14.09.2009

Fremde Märkte Teil 2: Netzwerke und Kooperationen

Es ist nicht nur der Elan des Einzelnen, sondern eine Vielzahl von Faktoren, die zum Erfolg führen. Was für den Mannschaftssieg beim Sport gilt, trifft ebenso auf die Akquisition zu, insbesondere jene im Ausland. Sich als Architekt auf einem ausländischen Markt zu etablieren, ist kein Spaziergang, aber die Herausforderung lohnt sich. Besonders im Team. Gerade für kleine und mittelständische Büros ist der Zusammenschluss eine gute Möglichkeit, um im Wettbewerb zu bestehen und ihre Marktchancen zu verbessern.
Der erfolgreiche Markteinstieg im Ausland setzt ein Netzwerk voraus - also Kontakte vor Ort, das Partnerbüro oder gar die eigene Niederlassung. Neben diesen strategischen Partnerschaften sind aber auch Kooperationen im Heimatland erwägenswert. Ob projektbezogene Netzwerke oder dauerhafte Zusammenschlüsse – sie bieten einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert.
Stärker durch Kooperationen
Kooperationen dienen dazu, die Kräfte zu bündeln. Gemeinsam können die Partner ein breiteres Leistungsspektrum anbieten und sich innerhalb des Netzwerkes trotzdem auf ihre Kernkompetenz konzentrieren. Solche Zusammenschlüsse schaffen Zugang zu Kunden- und Marktsegmenten, die man als Büro allein wahrscheinlich nie erreichen würde. Größere Auslandsaufträge können übernommen und termingerecht abgewickelt, personelle Engpässe ausgeglichen und Überkapazitäten abgebaut werden.
Sich mit gebündelter Kraft auf Ausschreibungen bewerben, gemeinsam Angebote erstellen und im Wechsel die Auftragsakquise übernehmen: „Mit der Planungsgruppe Rheinschiene sind wir schlagkräftiger und reduzieren unseren Arbeitsaufwand erheblich“, sagt Christian Schaller von Schaller/Theodor Architekten, „ganz abgesehen von den Kosteneinsparungen sowie dem Imagegewinn im Ausland durch den gemeinsamen Auftritt unter einem Firmennamen – der vom Auftraggeber aber auch gefordert wurde.“

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Planungsgruppe Rheinschiene


Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil: Risiken, die das einzelne Büro in seiner Existenz gefährden könnten, verteilen sich in der Kooperation auf mehrere Schultern. Kooperationen bieten somit gerade auf dem Auslandsmarkt eine gute Chance, größenbedingte Nachteile auszugleichen und gemeinsam neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Natürlich muss man als Büro in einem Verbund auch Zugeständnisse machen und Kompromisse eingehen. Die Zeit, die für die Koordination der Aktivitäten und ihre Abstimmung anfällt, muss eingeplant werden. Die räumliche Trennung erschwert dies und erhöht den Arbeitsaufwand. Vertrauen und Verbindlichkeit spielen eine große Rolle, auf jeden der Kooperationspartner muss Verlass sein.
Gemeinsam grenzüberschreitend akquirieren
Sieben Architekturbüros aus dem Rheinland hatten sich 2005 unter dem Namen Planungsgruppe Rheinschiene für eine Messe in China zusammengetan. Die erfolgreiche Präsenz auf der Messe animierte die Partner, ihre Zusammenarbeit zu vertiefen. Seitdem betreiben sie gemeinsam Akquisition auf dem asiatischen Markt, mittlerweile mit einer Repräsentanz in Peking. Die Zukunft ist für die Planungsgruppe ein eigener Mitarbeiter vor Ort, um Planungsaufgaben in China bearbeiten und schneller reagieren zu können.
Da die Büros so unterschiedliche Disziplinen wie Hochbau, Städtebau, Landschaftsplanung und Projektmanagement repräsentieren, fällt es ihnen leicht, auch für Großprojekte umfassende planerische Kompetenz zu vermitteln. Aktuell erstellen sie den Masterplan Society Hill für eine Stadterweiterung in Tianjin.

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„Für einen reibungslosen internationalen Zahlungsverkehr auf dem chinesischen Markt ist eine Gesellschaft als Partner nötig,“ erläutert Christian Schaller den nächsten Schritt der Gruppe, die zu diesem Zweck demnächst in eine deutsche GmbH oder englische Limited umfirmieren wird.
Fachübergreifend vernetzt
Mit der Arbeitsgemeinschaft ena (european network Architects) haben sich sechs Architektur- und neun Ingenieurbüros aus Baden-Württemberg zusammengeschlossen, um in Russland und anderen postsowjetischen Staaten zu akquirieren. Eine Besonderheit dieses Partnermodells: Die Planer haben sich zusätzlich noch branchenübergreifend mit namhaften Produktherstellern wie Schüco, Hans Grohe und Würth sowie einem großen Baukonzern zusammengetan. Daneben entstanden Kooperationen mit russischen Architekturbüros. Die Partner finanzieren ihr Netzwerk jährlich mit einem sechsstelligen Betrag, beschäftigen für dessen Organisation eine Mitarbeiterin und Anfang 2008 verabschiedeten Sie eine Genossenschaftssatzung. Arbeitsschwerpunkte sind St. Petersburg, Moskau und Sotschi am Schwarzen Meer.

Grafik: ena

24 Ingenieurbüros aus Baden-Württemberg bilden derzeit das Netzwerk bw-engineers. Durch den gemeinsamen Marktauftritt von acht Fachbereichen ist das Netzwerk in Saudi-Arabien konkurrenzfähig, sie bieten die Ressourcen und das Know-how gebündelt an. „Das ist ein Türöffner für Projekte, von denen jeder Einzelne nicht zu träumen gewagt hätte“, meint Josef Linder, Geschäftsführer von bw-engineers. Neben Bauingenieuren aus den Bereichen Projektmanagement, Tragwerksplanung, Vermessung, Geo- und Wassertechnik sind auch Architekten Teil des Teams.
Für kleine und mittelgroße Büros bieten Kooperationen die größten Potenziale – ihre Kompetenz wird eingebunden in einen leistungsfähigen unternehmerischen Verbund. Anstatt die Kollegen aus der Region in erster Linie als Wettbewerber wahrzunehmen, kann es für alle Beteiligten den größeren Ertrag bringen, gemeinsam an Wettbewerben teilzunehmen oder die Chancen von Auslandsmärkten zu sondieren.
Dies gilt auch für eine Möglichkeit der internationalen Akquisition, die in Teil 3 der Serie beschrieben wird: „Öffentlicher Erfolg – Messen und Ausstellungen“.

Logo der bw-engineers

Autor:
Katja Domschky

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