01.12.2014 Hildegard Wänger

Geheimnisvolles Schimmern: Mediakomplex des CampusOne in Karlsruhe

Der neue Multimediakomplex des CampusOne in Karlsruhe von Architekten.3P Feuerstein Rüdenauer & Partner zieht Nutzer und Besucher gleichermaßen magisch in seinen Bann. Zum einen durch ein einladendes trichterförmiges Entree, zum anderen durch die geheimnisvoll schimmernde Fassade aus Keramikbaguettes. Architektur: Architekten.3P Feuerstein Rüdenauer & Partner
Standort: Am Schloss Gottesaue 7, 76131 Karlsruhe

Foto: Toni Ott, Landshut

In einer herausragenden städtebaulichen Lage am östlichen Stadteingang von Karlsruhe und in direkter Nachbarschaft von Schloss Gottesaue entstand ein neuer Multimediakomplex der Hochschule für Musik. Hinter der Fassade des streng kubischen Baukörpers steckt eine Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten, die bundesweit ihresgleichen sucht. Dazu gehört ein großer Multifunktionssaal mit den erforderlichen Neben- und Probenräumen. Die Erschließung des Gebäudes erfolgt über ein lichtdurchflutetes Foyer. Über das »Fugenfoyer« mit Treppen und Aufenthaltsplattformen ist das angegliederte Institutsgebäude mit dem Komplex verbunden. Die gesamte Hochschulanlage wird unter dem Namen CampusOne geführt – »One« steht dabei für die Konzentration aller Lehrbereiche und Institute an einem Ort. Das war nicht immer so. Die Geschichte der Hochschule für Musik in Karlsruhe reicht zurück bis ins Jahr 1812, als in der Residenz des aufstrebenden Großherzogtums Baden ein musikalisches Bildungsinstitut für Bläser und zwei Jahre später auch für Sänger gegründet wurde. 1987 zog die Hochschule in das wieder aufgebaute Schloss Gottesaue um. Mit der Zahl der Studierenden wuchs auch das Angebot der Hochschule und damit verbunden die Nutzungsanforderungen an die vorhandenen Räume. Diese konnten im Schloss nur begrenzt erfüllt werden. So gab es beispielsweise keine Möglichkeit, Veranstaltungen des Musiktheaters, des Instituts für Neue Musik und Medien, des Computer Studios sowie große Orchester- und Chorkonzerte in eigenen Räumlichkeiten durchzuführen. Übungsräume fehlten oder waren über das ganze Stadtgebiet verteilt. Um alle Aktivitäten wieder an einem Platz zu vereinen und den Anforderungen der modernen Musikwissenschaft gerecht zu werden, wurde 2007 ein Realisierungswettbewerb eingeleitet, aus dem das Büro Architekten.3P Feuerstein Rüdenauer & Partner aus Stuttgart als Sieger hervorging.

Foto: Toni Ott, Landshut

Die Architekten setzten sich intensiv mit der komplexen Bauaufgabe auseinander und entwickelten einen streng kubistischen Baukörper, der sich durch seine Geradlinigkeit klar von den Bestandsgebäuden abhebt. »Unser Ziel war es, dem Schloss nicht ein Konkurrenzgebäude gegenüberzustellen, sondern vielmehr ein Gebäude, das im Kontext mit dem Schloss zusammen eine Einheit bildet. Dazu gehört auch, dass das Ensemble zu einem späteren Zeitpunkt noch erweitert werden kann, was unserer Meinung nach der gesamten städtebaulichen Grundhaltung noch zugutekommen würde«, erklärt Architekt Arne Rüdenauer. Der neue Multimediakomplex ergänzt die bereits vorhandene Ringbebauung der Kavaliershäuser und schließt den Campus nach Norden ab. Das Gebäude selbst öffnet sich über einen großzügigen, als Volumenschnitt ausgebildeten Eingang zum Freigelände und zum Schloss hin. Sehr glatte, helle Putzflächen kontrastieren mit den dunklen und stark profilierten Keramikbaguettes, die von Moeding nach genauen Vorgaben der Architekten angefertigt wurden.

Foto: Toni Ott, Landshut

Um eine lebendige Fassadentextur zu erzielen, wurden fünf verschiedene Module gefertigt, die auch gespiegelt montiert werden können, woraus sich insgesamt zehn verschiedene Ansichtsmöglichkeiten ergeben. Die stabförmigen Rippen der 1,25 m langen und 25 cm breiten, stranggepressten Keramikelemente verspringen in der Vertikalen von Modul zu Modul, wodurch eine Textur horizontaler Bänder sichtbar wird. Eine speziell für dieses Projekt entwickelte Glasur der Keramikteile changiert von einem rötlichen Braun bis hin zu einem tiefen Schwarz und lässt das Gebäude – je nach Standpunkt, Licht- und Wetterlage – in zahlreichen Facetten schimmern. Arne Rüdenauer: »Die Gestaltung der Fassade entsprang dem Gedanken an Musik – harmonisch, jedoch auch den Rhythmus wechselnd, mit Höhen und Tiefen. Das Zusammenspiel von Lamellen, versetzter Befestigung und wechselfarbiger Glasur verleiht der Fassade auch in ihrer Großflächigkeit eine ansprechende Lebendigkeit. Bei der Einweihung wollten alle Besucher die subtil schimmernde, glasierte Oberfläche berühren.« Beide Systeme, Putz- und Keramikflächen, sind als vorgehängte hinterlüftete Fassade ausgeführt. Der kompakte Baukörper in Kombination mit einer Geothermieanlage und reversibler Wärmepumpe ermöglichte die geforderte Unterschreitung der Grenzwerte der damals gültigen EnEV 2007 um fast 50 %.

