10.04.2014 Florian Köhler

Platzsparende Symbiose: Einfamilienhaus in Osaka

Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen: Im japanischen Itami bei Osaka sollten Yo Shimada und seine Kollegen von Tato Architects in einer Baulücke mit gerade einmal 60 m² Grundfläche ein komplettes Einfamilienhaus errichten. Erschwerend kam hinzu, dass die japanischen Baubehörden einen Mindestabstand von 50 cm zwischen Fassade und Grundstücksgrenze forderten. Architekten: Yo Shimada / Tato Architects, J–650-0002 Hyogo
Standort: Itami / Osaka, Japan

Foto: Koichi Torimura

Baulücke
Anstatt die maximal mögliche Grundfläche auszureizen, rückten die Architekten den Baukörper auf der Nordostseite um zusätzliche 40 cm ein. Auf diese Weise gewinnt das Haus einen Abstand von 90 cm zur Grundstücksgrenze und 140 cm zum Nachbargebäude. Der entstandene Korridor erlaubt einen Zugang zur Längsseite des Hauses. In deren Mitte befindet sich der Eingang in Form einer platzsparenden Schiebetür, welche schräg zur Hauswand verläuft und sich dem Korridor zur Straße zuwendet.

Lageplan, Grafik: Yo Shimada

Foto: Koichi Torimura

Foto: Koichi Torimura

Zusätzlich erlaubt der erweiterte Freiraum auf der Nordostseite Auskragungen in den Obergeschossen: Platzraubende Volumen wie Toilette und Kleiderschränke wurden in die nichttragende Wand eingerückt und wirken nun raumseitig wie »flache Möbel«. Auf der Außenseite strukturieren sie die Fassade.

Foto: Koichi Torimura

Raumhöhen
Der erhöhte Abstand zur Grundstücksgrenze ermöglichte zusammen mit der Abschrägung des Daches auf der Nordseite die maximale Gebäudehöhe von neun Metern. Die Raumhöhen der verschiedenen Bereiche des Hauses variieren von großzügigen 3,78 Metern im Esszimmer bis zu bescheidenen 1,85 Metern im Schlafzimmer. Obwohl letzteres Maß für Europäer etwas knapp bemessen scheint, soll man sich laut Architekt stets komfortabel zwischen den Ebenen bewegen können.

Isometrie, Grafik: Yo Shimada

Grundrisse, Grafik: Yo Shimada

Tragwerk
Durch die Lage des Baugrundstücks am Ende einer Sackgasse, gestaltete sich die Materialanlieferung schwierig. Die Entscheidung fiel auf einen Skelettbau aus möglichst leichten Materialien. Als Stützen und Träger dienten H-Profile, die mit  Rundstangen verspannt wurden. Wenige Millimeter starke Zugstäbe sorgen für die nötige Aussteifung. Dies führte zu einem geringen Stahlverbrauch. Die Gesamtherstellungskosten entsprechen denen eines Holzhauses.

Schnitt, Grafik: Yo Shimada

Architektur, Möbel und Treppen
Architektonische Elemente wie Treppen, Waschräume, Handläufe und Kleiderschränke wurden von Yo Shimada als gleichwertige »Möbel« behandelt. Formal und funktional sind sie perfekt auf die Architektur abgestimmt. Zusammen ergänzen sich in einer harmonischen Symbiose. Gleichzeitig schafft es der Architekt den Eindruck zu vermitteln, als seien sämtliche Möbel ganz zufällig platziert worden.

Foto: Koichi Torimura

Den Umgang mit Treppen in Gebäuden betrachtet der Architekt als essentiell wichtig, insbesondere in kleinen Häusern. Für ihn ist eine Treppe wesentlich mehr als bloßes raumverbindendes Element. Er möchte sie nicht verstecken, sondern so inszenieren dass sie das tägliche Raumerleben bereichert.

Foto: Koichi Torimura

Choreographie der Treppe
Hat man das Haus durch die Schiebetür betreten, steigt man in das "Treppenhaus-Möbel" und taucht in der ersten Etage direkt unter dem Esstisch wieder auf. Dabei blickt man auf eine große weiße Wand, auf die das starke Sonnenlicht des Südfenster fällt. Dreht man sich nach links, sieht man auf eine Wand, die ganz sanft vom Oberlicht der Nordseite des Hauses beleuchtet wird. Über einen kleinen Hocker geht es in den erhöhten Wohnbereich. Um in den zweiten Stock zu gelangen, führt der Weg zunächst auf das Sofa, dann über ein paar Schubladen einer Kommode und schließlich auf eine schlanke weiße Treppe.

Foto: Koichi Torimura

Mit jedem Schritt verändern sich die Lichtbedingungen, sowie die Richtung und die Größe des Raumes. Treppen bestimmen die Choreografie der räumlichen Erfahrung dieses kleinen, schmalen Hauses.
Grundstücksfläche: 59,16 m²
Bebaute Fläche: 34,95 m²
Wohnfläche: 95,79 m²
Planung: Juni 2010 - Oktober 2011
Bauzeit: Mai - September 2012
Weitere Projekte zum Thema »Treppen, Rampen, Aufzüge« lesen Sie in unserer aktuellen Ausgabe DETAIL 2014/4

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