13.11.2013 Florian Maier

Endlich Belebung: Skater-Park „Kap 686“ in Köln

25 Jahre lang nutzte die Skater-Szene den Roncalliplatz an der Südfassade des Kölner Doms, entsprechend stark war die Verwurzelung und Verbindung. Etablierten Interessensgruppen waren die Skater jedoch ein Dorn im Auge und die Stadt begann, den Skatern ihren Freizeitsport zu erschweren. Ein gleichwertiger Ausweichplatz war nicht zu finden – und wurde schließlich neu gebaut.

Architekt: metrobox Architekten
Standort: Skateplaza Rheinauhafen, Köln

Die Stadt war zwar guten Willens, den Konflikt in Zusammenarbeit mit den Skatern zu lösen, doch ihr fehlten die Ansprechpartner. Die Skater verspürten den neuen Druck und machten etwas für ihre Szene völlig untypisches: Sie gründeten einen Verein, der innerhalb kurzer Zeit über 500 Mitglieder hatte. Nun konnten beide Seiten über Alternativen sprechen und die Belange der Skater klar vermitteln. So vermied die Stadt den Fehler, eine Standardanlage zu bauen, die an den tatsächlichen Bedürfnissen vorbei geht.

Planung
Zusammen mit diesen ungleichen Partnern ging metrobox Architekten daran, ein ungewöhnliches Projekt zu starten. Die Skater und die Architekten versuchten auszuloten, was wirklich benötigt wurde. Das Ergebnis war die Abkehr vom gewohnten Bild eines Skateplatzes mit vielen Rundungen und Rampen. Die Skater wollten einen städtischen Raum, der Hindernisse und Herausforderungen bietet, wie der Stadtraum, nur das diese besser zueinander platziert und haltbarer sein sollten. Die Elemente des Stadtraums, wie Treppen, Kanten, Geländer und Grünflächen, sollten neu interpretiert und platziert werden. Ein solcher Platz war noch nie gebaut worden. Es gab keine Vorbilder, alles war neu zu entwickeln. Auf der Seite der Stadt mussten sich die Architekten mit vielen Gremien und Fachbehörden auseinandersetzen und viel Überzeugungsarbeit leisten für ein Projekt, das in den Augen Vieler ungewöhnlich aussah und von dem die Skeptiker sich zunächst nicht vorstellten konnten, dass es Erfolg haben würde.

Neben Stadt und Skatern mussten metrobox Architekten auch noch die Bevölkerung erreichen, die großes Interesse an diesem polarisierenden Projekt hatte. So wurde in der Vorphase sogar ein eigener Pavillon auf der Domplatte errichtet, um zu informieren und Fragen zu beantworten. Schließlich fanden Stadt und Skater ein Grundstück, das den Ansprüchen beider genügte: direkt am Rhein gelegen, in der Verlängerung des prestigeträchtigsten Baugebietes der Stadt und gut erschlossen, jedoch unbebaubar, da es im Flutgebiet liegt.

Info-Pavillon von metrobox Architekten auf der Domplatte

Demo: Die Kölner Skater wollten den Roncalliplatz nicht kampflos aufgeben.

Konzept
Das gestalterische Grundkonzept entstand aus der Überlagerung der Bilder, die mit dem Platz, seiner Nutzung und seinem Ort zusammenhängen. Menschen durchströmen die gebaute Stadtlandschaft, jeder wie der Wassertropfen eines Flusses. Die Skater haben dieses Durchströmen zu ihrem Spiel gemacht. Ruhige langgezogene Strecken mit großen Radien wechseln mit dem Springen an Hindernissen, wie das Fließen und Spritzen von Wasser in einem Fluss.

Die Lage des Platzes am Rhein setzt dieses Bild in den geeigneten landschaftlichen Kontext. Die Umsetzung dieses Konzeptes in die Realität wird dadurch erreicht, dass die Fläche von einem virtuellen Raster überlagert wird, an dessen Kreuzungspunkten gleichförmige Grundflächen entstehen. Raster und Grundflächen stellen urbane Elemente dar und sind dem städtischen Raum entnommen.

Um von dieser starren Gruppierung auf dem Raster aber zu einer, für diese Sportart optimalen, spontanen Anordnung zu gelangen, wird die Fläche über einen besonderen Algorithmus neu organisiert. Hierbei werden die Grundflächen zu Körpern unterschiedlicher Größe, sie erheben sich aus der Landschaft oder versinken in ihr, um die Fläche mit Grünelementen, Wiese und Bäumen zu durchdringen. Die Grundkörper sind Skate-Objekte aus Beton und stehen, wie vom Wasser umspülte Steine, in einem Fluss aus Steinplatten. Die Bodenfläche tritt über ein Muster in Dialog mit den Skate-Objekten.

Konzeptskizze

Realisierung
Durch seine spezielle Nutzung und seine Lage im Flutgebiet muss der Platz vielen teils widersprüchlichen Herausforderungen gewachsen sein. Die kleinen harten Rollen der Skateboards verlangen nach einer möglichst ebenen, glatten Oberfläche, die bei Stürzen nicht zu Abschürfungen führt, die bei Regen aber auch die Rutschfestigkeit eines öffentlichen Platzes gewährleistet. Die Neigung der Fläche muss ein restloses Abfließen von Rheinflut oder Regen gewährleisten, darf zum Skaten aber nicht zu steil sein. Die Sprünge der Skater, aber auch harte Winter und Überflutungen dürfen den Qualitäten des Platzes dauerhaft nichts anhaben, was durch die Konstruktion und Materialauswahl gewährleistet wird. Schließlich galt es noch das Budget und die Termine einzuhalten, was beides gelang.

Eröffnung des Kap 686

Bereits bei der Eröffnung zeichnete sich ab, welch großer Erfolg diese Zusammenarbeit der unterschiedlichen Beteiligten haben sollte. Die Skater nahmen den Platz von der ersten Minute an Besitz und seitdem ist er täglich voller Menschen. Doch nicht nur für die Skater hat sich die Anlage ausgezahlt. Auch die Rheinpromenade ist seitdem immer voller Passanten, die den Skatern bei ihren Kunststücken zusehen. Der zuvor leblose Bereich des Neubauviertels „Rheinauhafen“ wurde plötzlich lebendig. Durch den Platz wurde ein aufwendig geplantes und gebautes Viertel, das jedoch noch nicht zur Stadt geworden war aktiviert und urbanisiert. Es wurde ein hybrider Raum geschaffen, der zugleich Sportanlage und städtischer Platz ist. Bei den IOC / IAKS Awards 2013 erhielt das Projekt „Kap 686“ eine Bronzemedaille.

Lageplan

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