Keramikfassadenelement im Profil.

Foto: Toni Ott, Landshut

Klarheit nach außen, Vielfalt im Innern – dieses Konzept wurde im neuen Multimediakomplex durchgängig umgesetzt. Ein lichtdurchflutetes Foyer trennt und verbindet die unterschiedlichen Nutzungsbereiche gleichermaßen. Über das verglaste Hauptfoyer gelangt man vom Saal- und Probegebäude in das angrenzende Institutsgebäude, in dem Unterrichtsräume, Umkleiden und Garderobe untergebracht sind. Der Multimediakomplex selbst wird geprägt durch den großen Bühnensaal mit Platz für 400 Zuschauer. Durch sein flexibles Raumkonzept mit absenkbaren Tribünen und einer Spielfläche, die sich sowohl auf die Bühne, die Saalebene als auch auf den Orchestergraben ausrichten lässt, bietet er eine breite Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten. Entsprechend anspruchsvoll ist die akustische und lichttechnische Ausstattung.

Foto: Toni Ott, Landshut

Die enorme Flexibilität ist den unterschiedlichen Nutzungen geschuldet. Konventionelle Konzerte und Musiktheater können ebenso stattfinden wie experimentelles Musiktheater oder multimediale Konzerte, die Möglichkeit von Video- und Tonaufzeichnungen kommt hinzu. »Die Umsetzung dieser geforderten Multifunktionalität stellte für uns eine echte Herausforderung dar. Nicht nur im Bezug auf die eigentliche Raumplanung mit den Wandlungsmöglichkeiten, sondern vor allem auch im Hinblick auf die Akustik und Lüftung«, beschreibt Arne Rüdenauer die vielschichtige Bauaufgabe. »Es galt, die Multifunktionalität bis in die letzte Konsequenz umzusetzen – das heißt, bis hin zu drehbaren Akustikelementen, zusätzlich abhängbaren Vorhängen oder Quellluftauslässen an den Wänden im Zuschauerraum.«

Schnitt: Architekten.3P Feuerstein Rüdenauer & Partner

Von Anfang an waren die Architekten mit Fachplanern und Spezialisten im Gespräch und haben gute Lösungen gefunden, die sich im ersten Betriebsjahr bereits in der Praxis bewährt haben. Zu den eher ungewöhnlichen Aufgaben gehörte auch die Einrichtung eines komplett ausgestatteten Sendestudios für das Institut LernRadio im 1. Obergeschoss des Hauptfoyers mit Blick auf den Campus. An fünf Tagen der Woche wird von hier aus auf einer hochschuleigenen Frequenz ein von angehenden Musikjournalisten produziertes, überregionales Radioprogramm ausgestrahlt. Musik will gehört werden, Musik will nach draußen. So war auch die Freiflächenplanung Teil der Neugestaltung des Ensembles. Eingefasst von den Gebäuden, entstand westlich vor dem Schloss eine zusammenhängende, durch Baumreihen gesäumte Freifläche, die den Campus-Charakter unterstreicht und für Open-Air-Veranstaltungen genutzt werden kann.

Schnitt: Architekten.3P Feuerstein Rüdenauer & Partner

Mit CampusOne ist für die rund 650 Studierenden aus über 50 Nationen einer der attraktivsten Studienorte in Europa entstanden. Der neue Multimediakomplex überzeugt durch seine Vielseitigkeit ebenso wie durch seine Offen- und Großzügigkeit. Der oft konträre Anspruch an einen wissenschaftlichen Hochschul- und Institutsbau sowie an ein repräsentatives Veranstaltungs-gebäude wurde hier auf höchstem Niveau miteinander vereint.

Foto: Toni Ott, Landshut

Zum Anfassen
Die Fassadenkeramik verleitet durch ihre Vielfältigkeit, Wirkung und Haptik einfach zum Anfassen, und das ist auch möglich: Auf der BAU 2015 stellt Moeding einzelne Elemente der braun-schwarz schimmernden Fassade des CampusOne in Karlsruhe ebenso aus, wie Teile der leuchtend roten Fassade der Coca-Cola-Hauptverwaltung in Berlin, oder die in den Grundfarben glasierten Keramiktafeln der neuen Kindertagesstätte in Dingolfing: BAU 2015, Halle A3, Stand 311 Dieser Artikel stammt aus dem Moeding Magazin, das der DETAIL 12/2014 »Einfach Bauen« beigelegt ist. Darin finden Sie auch weitere spannende Projekte zur Verwendung von Fassadenkeramik.
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