27.06.2010

Deutscher Solarwärmemarkt bricht ein

Die deutsche Solarbranche bot 2009 und in den ersten Monaten dieses Jahres ein heterogenes Bild: Während die Photovoltaik trotz aller Diskussionen um Zusatzkürzungen bei der Solarstromförderung weiter prosperiert, sieht es bei der Solarwärme düster aus. Zur Intersolar 2010 in München wurden nun die neuesten Zahlen vorgestellt.
Die heterogene Entwicklung der Solarbranche ist auch ein Lehrstück über geeignete und weniger geeignete Formen der Innovationsförderung: Während die Photovoltaik dank der Einspeisevergütung – die bekanntlich im Umlageverfahren von allen Stromkunden erhoben wird – noch relativ unabhängig von den Höhen und Tiefen der Tagespolitik ist und die Hersteller daher langfristig planen können, trifft der derzeitige Sparkurs der Bundesregierung die Solarwärme mitten ins Herz. Eigentlich will der Bund mit dem „Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien im Wärmemarkt“ Technologien wie Solarwärme, Erdwärme und Kraft-Wärme-Kopplung fördern. Nun jedoch hat die schwarz-gelbe Regierung die Mittel für 2010 erst um ein Drittel gekappt und über den Rest eine Haushaltssperre verhängt, die wohl noch bis Ende des Jahres andauern wird.
Die Resultate sind verheerend: Allein im Mai brach die Nachfrage nach Solarkollektoren laut Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) um 33 Prozent ein. Für BSW-Geschäftsführer Carsten Körnig ist dies unnötig wie ein Kropf: „So dringend eine Konsolidierung des Bundeshaushalts geboten ist, so widersinnig ist der Förderstopp. Jeder Euro des Marktanreizprogramms stimuliert zusätzliche Umsätze in Höhe von rund 8 Euro. Allein die daraus erzielten Mehrwertsteuereinnahmen refinanzieren das für einen wirksamen Klimaschutz unverzichtbare Förderprogramm.“

Grafik: Bundesverband Solarwirtschaft

Eine umfassende Marktstudie des Instituts EuPD Research bestätigt dies: Zwischen 2000 und 2009 wurden im Rahmen des MAP insgesamt knapp 1 Mrd. Euro an Investitionszuschüssen für Solarthermieanlagen gewährt. Diese Zuschüsse lösten im gleichen Zeitraum ein kumuliertes Investitionsvolumen von 7,5 Mrd. Euro aus. Die Förderquote (also der Anteil der Zuschüsse an den Gesamtinvestitionen ist seit 2000 kontinuierlich von 16% auf 12,9% gesunken.
Mit dem Einbruch im Mai dürfte der Umsatz der Solarthermie-Herstelle in Deutschland zum zweiten Mal nach 2009 zurückgehen. 2008 erreichte er mit 1,95 Milliarden Euro den bisherigen Höchststand, 2010 erwartet EuPD nur noch rund die Hälfte (!) dieses Umsatzvolumens. Für die kommenden Jahre prognostiziert die Studie jedoch wieder ein kräftiges Wachstum – immer vorausgesetzt, die Fördermittel werden 2011 tatsächlich freigegeben.

Grafik: Bundesverband Solarwirtschaft

Bis Ende 2009 wurden hierzulande 13 Millionen Quadratmeter Kollektoren installiert, das entspricht einer Fläche von 13 Quadratkilometern. Das Rekordjahr war 2008 mit einem Installationsvolumen von 1,9 Millionen m2 – interessanterweise nachdem die Regierung 2007 ebenfalls einen Förderstopp verhängt hatte. „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ gilt bei der Solarwärme offenbar: Wer Kollektoren installiert, wartet im Zweifelsfall einfach ein Jahr, bis die Förderampel wieder „Grün“ zeigt. Für Hersteller und Installateure bringt das Auf und Ab jedoch Probleme: Lieferengpässen und Überstunden im einen Jahr stehen volle Lager und Entlassungen im anderen gegenüber.
Europaweit ist Deutschland noch immer mit Abstand der größte Solarwärmemarkt, wie Zahlen des europäischen Dachverbandes ESTIF belegen.2009 betrug sein Anteil am europäischen Gesamtmarkt 38 Prozent – ebenso viel wie die fünf nächstkleineren Märkte Österreich, Frankreich, Griechenland, Italien und Spanien zuammengenommen. Europameister bei der installierten Leistung pro Kopf ist jedoch Zypern: Pro Einwohner sind dort Kollektoren mit über 650 kW thermischer Leistung installiert. In Deutschland beträgt die installierte Leistung rund 100 kW.
Bedingt durch die Finanzkrise gingen die Neuinstallationen von Solarwärmeanlagen in fast allen in diesem Bereich führenden Nationen EU-weit zurück – mit Ausnahme von Österreich. Aufgeholt haben dagegen einige „kleinere“ Märkte wie Portugal, Ungarn oder Dänemark. Die Dänen bilden insofern einen Sonderfall, als bei ihnen der größte Teil der Solarthermie nicht in Einzelhaushalten installiert wird, sondern in solaren Wärmekraftwerken, die entweder Fernwärme für die Gebäudeheizung oder Prozesswärme für die Industrie bereitstellen. Der gleiche Automatismus wie in Deutschland ist übrigens auch in anderen Ländern zu beobachten: Werden Fördergelder gekappt, gehen die Absatzzahlen empfindlich zurück. Werden die Gelder wieder freigegeben oder neue Programme ins Leben gerufen (wie jetzt in Großbritannien), springt der Markt um so heftiger an. Es scheint also, als hinge die Solarwärme noch immer am „Fördertropf“ der Regierungen. Wenn da nicht das Beispiel Polen wäre: Dort gibt es überhaupt kein staatliches Förderprogramm, und dennoch legten die Absatzzahlen 2009 um 11 % gegenüber dem Vorjahr zu.

Grafik: Bundesverband Solarwirtschaft

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