26.11.2012 Linder@detail.de

Mission (über-)erfüllt: Kindertagesstätte in Kraiburg

Ein Passivhaus aus dem Lehrbuch haben Pollok + Gonzalo Architekten mit der neuen Kindertagesstätte im oberbayerischen Kraiburg errichtet – und das, obwohl die Bauherren den ambitionierten Energiestandard weder vorgegeben noch budgetiert hatten.

Südfassade des neuen Kindergartens in Kraiburg. Foto: Pollok + Gonzalo Architekten, München

Wie lauteten noch gleich die klassischen Passivhaus-Weisheiten? Kompakt und gut gedämmt, wärmebrückenfrei, nach Norden verschlossen und nach Süden geöffnet – all dies verkörpert die Kindertagesstätte St. Bartholomäus in Kraiburg am Inn par excellence. Fast mutet sie an wie einer jener Pionierbauten des solaren Bauens aus den 70er- und 80er-Jahren, wäre da nicht die prononcierte Farbgebung.

Ostfassade. Foto: Pollok + Gonzalo Architekten, München

Der knapp 1200 Quadratmeter große Neubau am Stadtrand von Kraiburg ersetzt ein technisch in die Jahre gekommenes und zu klein gewordenes Vorgängergebäude aus den 70er-Jahren. 2010 fand ein eingeladener Architektenwettbewerb statt, den Pollok + Gonzalo Architekten aus München für sich entschieden. Sie hatten im Gegensatz zu den meisten anderen Teilnehmern einen zweigeschossigen Baukörper vorgesehen, der in der Gemeinde zwar auf Vorbehalte stieß, aber ökologisch unbestrittene Vorteile mit sich brachte. Denn diese Kubatur ermöglichte es den Architekten, das Gebäude im Passivhausstandard zu planen – und dies ohne Zusatzkosten gegenüber dem von den Bauherren ursprünglich avisierten Baubudget.

Grundriss. Grafik: Pollok + Gonzalo Architekten, München

Schnitt. Grafik: Pollok + Gonzalo Architekten, München

Ihre Heizwärme erhält die Kindertagesstätte eher konventionell aus einem Gas-Brennwertkessel. Klein dimensionierte Heizkörper übertragen die Wärme in die Räume. Bei der Lüftung entschieden sich die Architekten für ein dezentrales – und ebenfalls sparsam dimensioniertes - System: Je zwei Gruppenräume werden über eine gemeinsame Lüftungsanlage mit Wärmetauscher versorgt, die im dazwischen liegenden Abstellraum untergebracht ist. Die An- und Absaugung der Luft sind über Dach geführt. Um Kosten zu sparen, wurden die Anlagen auf einen Luftwechsel von nur 10 bis 15 Kubikmeter je Person und Stunde ausgelegt. Empfohlen werden für Kindergärten und Schulen üblicherweise zwischen 15 und 30 Kubikmeter. Allerdings, so die Architekten, sei kaum mit einer ganztägigen Vollbelegung der Räume zu rechnen, die einen Frischluftbedarf, wie ihn die Normen und die Fachliteratur empfehlen, erforderlich gemacht hätte. Die Vorteile des dezentralen Systems sehen Pollok + Gonzalo vor allem in der Minimierung der Lüftungsleitungen. Durch kippbare Oberlichter in der Fassade ist überdies eine nächtliche Lüftung zur Abkühlung des Gebäudes möglich.
Trotz der komplizierten Projektkonstellation mit drei Geldgebern (dem Erzbischöflichen Ordinariat München, der Gemeinde Kraiburg und dem Regierungsbezirk Oberbayern) und einem Nutzer (einer ortsansässigen katholischen Kirchenstiftung) habe das Grundkonzept in der Umsetzung kaum Federn lassen müssen, betont Architekt Roberto Gonzalo. Das Haus beherbergt vier Kindergarten- und zwei Krippengruppen samt dazu gehöriger Intensivräume, einem Mehrzweckraum, einer Küche mit Essbereich und Verwaltungsbüros. Das Herz des Gebäudes bildet ein von oben belichtetes Atrium, in dem auch die Treppe ins Obergeschoss untergebracht ist.

Das Atrium. Foto: Pollok + Gonzalo Architekten, München

Das Gebäude ist eine ringsum gedämmte Mischkonstruktion aus tragenden Innenwänden aus Kalksandstein sowie Fassaden in Holzrahmenbauweise. Letztere erhielten größtenteils ein Wärmedämmverbundsystem auf Basis von Holzfaserdämmplatten, stellenweise auch eine hinterlüftete Faserzementverkleidung. Die Wahl der massiven Innenkonstruktion begründet Roberto Gonzalo mit der thermischen Speicherwirkung der Baustoffe.

Ostfassade. Foto: Pollok + Gonzalo Architekten, München

Südfassade. Foto: Pollok + Gonzalo Architekten, München

Vor Überhitzung schützen den Neubau darüber hinaus fest stehende und bewegliche Lamellen vor der voll verglasten Südfassade. Der hier angebrachte Balkon ist völlig wärmebrückenfrei: Er kragt von den schräg stehenden Stahlstützen nach innen – also Richtung Glasfassade - aus und unterbricht daher an keiner Stelle die thermische Gebäudehülle.

Bild von einem Kindergruppenraum. Foto: Pollok + Gonzalo Architekten, München

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