06.08.2009 Marion Dondelinger

Einkaufszentrum "Vogelnest"? - Nachnutzung der olympischen Gebäude

Ein Jahr nach den etwa 40 Milliarden Dollar teuren olympischen Spielen in Peking ist nun zu beobachten, ob die Rechnung für die Nachnutzung der Olympiagebäude aufgeht oder ob die neuen Wahrzeichen der chinesischen Hauptstadt, Herzog und De Meurons „Vogelnest“ und der „Wasserwürfel“ des australischen Büros PTW, ähnlich wie die Anlagen der Asienspiele 1990 die meiste Zeit leer stehen werden.

Direktor Wang vom Komitee für das olympische Gelände betont, Peking habe aus den Schwierigkeiten in Sydney und Athen gelernt und in der Nachnutzung der Anlagen schon früh wirtschaftlich gedacht. So wurden die neuen Stadien nicht alleine vom Staat, sondern von in einer Aktiengesellschaft verbundenen Konsortien gebaut. Sie gehören nun samt ihrer Nutzungsrechte gewinnorientierten Unternehmen. Erst nach dem Ablauf der Verträge, beim „Vogelnest“ beispielsweise in 30 Jahren, werden die Einrichtungen wieder an den Staat übergehen.

Bei dem „Wasserwürfel“ genannten Schwimmstadion, das im Bau 100 Millionen Euro kostete, funktioniert die Vermarktung scheinbar reibungslos. Während man direkt nach den Spielen von einer Nachnutzung als Wasserpark mit Surfanlage und Einkaufszentrum sprach, wurde das Stadion wegen des großen Besucherandrangs vorerst nicht umgebaut. Momentan wird das Gebäude weiter als Schwimmhalle genutzt, man verdient am Verkauf Eintrittskarten und Merchandising-Artikeln - und jeden Abend führt eine russische Ballettgruppe zusammen mit chinesischen Synchronspringern vor 2000 Besuchern eine eigene Schwanensee-Inszenierung auf.

Ab Oktober soll die - mit einer Länge von 177 Metern und fünf Becken - größte Schwimmhalle der Welt sieben Monate lang umgebaut werden. Die an Schaum erinnernde Fassade aus 4000 unregelmäßigen wabenartigen Kunststoffblasen aus ETFE-Folie bleibt erhalten. In der großen Schwimmhalle sollen auch künftig Wettbewerbe veranstaltet werden. Die Zahl der Sitzplätze soll aber von derzeit 10.000 auf 3.000 bis 5.000 reduziert werden. Im Juni 2010 öffnet das Schwimmstadion dann als Vergnügungszentrum mit zusätzlichen Becken, Restaurants und einem Kino wieder seine Tore.

Die Nachnutzung des Nationalstadions ist dagegen noch unklar. Der Bau, der wegen seines auf kreisförmigen Grundriss verschlungenen Stahlgerüsts an ein gewaltiges Vogelnest erinnert, kostete über 300 Millionen Euro. Jährlich rund sieben Millionen Euro müssen nach Schätzungen von chinesischen Experten für seinen Unterhalt aufgebracht werden. In Anbetracht seiner derzeitigen Funktion als Schauplatz einiger Sommerkonzerte scheint die von 91.000 auf 80.000 reduzierte Zahl der Sitzplätze immer noch überdimensioniert. Laut der lokalen Presse plant der Betreiber, den Unterbau des Stadions in ein Einkaufszentrum zu verwandeln. Im Stadion selber sollen Shows durchgeführt werden.

Das olympische Medienzentrum wird derzeit umgebaut und soll im Oktober diesen Jahres als größtes Tagungszentrum Pekings mit zwei angeschlossenen Hotels und Einkaufszentrum wieder eröffnet werden.

Ein weiteres neues Geschäfts- und Vergnügungsviertel ist für das Areal um das Olympiagelände vorgesehen. Der Teil, der an den erst kürzlich wieder eröffneten olympischen Waldpark - eine wichtige grüne Lunge der Stadt - grenzt, soll mit Wohnsiedlungen überbaut werden. Im benachbarten olympischen Dorf wurden die meisten Athletenwohnungen bereits verkauft, zumeist als Finanzanlagen.

Das Ziel der Organisatoren, die meisten Stadien in Peking nach den Spielen der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, scheint aufzugehen. Das Gelände rund um die Hauptgebäude der olympischen Sommerspiele ist mit etwa 50.000 Besuchern die derzeit populärste Attraktion Chinas, noch vor der Großen Mauer oder der Verbotenen Stadt. Nachdem der breiten Öffentlichkeit während der Spiele der Zugang zum Gelände verwehrt war, finden sich jetzt hier Reisegruppen aus den Provinzen und Touristen. An den Wochenenden flaniert, picknickt und fotografiert auch die Pekinger Bevölkerung zwischen Nationalstadion und dem Schwimmstadion.

Eine direkte Nachwirkung auf den Alltag der Pekinger Stadtbevölkerung haben aber höchstens die olympischen Infrastrukturprojekte, wie die neuen U-Bahn-Linien, die 34 neuen Buslinien und der Flughafenterminal des britischen Architekten Lord Norman Foster.

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