für Lastspitzen) über brüstungsintegrierte Ventilatorkonvektoren verteilt wird. Auch die Beleuchtungsenergie wurde (auf 8,4 kWh/m²a) weitestmöglich reduziert, obwohl die maximale Arbeitsplatzhelligkeit mit 550 lux den gesetzlichen Standard sogar übertrifft. Flure und Büroräume erhielten ausschließlich LED-Leuchten, die in den Büroräumen dimmbar und individuell regelbar sind und in den Fluren über eine Präsenzmelder an- und ausgeschaltet werden. 

Schlanke, einläufige Stahltreppen dienen der bürointernen Vertikalerschließung. Hier der Blick ins zweite Obergeschoss und Dachgeschoss. / Klaus Mellenthin für Blocher Blocher Partners

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