17.12.2012 popp@detail.de

Monolithische Transparenz: Forschungs- und Entwicklungszentrum in Dogern

Eine textile Außenhaut aus Glasfasergewebe ist wesentliches Gestaltungsmerkmal des neuen Forschungszentrums für den Büromöbelhersteller Sedus Stoll. In zwei Ebenen vor die Fassade gehängt, lässt sie das Gebäude in allen Nuancen vom konkreten Körper bis zur fast in Auflösung begriffenen Struktur erscheinen. Für die Befestigung wurden spezielle Adapterprofile aus Aluminium entwickelt. Außerdem nimmt die transluzente Membran positiven Einfluss auf die energetische Gesamtbilanz des Gebäudes.

Architekten:
ludloff + ludloff Architekten, Berlin
Standort: Hauptstraße 4, 79804 Dogern
Bauherr: Sedus Stoll AG, Waldshut
Tragwerksplaner: Sobek Ingenieure, Stuttgart

Foto: Jan Bitter

Konzept
Seit Jahrzehnten ist der renommierte Büromöbelhersteller Sedus Stoll bestrebt, den Schwerpunkt der Firmenentwicklung vom historischen Standort im südbadischen Waldshut in die angrenzende Gemeinde Dogern zu verlagern. 2003 realisierten Sauerbruch Hutton Architekten für das design­orientierte Unternehmen ein Hochregallager in Gestalt eines farbenfrohen Kubus. Sieben Jahre später erhielt er ein selbstbewusstes Gegenüber: In Volumen und Geometrie zwischen dem 30 Meter hohen Lagergebäude und der dörflichen Wohnstruktur vermittelnd, zeigt sich das neue Forschungszentrum als weißer, introvertierter Monolith mit geneigtem Satteldach.

Grafik: ludloff + ludloff Architekten

Ostansicht, Skizze: ludloff + ludloff Architekten

Foto: Jan Bitter

Textile Außenhaut
Wesentliches Gestaltungsmerkmal ist die textile Außenhaut. Bis zu zwölf Meter hohe Stahlrohrrahmen mit speziell entwickelten Adapterprofilen aus Aluminium nehmen das Glasfasergewebe auf. Federn in den Halteprofilen gleichen die Längenänderungen der Konstruktion bei Temperaturschwankungen aus, sodass die Membran gleichmäßig gespannt bleibt. Das transluzente Material bietet Schutz vor Sonne und Regen, ist schmutzabweisend und sorgt für ideale Hinterlüftung. Zudem genügt es auch den hohen ästhetischen Ansprüchen: In zwei Ebenen vor die Fassade gehängt erzeugt es mit den Sonnenschutzrollos unterschiedliche Transparenzen und lässt das Gebäude – abhängig vom Licht – in allen Nuancen vom konkreten Körper bis zur fast in Auflösung begriffenen Struktur erscheinen.

Fassade in Bau, Foto: ludloff + ludloff Architekten

Energetisches Konzept
Text: ludloff + ludloff Architekten

Die Temperierung des Bürobereichs ist mittels einer großflächigen, eingeputzten Heiz-Kühldecke realisiert, welche den geringen Wärmebedarf dieser Räume aufgrund des thermisch optimierten und kompakten Volumens komplett abdeckt. Vor sommerlicher Überwärmung wird das Gebäude durch die außenliegende Hülle aus Glasgewebe geschützt, im Bereich der Fenster lassen sich Sonnenschutzrollos aus demselben Material herunterfahren. Das bewusst großzügig gewählte Luftvolumen im Bereich der Großraumbüros hilft punktuelle innere Wärmelasten und Temperaturschwankungen auszugleichen.

Die innenliegenden Besprechungsräume im 1.OG erhalten zusätzlich eine mechanische Lüftungsanlage. Die Vorkonditionierung der Zuluft erfolgt im Winter über die Wärmerückgewinnung der Abluft. Aufgrund der Lage des Gebäudes unmittelbar in Rheinnähe konnte die gesamte Kühlung über einen Wärmetauscher unter Nutzung von Brunnenwasser realisiert werden, sodass hierfür keine mechanische Kälte erforderlich ist. Die Beheizung der Werkstatt und der Versuchsräume im EG erfolgt konventionell über Stahlröhrenradiatoren. Aufgrund der geringen und nur sporadisch auftretenden Laufzeiten war es im Bereich der Werkstätten sinnvoll, konventionelle Umluftkühlgeräte einzusetzen, diese werden ebenfalls mit Brunnenwasserkühle gespeist.

Haustechnikschema, Grafik: ludloff + ludloff Architekten

Foto: Jan Bitter

Die Abwärme der in den Werkstatt vorhandenen Hydropulsanlage wird für die Warmwasserbereitung des Forschungszentrums genutzt. Durch einen bivalenten Speicher-Wassererwärmer wird die gewonnene Wärme dem Brauchwasser zugeführt und u.a. zur Temperierung des Duschwassers und der Beheizung genutzt. In der Rücklaufleitung des Brunnenwassers ist ein Abzweig zur Spülung der WCs sowie zur Außenbewässerung der Grünanlagen hergestellt worden. Das auf dem Dach anfallende Regenwasser wird in Rigolen entwässert. Alle künstlichen Lichtquellen werden mit energetisch optimierten Komponenten ausgeführt und sind an eine tageslichtabhängige Steuerung angeschlossen.

Alle verwendeten Materialien wurden auf ihre Gesamtenergiebilanz und ihre Recyclingfähigkeit geprüft, es ist ein in jeder Beziehung sinnlich nachhaltiges Gebäude entstanden. Sowohl die Baukonstruktionen aus Beton und Holz, als auch die gesamte Ausbaukonstruktionen unter Integration der Haustechnik berücksichtigt einen energetisch optimierten Betrieb bis zum Rückbau und einer schadstoffarmen Entsorgung.

Foto: Jan Bitter

Feder zum Membranspannen

Fotos: ludloff + ludloff Architekten

Adapter Alu-Strangpressprofil, Foto: ludloff + ludloff Architekten

Horizontaldetail Erdgeschoss, Grafik: ludloff + ludloff Architekten

Foto: Jan Bitter

Eine ausführliche Print-Dokumentation zum Projekt lesen Sie in unserer aktuellen Ausgabe DETAIL 1+2 2013 zum Thema »Transparent und Transluzent«.

Fassadenrahmen, Fotos: ludloff + ludloff Architekten

Fassade in Bau

Glasfasergewebe, Foto: ludloff + ludloff Architekten

Foto: Jan Bitter

Fassadenrahmen
Foto: ludloff + ludloff Architekten

Fassadenrahmen in 2 Ebenen

Fotos: Jan Bitter

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