25.05.2011

Erstes Passiv-Hochhaus der Welt eröffnet

Im Freiburger Stadtteil Weingarten-West ist das weltweit erste Hochhaus im Passivhausstandard eröffnet worden. Die Besonderheit an dem Projekt: Es handelt sich um die Sanierung eines Wohngebäudes aus den 60er-Jahren.
Der Freiburger Stadtteil Weingarten ist ein typisches Wohnquartier aus den sechziger Jahren und bietet damit ideale Voraussetzungen für eine ambitionierte energetische Sanierung. Bis etwa 2020 soll der gesamte Westteil des Areals mit rund 1300 Wohnungen in drei Etappen „auf Vordermann“ gebracht werden. Die Projektpartner Freiburger Stadtbau GmbH, badenova WÄRMEPLUS und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE haben sich dabei zum Ziel gesetzt, den Primärenergiebedarf des Stadtteils bis 2020 um 50 Prozent zu reduzieren.

Eines der ersten „Vorzeigeobjekte“ in der Gesamtsanierung ist das Hochhaus in der Bugginger Straße 50, dessen Sanierung nun vollendet ist. 90 Wohnungen hatten vor dem Umbau in den 16 Geschossen ihren Platz; umlaufende Balkone öffneten die Wohnungen ins Freie. Mit 68 kWh/m²a war der Heizwärmebedarf schon vor der Sanierung recht gering, was nicht zuletzt an der kompakten Bauweise des Hauses lag.
Durch die Sanierung ist der Heizwärmebedarf nun dennoch auf den Passivhaus-Kennwert von 15 kWh/m²a und damit um fast 80 Prozent gesunken. Die Umbaumaßnahmen beschränkten sich jedoch nicht auf energetische Belange: Auch die Grundrisse wurden erheblich restrukturiert. Die Fläche der ehemaligen Balkone wurde in den Baukörper integriert und im Gegenzug neue, thermisch getrennte Balkone vor die Fassade gehängt. Auf der somit vergrößerten Gesamtfläche finden nun sogar neun statt zuvor sechs Wohnungen Platz. Diese sind im Durchschnitt kleiner als zuvor, um dem Trend unserer Zeit zu kleineren Familiengrößen gerecht zu werden.
Zur Reduktion des Energiebedarfs erhielten die Fassaden eine 20 cm starke Außendämmung mit WLG 035. Das Dach wurde sogar 40 cm stark gedämmt, und auch die Kellerdecke erhielt eine Dämmung. In die Fassaden wurden neue, dreifach verglaste Fenster eingebaut. Besondere Aufmerksamkeit galt der Vermeidung von Wärmebrücken. Durch eine Aerogeldämmung ließen sich Wärmebrückeneffekte an besonders kritischen Stellen – etwa hinter Rollladenkästen - minimieren. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung versorgt die Wohnung kontinuierlich mit frischer Luft. Auf dem Dach ist eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von knapp 24 kW installiert.
Der Energieverbrauch des sanierten Gebäudes wird seit März 2011 vom Fraunhofer ISE gemessen. Einzelne Geschosse werden dabei sehr detailliert erfasst (Warmwasserbedarf, Haushaltsstrom, Heizung, Fensterkontakte). Die Messungen werden zwei Jahre dauern, die Ergebnisse anonymisiert erfasst.
Für die Senkung des Primärenergiebedarfs ist auch die Senkung des Haushaltstroms ausschlaggebend. Über die Verbrauchsentwicklung werden die Bewohner der Messgeschosse ständig informiert. Die Wärmebereitstellung des Stadtteils Weingarten basiert auf Kraftwärmekopplung (KWK).
Die Sanierungskosten gibt Renate Bräu, Architektin und Projektleiterin der Freiburger Stadtbau GmbH, mit 13,4 Millionen Euro an, das sind immerhin 1700 Euro je Quadratmeter. Doch die Bugginger Straße war auch ein Experimentier- und Lernobjekt für den Eigentümer: Im Quartier stehen weitere drei Wohnhochhäuser, die die Freiburger Stadtbau in den nächsten Jahren ebenfalls energetisch sanieren will. Um dabei Kosten zu sparen, wurden erste Lehren aus dem nun abgeschlossenen Projekt gezogen. So sollen beispielsweise die Eingriffe in den Rohbau deutlich minimiert und das Umbauvorhaben insgesamt einfacher strukturiert werden.
Über das Sanierungsprojekt »Weingarten 2020«
Der westliche Teil des 1965-1969 entstandenen Freiburger Stadtteils Weingarten wird im Zeitraum 2007 bis ca. 2020 in drei Abschnitten modernisiert. Das Areal, in dem rund 5800 Menschen wohnen, umfasst eine Fläche von etwa 30 ha. Im Sanierungsgebiet sind vier Gebäudetypen mit rund 1300 Wohnungen vorhanden: 16-geschossige Hochhäuser, acht- und viergeschossige Mehrfamilienhäuser sowie einige Nichtwohngebäude.

Als erstes von vier Hochhäusern wurde in rund eineinhalb Jahren das jetzt neu eingeweihte Gebäude in der Bugginger Straße 50 energetisch modernisiert. Durch Optimierung der Gebäudehülle und Wärmedämmung wurde Passivhausstandard erreicht. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMWi förderte das Hochhausprojekt im Rahmen des Schwerpunkts »Energieeffiziente Stadt«.
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