PGE Arena Gdansk

Von Peter Popp und Emilia Margaretha Das Danziger Stadion steht im Fokus, wenn die Deutsche Elf im Viertelfinale der Fußball-EM gegen Griechenland antritt. Das Erscheinungsbild der neuen Arena wird gerne in Metaphern gehüllt, denn die golden schimmernde, lichtdurchlässige Kunststoffhülle will Bezüge schaffen zur baltischen Bernsteinküste und deren Schiffsbau-Tradition.  Architekten: RKW Rhode Kellermann Wawrowsky, in Zusammenarbeit mit RKW Polska und HPP Hentrich Petschnigg & Partner
Tragwerksplanung: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann, Frankfurt
Standort:
 ul. Pokolen Lechii Gdansk 1, PL–80560 Gdansk

Die PGE Arena in Danzig, genannt nach ihrem Sponsor, einer polnischen Elektrizitätsgesellschaft. Foto: RKW Architektur + Städtebau

Bauherr: Biuro Inwestycji Euro Gdansk 2012
Entwurf: RKW Rhode Kellermann Wawrowsky, in Zusammenarbeit mit RKW Polska und HPP Hentrich Petschnigg & Partner
Tragwerksplanung: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann, Frankfurt
Generalunternehmer: Alpine Bau, Hydrobudowa Polska

Bauzeit:
Dez 2008 bis 2011
Eröffnung: 14. August 2011
Baukosten: ca. 193 Mio. Euro Hauptnutzer: Lechia Gdansk
Sitzplätze: 44.000, VIP - Logen 40 Grundstücksgröße: ca. 34 ha
Bebaute Fläche: ca. 4,47 ha
Brutto-Geschossfläche: ca. 49 595 m²
Fassadenfläche gesamt: 52.700 m²
Gewicht Stahlkonstruktion: ca. 7.200 t
Dimensionen: 236 x 203 x 45 m

Foto: RKW Architektur + Städtebau

Wie Findlinge und Kiesel wurden die Flächen für weitere Nutzungen rund um das Stadion angeordnet. Investoren werden noch gesucht; Grafik: RKW Architektur + Städtebau

82 identische Viergurtbinder mit einem Achsabstand von 8,40 Metern bilden die primäre Tragkonstruktion des Stadions. Foto: RKW Architektur + Städtebau

Das räumliche Tragwerk ist mit seiner Filigranität und Transluzenz ein integraler Bestandteil des Entwurfs. Foto: RKW Architektur + Städtebau

Interessant ist die Frage, wie in einem Bauwerk aus tausenden Tonnen Stahl und Beton nachhaltige Maßnahmen umgesetzt werden können. In der PGE Arena wird die gesamte Regenentwässerung der gewaltigen Dachfläche in einer unter den Tribünen errichteten Zisterne gesammelt. Deren Fassungsvermögen von ca. 3. Mio Liter schont bei starken Regenfällen nicht nur die Leitungen der städtischen Entwässerung, sondern versorgt auch die Beregnungsanlage des Spielfeldrasens. Während der Fußballspiele speist die Zisterne die Spülung der Zuschauer-WCs.

Durch eine komplexe und fein justierte Regeltechnik werden technische Anlagen des Stadionbetriebs optimiert und untereinander abgestimmt. Die computergesteuerte Gebäudeautomation schaltet Anlagengruppen bedarfsgerecht an und ab und reduziert dadurch erheblich den Energieverbrauch. 
Beim neuen Stadion in Danzig verhalten sich die Träger und Platten der Dach- und Fassadenkonstruktion ebenso wie Spanten und Planken. Vom Massivbau der Tribünen entkoppelt, wird die primäre Tragkonstruktion aus 82 sichelförmigen Viergurtbindern mit einem Achsabstand von 8,40 Metern gebildet. Die Höhe der identischen Binder beträgt vom Fußpunkt bis zur Dachfläche rund 38 Meter, über die Sitzränge kragen sie etwa 50 Meter aus. Sowohl die Obergurte als auch die Untergurte sind mittels druck- und zugbelasteter Diagonalen miteinander verbunden. Bei vorgegebener Höhe und Auskragung wurden deren Öffnungswinkel parametrisch modelliert. Dies beschleunigte den Entwurfsprozess, verringerte den Stahlverbrauch und erhöhte zugleich die Wirtschaftlichkeit des Herstellungs- und Montageprozesses. Horizontale Druckringe in Kombination mit Verbänden im Dach sorgen für die nötige Aussteifung des Gesamtsystems.

Die Sichelträger erinnern an die Kräne des Werftgeländes und damit an Danzigs Bedeutung als Hafenstadt. Rendering: RKW Architektur + Städtebau

Der Innenraum wird von der Farbe olivgrün dominiert, denn nach der Europameisterschaft wird der in grünweiß spielende Verein Lechia Gdansk der Hauptnutzer des Stadions sein. Ein weiteres Merkmal sind die nach oben geschwungenen Oberränge an den Längs- und Kopfseiten des Stadions: ein willkommener Effekt, der sich aus der Geometrie von runder Hülle und rechteckig angeordneten Tribünen ergibt.

