Mindestsatzabweichende Vereinbarung während der Vertragslaufzeit ist unwirksam

Der BGH zementiert mit einem Beschluss, dass sich Architekten nur in engen Spielräumen über vom Mindestsatz abweichende Planungshonorare einigen sollen. Für Honorargespräche ergeben sich daraus neue Herausforderungen.

Im vorliegenden Fall hatten die Beteiligten während der Planungsphase über das Honorar verhandelt. Dabei wurde die HOAI-Regelung nicht beachtet, dass ein Honorar, das vom Mindestsatz abweicht, schriftlich bei Auftragserteilung zu regeln ist. Das OLG Koblenz entschied, dass das verhandelte Honorar nicht wirksam vereinbart war (OLG Koblenz, Urteil vom 16.9.2010, Az. 2 U 712/06). Das Urteil ist rechtskräftig geworden, weil der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde (hier des Auftraggebers) zurückgewiesen hat (BGH, Beschluss vom 24.5.2012, Az. VII ZR 167/10).

Unwirksame Vereinbarungen
Die BGH-Entscheidung führt dazu, dass zwei typische Praxisfälle, in denen man sich während der Vertragslaufzeit über das Gesamthonorar einigt, nicht rechtswirksam geregelt werden können:
  1. Es wurden zunächst nach mündlicher Auftragserteilung Planungsleistungen erbracht und die Einigung über das Gesamthonorar erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt während der Projektabwicklung.
  2. Während der Vertragslaufzeit sind eine Reihe von Planungsänderungen erfolgt und die Vertragspartner wollen diese in einer neuen Gesamthonorarvereinbarung kurz vor Projektende »erledigen«.

Konsequenzen in der Praxis
Das Urteil stellt Architekten vor neue Herausforderungen bei der Honorarverhandlung, wenn sie mehr als den Mindestsatz vereinbaren möchten. Denn es ist nur schwer möglich, bereits bei Beginn der Planungstätigkeiten eine entsprechende wirksame Honorarvereinbarung zu treffen (gilt auch und vor allem bei Pauschalhonoraren).

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Das Urteil hat auch seine positiven Seiten. Es hat nämlich zur Folge, dass eine während der Vertragslaufzeit getroffene Vereinbarung, die sich im Verlauf der weiteren Projektabwicklung als Unterschreitung des Mindestsatzes herausstellt, ebenfalls unwirksam ist. Dieser Fall lag der BGH-Entscheidung zugrunde. Die schriftliche Vereinbarung der Beteiligten führte zu einer Mindestsatzunterschreitung. Die im Gerichtsverfahren geltend gemachte Forderung nach Anwendung der HOAI bedeutete folglich eine Verbesserung für den Planer. Der BGH stellte klar, dass ein Planer nicht treuwidrig handelt, wenn er die Honorarvereinbarung unter Verweis auf die Regelung in § 4 Abs. 4 Alte HOAI (bzw. § 7 Abs. 1 Neue HOAI) angreift.

Quelle: Wirtschaftsdienstes Ingenieure & Architekten, Ausgabe 9/2012

Foto: Thorben Wengert / pixelio.de

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