12.08.2009 Marion Dondelinger

Naturstein versus Aluminium- Urheberstreit in Leipzig

Beim Neubau am Universitätscampus der zweitältesten Universität Deutschlands kehrt keine Ruhe ein. Bei der Auseinandersetzung um die Dachgestaltung des Campus-Hauptgebäudes streiten der Freistaat Sachsen und der niederländische Architekt Erick van Egeraat, inwieweit die Ursprungsplanung eingehalten werden muss.
Seitdem der Rotterdamer van Egeraat 2004 mit seinem Entwurf den ersten Preis in einem internationalen eingeladenen Architekturwettbewerb gewonnen hat, gab es schon viele Querelen. Eines der neuen Gebäude, die Paulineraula, wird am Ort der der 1968 auf SED-Geheiß gesprengten Paulinerkirche errichtet. Eine Bürgerinitiative setze sich gegen den Neubau und für den originalgetreuen Wiederaufbau der Kirche ein. Die Rekonstruktion wurde heftig diskutiert und erst im Sommer 2007 begann der Bau der des inzwischen überarbeiteten Projektes des niederländischen Büros, das sich in drei Teile gliedert: das Hauptgebäude mit den repräsentativen Bereichen der Universität, Institutseinrichtungen und Administration, die Paulineraula - mit Giebelfassade und gotisierender Rosette als Reminiszenz an die ehemalige Universitätskirche - als multifunktionaler Raum für akademische Festakte, Gottesdienste, Konzerte und wissenschaftliche Konferenzen und den Audimax mit Platz für 790 Studenten.
Als van Egeraat im Januar dieses Jahres Insolvenz anmelden musste - aufgrund der Finanzkrise waren einige seiner Großprojekte gestoppt worden - wurden neue Probleme aufgeworfen. Um den Bau der Campusgebäude ohne Verzögerung weiterzuführen, beschloss man, mit van Egeraat ein Vertrag über die künstlerische Baubegleitung abzuschließen. Bisher ist die Einigung laut Volker Kylau, Sonderbauleiter des Staatlichen Immobilien- und Baumanagements (SIB), aber an den zu hohen Forderungen des Architekten gescheitert. Van Egeraat hingegen behauptet: „Bis heute habe ich vom SIB noch keinen Vertragsangebot bekommen, der meine bestehenden Rechte nicht einschränken würde.“
Mit der Auseinandersetzung um Dachgestaltung des Campus-Hauptgebäudes bekam der Streit eine neue Dimension. Van Egeraat hat in seinem Entwurf vorgesehen, für das Dach den gleichen Naturstein wie in der Fassade zu verwenden. Kylau und die seit dem 15. Mai mit dem Bau beauftragten Architekten Fischer und Werner plädieren indes für Alu-Lamellen. Die Entwurfsänderung begründen sie damit, dass die Lamellen ungleich billiger seien und auch der ohnehin belasteten Statik des Hauses entgegenkämen. Van Egeraat sagte dazu: „Dieses Gebäude ist ein Gesamtkunstwerk, das man baut oder eben nicht. Will man diesen Entwurf anpassen oder sogar verändern, und das auch im kleinsten Detail, muss ich gefragt werden. Ich bin dazu bereit, aber unter redlichen Bedingungen.“ In einem ersten Urteil im Mai gab das Landgericht dem Architekten recht, doch die SIB legte Einspruch ein. Letzte Woche ging der Streit in die zweite Runde.
Auf der Leipziger Baustelle wird in der Zwischenzeit die Dachunterkonstruktion so ausgelegt, dass beide Varianten der Eindeckung möglich sind und bis zur endgültigen Entscheidung keine Bauverzögerungen entstehen. Die Feier zum 600jährigen Bestehen der Leipziger Universität, die nach der geplanten Fertigstellung im Herbst dieses Jahres in der neuen Aula stattfinden sollte, muss wohl ins benachbarte Gewandhaus verlegt werden.
Urheberschutz
Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) schützt künstlerische und wissenschaftliche Werke. Dazu zählen literarische Texte oder musikalische Kompositionen ebenso, wie Entwürfe eines Architekten. Aber nur „herausragende Werke der Baukunst“, die sich von der „Alltagsarchitektur“ abheben sind geschützt.

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