Sechs verschiedene Polycarbonat-Modulvarianten wurden bei der Fassadengestaltung eingesetzt. Die Polycarbonatplatten wurden mittels Aluklemmprofilen und Neoprendichtungen auf Stahlrohrpfetten montiert. Foto: RKW Architektur + Städtebau

Danzig befindet sich in Aufbruchstimmung. Das neue Stadion dient, wie bereits bei der Bewerbung Polens um die Fußball-EM, als Motor. Das Infrastrukturprojekt »Mlode Miasto – Young City« treibt die Restaurierung und Modernisierung des alten Hafengeländes voran mit dem Ziel, das Stadtleben näher an die Ostsee zu rücken. Die PGE Arena bildet den Bezugspunkt dieser urbanen und wirtschaftlichen Entwicklung. Sie liegt zwar außerhalb des Werftgeländes, besetzt aber die geographische Mitte zwischen Altstadt, Flughafen und Hafenbereich. Damit verknüpft sie die drei wichtigen urbanen Zentren und gibt die Richtung der zukünftigen Stadtentwicklung vor. Für den Stadionentwurf ließen sich RKW Architekten vom »Genius Loci« inspirieren. Form und Farbe des regional vorkommenden Bernsteins findet sich in der ebenmäßigen, in verschiedenen warmen Goldtönen schimmernden Außenhaut des Stadions ebenso wieder wie das traditionelle Handwerk der Schiffsbauer der Danziger Hanse. Die filigrane Gebäudehülle der 2011 fertig gestellten PGE Arena orientiert sich am Konstruktionsprinzip alter Holzschiffe, deren bauchiger Rumpf aus hölzernen Spanten gezimmert und anschließend beplankt wurde.

Foto: RKW Architektur + Städtebau

Die Gebäudehülle des neuen Stadions wurde aus tausenden von lichtdurchlässigen Polycarbonat-Platten zusammengesetzt. Sechs verschiedene Modulvarianten sorgen für optische Spannung und Abwechslung. Nach oben hin werden die Module zunehmend transparenter. Dieser Effekt verleiht der Arena Leichtigkeit und sorgt gleichzeitig für ausreichenden Sonnenlichteinfall auf dem Spielfeld.
Bei der Planung des Stadions für die Fußball-EM 2012 wurde auch an die spätere Hauptnutzung gedacht. Die Arena kann für große Events und Konzerte genutzt werden. Sollte der Verein Lechia Gdansk die 44.000 Plätze nicht füllen können, lässt man den Oberrang, also etwa die Hälfte der Plätze, ungenutzt und kann die dort anfallenden Betriebskosten sehr weit zurückfahren. Die Versorgungsleitungen können separat ausgeschaltet werden. Diese Lösung soll wirtschaftlicher sein als ein Rückbau oder eine rückbaufähige Konstruktion.
Eingerichtet wurde auch eine Inline Skating Bahn, 1715 m lang, die als Marathonstrecke um das Stadion führt. Die aufgeschüttete Esplanade dient dann als Zuschauertribüne. Derzeit wird südlich die neue Messe Danzig errichtet. Sie wird die Parkplätze, Konferenzräume und Cateringeinrichtungen des Stadions mitbenutzen.

Bei Nacht zeichnen sich die Tribünen hinter der Fassade ab. Foto: RKW Architektur + Städtebau

Promenade 1 der PGE Arena beinhaltet mehrere Kioske. Im nordlichen Teil ist das Vereinsmuseum untergebracht. Ein Fan-Shop und ein täglich geöffneter Fan-Pub haben hier ebenfalls Platz. Im westlichen Teil befinden sich die VIP Bereiche und ein Restaurant mit ca. 600 Plätzen. Dieser Bereich kann auch zu einem Konferenzraum umgewandelt werden. Weiterhin sind hier Ausstellungen oder andere Veranstaltungen rund um die Uhr möglich. Dank mobiler Wände stehen viele Varianten offen.

Promanade 2 beherbergt 20 VIP-Logen mit dazugehörigen Catering Bereichen. Hier wurden auch die Presseräume untergebracht.

Grundrisse: Promenade 1 und 2; Grafik: RKW Architektur + Städtebau

»Wettkampf – Architektur« – die Serie im Überblick: London 2012 – Infrastrukturgebäude
London 2012 – Aquatics Centre
London 2012 – Olympiastadion
London 2012 – Velodrom
London 2012 – Basketball Arena
London 2012 – Olympische Schießsportstätten
Stadia – Sport and Vision in Architecture (Ausstellung)
Olympiastadion in Kiew – im Gespräch mit Volkwin Marg
Effizienz als Leitmotiv – im Gespräch mit Knut Göppert
Neue Stadiondächer aus Membranwerkstoffen
PGE Arena in Danzig
Nationalarena in Bukarest
Nationalstadion in Warschau
Choreographie der Massen (Ausstellung)

Wettkampf – Architektur
London 2012 - Wie nachhaltig wird Olympia? 
London 2012 - Die Ökobilanz der Spiele
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