Prüfumfang bei Baugenehmigungen

Der Verwaltungsgerichtshof Bayern hat sich am 1. Juli 2009 in einer grundsätzlichen Entscheidung zu den rechtlichen Konsequenzen des reduzierten Prüfumfanges im Baugenehmigungsverfahren geäußert und dabei der Ablehnung eines Bauantrages aus anderen Gründen eine eindeutige Absage erklärt. Die störende Werbeanlage Ein Bauantrag für eine Mega-Light-Wechselwerbeanlage wurde zunächst nicht beschieden. Die Behörde hatte Probleme mit der auf bahneigenem Gelände vor einer Brücke platzierten Werbeanlage. Benachbart war ein Friedhof. Die Bauherrin reagierte mit Untätigkeitsklage. Nun lehnte die Behörde den Bauantrag auch förmlich ab und verwies auf die fehlende Bahnverträglichkeit und die von der Außenwerbung ausgehenden Verunstaltung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes. Das VG München verneinte ein Sachbescheidungsinteresse der Klägerin und wies die Klage als unzulässig ab. Das Obergericht musste jetzt über die Berufung entscheiden und argumentierte wie folgt. Das eingeschränkte Prüfprogramm ist zwingend Nach Art. 68 BayBO ist die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Im Vereinfachten Verfahren prüft die Bauaufsichtsbehörde nur die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinn des Art. 81 Abs. 1, beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird. Der Bauherr hat einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, selbst wenn das Vorhaben bauordnungsrechtliche Mängel aufweist. Die Genehmigungsbehörde darf nicht von sich aus das gesetzlich vorgegebene Prüfprogramm erweitern. Ein Sachbescheidungsinteresse kann trotz gesetzlicher Verstöße gegeben sein Eine Genehmigung darf zwar versagt werden, wenn an sich ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung besteht, aber die Erlaubnis aus anderen Gründen gar nicht verwertet werden könnte. Es muss sich aber um Gründe handeln, die sich schlechthin nicht ausräumen lassen, z. B. die zivilrechtliche Verfügbarkeit über das Baugrundstück. Die angebliche Bahnunverträglichkeit wurde vom Obergericht nicht als ausreichende Begründung für eine Versagung akzeptiert bzw. verneint. Die BayBO erlaubt auch nicht eine Versagung eines Bauantrages aus Gründen, die an sich im vorgeschriebenen Verfahren nicht zu prüfen sind. Zwar muss jede bauliche Anlage insgesamt den öffentlichen-rechtlichen Vorschriften entsprechen, aber eine im Vereinfachten Verfahren zu erteilende Baugenehmigung deckt nur das Pflichtprogramm ab und bedeutet für nicht zu prüfende materielle Anforderungen kein Präjudiz. Die angesprochene Verunstaltung schien auch aus Sicht des Obergerichtes nicht so eindeutig vorzuliegen, wie es die beklagte Behörde im Verfahren dargestellt hatte. Der Behörde bleibt es aber auch unbenommen, zeitgleich mit einer erteilten Baugenehmigung (oder später) bauaufsichtlich tätig zu werden. Etwaige Streitigkeiten müssen dann eben in einem anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren entschieden werden. Die Berufung hatte deshalb Erfolg. Anmerkung Die Entscheidung ist dogmatisch nachvollziehbar, aber praxisfremd. Denn der Bauherr hat Anspruch auf eine Genehmigung für ein an sich rechtswidriges Vorhaben. Er muss also mit bauaufsichtlichen Maßnahmen rechnen, wenn er das Vorhaben wie genehmigt realisiert.
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