01.03.2018 Maximila Ott

Maximila Ott – STEIN: EIN NATÜRLICHES MATERIAL WIRD ZUM OBJEKT

Konzept Bild. Caspar David Friedrich, Memories of the giant mountains; Abb.: Zur Verfügung gestellt von Maximila Ott

Stein in seiner natürlichen Erscheinungsform als Teil der Landschaft erzählt uns eine Geschichte. Er erzählt von den vielen Jahren, in denen er verdichtet und komprimiert wurde, um schließlich an die Oberfläche gebracht zu werden. Der Einfluss von Verwitterung und Erosion wird mit der Zeit an der Steinoberfläche sichtbar, in kleinen Rissen und Spalten beginnen Pflanzen und Moos zu wachsen. Durch Brechen, Schneiden und das Bearbeiten der Oberfläche verändern wir das Aussehen von Stein tiefgreifend. Wir bringen neue Dinge an die Oberfläche, löschen im selben Moment aber andere aus. Der Stein wird still und zeitlos.

Indem der Stein seine Geschichte und seine organischen Eigenheiten verliert, wird er vom Subjekt zum Objekt. Im Grunde genommen bleibt er derselbe Stein wie wir ihn aus der Landschaft kennen, bestehend aus denselben Mineralien, nur geglättet. Eine Verwandlung von der Ungeordnetheit und Beweglichkeit der Natur zu etwas Reinerem, Perfekterem und damit Abstraktem.

Die Spannung zwischen Stein in seiner natürlichen Erscheinungsform und der bearbeiteten Steinoberfläche soll mein Projekt sichtbar machen: in Form eines öffentlichen Bades, eines beheizten Außenpools, der wie in den Boden geschnitten sein soll. Auf der einen Seite sieht man den Granit in der Landschaft und auf der anderen die transformierte, durch den Menschen bearbeitete Steinoberfläche. Zusätzlich macht das Projekt eine Subtraktion sichtbar, durch die wiederum neuer Raum entsteht: durch eine präzise und radikale Intervention in die Landschaft, durch das Schneiden des Steins.

Auf der Suche nach einem geeigneten Grundstück kam mir die steinerne Landschaft von Finnland in den Sinn. In Helsinki, im Stadtteil Laakso Dal, wurde ich fündig: Mitten in der Stadt findet sich hier natürliches Granitgestein an der Erdoberfläche, das zwar weich und fließend erscheint, aber zu den härtesten Gesteinen der Welt zählt. Die sanfte Erscheinung steht im Kontrast zu dem geplanten geometrischen Einschnitt. An einem Ort, der weit entfernt des Stadttrubels zu sein scheint soll das Wasser als Vermittler zwischen Besucher und Stein wirken.

Aufgrund der Beschaffenheit des Geländes liegt ein Teil des Pools wie ein Canyon tief im Stein. Ein beschützter, dunkler und stiller Raum, nur von Granit umgeben. Während des Schwimmens sieht man nur den Stein, das Licht von oben und die Baumkronen am Himmel. Durch die Reflexionen des Lichts und den Dampf des heißen Wassers entsteht eine poetische Untergrundwelt. Vom zweiten Teil des Pools aus hingegen wird die Landschaft intensiv wahrgenommen. Man sieht die Verwitterung, die Pflanzen und das Moos an der Steinoberfläche. Und obwohl man mitten in der Stadt ist, fühlt man sich weit entfernt davon. Die Länge des Beckens beträgt die üblichen 50 Meter mit acht Bahnen von jeweils 1,25 Metern Breite. Durch die Aufteilung der Volumen entsteht jedoch ein völlig neuer Raum.

Konzept Bild. Caspar David Friedrich, Memories of the giant mountains; Abb.: Zur Verfügung gestellt von Maximila Ott

Schwarzplan; Abb.: Maximila Ott

Lageplan; Abb.: Maximila Ott

Grundriss; Abb.: Maximila Ott

Grundriss Umkleide EG; Abb.: Maximila Ott

Grundriss Umkleide OG; Abb.: Maximila Ott

Schnitt Umkleide; Abb.: Maximila Ott

Schnitt AA; Abb.: Maximila Ott

Schnitt BB; Abb.: Maximila Ott

Schnitt CC; Abb.: Maximila Ott

Folgt man dem nur durch eine Oberflächenbehandlung des Granits sichtbaren Weg, erreicht man die Umkleideräume sowie die sanitären Einrichtungen der Anlage: Untergebracht in einem kugelförmigen Bau sind sie wie ein abstraktes Objekt in der Landschaft platziert. Auch die Filter und Wassertanks werden nicht versteckt, sondern ebenso als Objekte inszeniert. Folgt man einer Treppe nach unten, befindet man sich wieder auf dem Weg, der einen direkt in den Pool führt. Es entsteht eine Zirkulation ähnlich einer Schleife. Der Pfad trifft den Pool leicht eingekeilt, so dass der Besucher automatisch in eine Richtung schwimmt – von der Steinlandschaft ins Innere des Steins. Vor dem Verlassen der Anlage gelangen die Besucher in einen kleinen Raum mit Kamin. Ein Ort zum Ausruhen und Aufwärmen, bevor man wieder in den Trubel der Stadt eintaucht.

Für die Subtraktion soll der Stein gebrochen werden: Mit Hilfe von Lochbohrungen und gezielten Sprengungen wird die grobe Form extrahiert. Anschließend wird die innere Oberfläche des Stein mit Bitumen versiegelt und abgeschliffen. Das Bitumen bleibt in den Rissen des Steins und macht den Pool damit wasserfest. Schlussteine auf beiden Seiten, aus dem zuvor extrahierten Stein verhindern das Eindringen von Regenwasser.

Entwurfstudio Olgiati
Accademia di architettura di Mendrisio
Wintersemester 2017/2018
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