Phänomen »Fryscraper«

Beispiel für einen Fryscraper: Das »Walke-Talkie«-Gebäude in London mit gekrümmter Frontfassade (Foto: Bettina Sigmund)

Strahlungskonzentration als neue Herausforderung
Bereits in der Bauzeit trat beim Walkie-Talkie in der Londoner Fenchurch Street der besondere Effekt auf: Die konkav ausgebildete Glasfassade konzentrierte und reflektierte die Sonneneinstrahlung derart stark, dass im Brennpunkt Kunststoffteile an parkenden Autos schmolzen oder Spiegeleier gebraten werden konnten. Gegenüber gängigen Blendungsproblematiken ebener Glasfassaden oder Photovoltaik-Anlagen sorgt eine Kombination aus Fassadenkrümmung und -orientierung bei den neuen Formen für die hohe thermische Konzentration der Solarstrahlung. Zusätzlich unterstützt heute der vielfache Einsatz von stark reflektierenden Sonnenschutzgläsern den Effekt. Während es im Inneren der neuen Gebäude schön kühl bleibt, kann es im Außenraum bei einem ungünstigen Einstrahlungswinkel zu einer hochenergetischen Konzentration kommen. In untersuchten Fällen wurde auf angrenzenden Bauteilen bis zum Zehnfachen der normalen Solareinstrahlung (10.000 W/m2) mit Temperaturen von bis zu 200°C gemessen. Während es zum Thema Blendungen in Deutschland Anforderungskataloge gibt, existieren hinsichtlich von Solarkonzentrationen zumeist keine Regelungen. Lediglich wenige Staaten wie Singapur, Australien oder China haben vereinzelte Richtlinien eingeführt. Dabei führen die ungewollten Strahlungskonzentrationen zu großen Schäden und hohen Kosten. In London schaffte am Walkie-Talkie erst eine nachgerüstete Struktur aus Metallblenden auf der Südseite Abhilfe – die Kosten der aufwendigen Entspiegelung lagen jedoch bei einem hohen einstelligen Millionenbetrag. Analyseverfahren zur Bemessung und Bewertung kritischer Strahlenbündelung
An dieser Stelle setzt das neue Analyseverfahren des Fraunhofer IBP zur Bewertung potenziell kritischer Solarkonzentrationen an. Diese bilden sich in Form von Brennlinien und -flächen, sogenannten Kaustiken, aus, die sich dreidimensional im Raum abbilden. Folglich sind nicht nur Bodenflächen, sondern auch die Gebäudehüllen von bestehenden oder künftigen Nachbarbauten betroffen. Im Idealfall findet das Analyseverfahren bereits in der Planungsphase seine Anwendung, aber auch während der Bauphase oder am realisierten Gebäuden lassen sich aus den Ergebnissen Lösungsstrategien ableiten. Möglich macht das die Implementierung der vorliegenden digitalen Gebäudemodelle in ihre ebenfalls virtuell simulierte Umgebung. In definierten Zeitreihen werden im Anschluss Berechnungen zur Besonnung in Abhängigkeit von der geografischen Lage des Gebäudes durchgeführt. Die ermittelten Brennlinien und Brennflächen werden im Anschluss hinsichtlich der Einhaltung vorgegebener Grenzwerte untersucht. Werden diese Werte überschritten, werden automatisch die Störquellen, d.h. die entsprechend reflektierenden Fassadenbereiche, identifiziert, so dass eingehendere Untersuchungen des Strahlungswinkels und der Strahlungsintensität durchgeführt werden können. Auf Basis der Analyseergebnisse können dann Planungsvarianten und Gegenmaßnahmen – auch in Teilbereichen der Fassade – entwickelt und simuliert werden. Die Ergebnisse werden in Form von Filmen des Gebäudemodells mit Überblendungen der rechnerischen Analyseergebnisse, die die zeitliche Abfolge der Konzentrationsvorgänge zeigen, dargestellt. Angesichts der zunehmenden Fälle hoher Strahlungskonzentrationen durch gekrümmte Glasfassaden oder stark reflektierende Sonnenschutzgläser sowie einer nachträglichen kostenintensiven Entspiegelung, ist das Analyseverfahren des Fraunhofer IBP ein sinnvolles Werkzeug für Architekten, Ingenieure und Fassadenplaner, um bereits in der Planungsphase eine Qualitätssicherung hinsichtlich der Solarreflexion ihrer Entwürfe zu ermöglichen. Damit der Fryscraper wieder zum Skyscraper wird.
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