19.09.2016 Bettina Sigmund

floorCODES: Die Zukunft des Bodens

Beispielhafter Projektverlauf der Studie floorCODES (Foto: IIT HAWK)

Architektur und Innenarchitektur werden im Rahmen der Studie als Spiegelbilder gesellschaftlicher Strukturen verstanden. »Architektur ist eine soziale Tatsache, die sich räumlich formt. Erst formen wir unsere Gebäude, dann formen sie uns. Gebäude, die wir heute planen, sind Prognosen wie wir in Zukunft leben werden. Damit Prognosen möglichst fundiert und realistisch sein können, müssen wir uns heute mit den gesellschaftlichen Veränderungen in Zukunft auseinandersetzen. Diese haben Einfluss auf die Architektur, die wiederum Veränderungen in allen Bauteilen wie auch im Bereich des Bodens bedingt – als Basis des Raums und bestimmendes Element der Gestaltung«, heißt es in der Projektbeschreibung. Veränderungen wie wachsende Technisierung und Digitalisierung, steigende Umweltaspekte, Nachhaltigkeit und Klimawandel oder soziale Parameter wie der demographische Wandel oder eine steigende Urbanisierung bilden sich in unserer gebauten Umgebung ab und haben einen starken Einfluss auf Materialien, Oberflächen und Farben. Diese Veränderung kann sich dabei auf ästhetische, optische oder haptische Aspekte beziehen, auf technische Funktionen und Materialzusammensetzungen oder auch auf räumliche Zonierungen.  Denkansätze 
Die Elemente Boden, Wand und Decke prägen einen Raum und codieren diesen. Böden tragen entscheidend zum architektonischen Gesamteindruck und zur Aufenthaltsqualität bei. Gleichzeitig müssen Fußböden den enormen Anforderungen eines extrem beanspruchten Bauteils im Gebäude gerecht werden. Werden sie dieser Rolle auch in Zukunft gerecht? Ist die Bedeutung des Bodens bei den Planungsbeteiligten heute schon entsprechend im Bewusstsein verankert? Grundsätzlich zeigen die ersten Ergebnisse der Studie (siehe Fotostrecke) Entwicklungen von neuen Materialien, Farbwelten, Designs und Ornamentik, Oberflächenbeschaffenheiten und Formaten. Es geht um Parameter wie die Wechselwirkungen von Kontinuitäten und Diskontinuitäten, Raum und Begrenzungsflächen, Licht und Farbe oder weiterführende technologische Entwicklungen. 
  • Gesellschaftliche Entwicklungen: Die Studenten setzten sich mit spezifischen Themen wie der Bedeutung der Schwelle, Außen- und Innenbezügen oder dem Thema der Barrierefreiheit auseinander. Welches sind die wichtigsten gesellschaftlichen und kulturellen Einflussfaktoren? Wie werden beispielsweise Innovationen aus dem digitalen Bereich, wie wir sie von Tablet-Anwendungen kennen, auf den Boden übertragbar sein?
  • Technische Ansprüche: Welche Anforderungen werden künftig an den Boden gestellt? Hierzu wurden Aspekte von stetigem physischem Kontakt des Nutzers, Sicherheit, Gesundheit, Schichtabfolgen mit unterschiedlichen Aufgaben, Akustik, Bauphysik und thermischer Raumkonditionierung bis zu hygienischen Funktionen hinterfragt. Auch der Einfluss der Verlegbarkeit und die Bedeutung von Modulen und Systemen wurde diskutiert.
  • Intelligente Böden mit Zusatzfunktion: Wie viel Technik kann der Boden aufnehmen? Der intelligente Boden wird das Raumklima steuern und wird zum Kommunikationsmedium und Datenspeicher – um nur einige Gedankenmodelle zu nenne. Der Einfluss von Sonderfunktionen wie Wegeleitsysteme oder Energieerzeugung und -speicherung ist heute schon naheliegend und wurde experimentell weitergedacht.
  • Neue Materialanforderungen: Bleiben oder verändern sich bekannte Belagarten wie zementgebundene und keramische Oberflächen, Naturstein, Textil, Holzböden, elastische Böden oder Laminat? Welchen Einfluss haben Forderungen nach Nachhaltigkeit, Lebensdauer, Cradle-to-Cradle und Wiederverwertbarkeit? Hier zeigen die Szenarien erste Ansätze, die den Boden der Zukunft beispielsweise als pilzartig wachsende Oberfläche sehen, die später reversibel und kompostierbar sein kann.
  • Individualisierung: Wie anpassbar und personalisierbar wird der Boden der Boden der Zukunft? Wird der Boden selbst als dreidimensionales Element zum Raum und kann es Mehrfachnutzungen geben? Finden Bodenbeläge im Sinne eines Raumkontinuums neue Einsatzbereiche an Möbeln, Wand oder auch Decke? Dieser Gedankenansatz wurde in Anlehnung an den Jacht- und Wohnmobilausbau verfolgt und zeigt den Boden der Zukunft als Mischform von Möbel, Stauraum und Boden. Ein weiteres Szenario beschäftigt sich damit, den Boden als Zonierung in Raumsystemen einzusetzen und dabei die Trennung von Wand und Boden lokal aufzuheben.
Methodik
Um diese und viele weitere Fragestellungen beantworten zu können, wurde im Rahmen der Studie zunächst eine umfassende Auseinandersetzung und Grundlagenrecherche – in Kooperation mit DETAIL research – zur Vergangenheit und Gegenwart der Bodengestaltung durchgeführt. Indem vergangene Strömungen, Trends und Stile sowie deren Charaktermerkmale aufgezeigt werden, können die verschiedenen Einflussfaktoren auf den späteren Gestaltungsprozess unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen wissenschaftlich erforscht und dargestellt werden. Diese Methode lässt differenzierte neue Potenziale für den Boden der Zukunft entstehen. Das Projekt soll zunächst einen fundierten Dialog in Gang setzten, Fragen stellen und Lösungsansätze skizzieren. Die Zusammenführung aller Ergebnisse führt über wissenschaftliche, kreative und szenographische Bild-Neuverknüpfungen zu Zukunftsszenarien. Schlussendlich sind am IIT der HAWK eine Vielzahl von spannenden Denkmodellen entstanden, die nun in einer zweiten Projektphase in WorkLabs weiter verfolgt und vertiefend ausgearbeitet werden. Die experimentellen Studentenentwürfe zeigen, wie umfangreich und kreativ ein freier Umgang mit neuen Bodenmaterialien dazu beitragen kann, zukünftige Räume zu gestalten. Schon jetzt kann man sagen: Die Zukunft des Bodens ist... auf alle Fälle vielseitig!
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