
© Foto: Jakob Schoof
Raum- und Zeitreisen: Die Highlights der Architekturbiennale (4)
Datum: 28. Mai - 27. November 2016
Ort: Venedig, Italien
Ort: Venedig, Italien
Venedig liegt am Wasser – diese Tatsache inspiriert Kuratoren, Architekten und Künstler immer wieder dazu, maritime Anspielungen in ihre Biennale-Installationen aufzunehmen. Mehrere Beispiele hierfür gibt es auch auf der diesjährigen Architekturbiennale zu sehen.
Byzanz, das heutige Istanbul, zählte im Mittelalter zu den wichtigsten Handelspartnern Venedigs. Und auch heute wieder zieht die wirtschaftlichen Beziehungen und Migrationsströme zwischen der Türkei und dem Rest Europas wieder viel Aufmerksamkeit auf sich. Der Biennale-Beitrag des Landes, so fremd und harmlos er anmuten mag, erhält dadurch einen hohen Aktualitätsbezug. Ausgestellt ist die Installation »Darzanà« in einem der sanierten Werftgebäude des Arsenale; hergestellt wurde sie in einer aufgelassenen Schiffswerft am Bosporus. Etwa 500 Stück Abfallmaterialien aus deren Fundus – von der Kabeltrommel bis zum Schiffskiel – hängen an Stahlseilen im Halbdunkel des Ausstellungsraums. Sie bilden ein farbenfrohes, 30 Meter langes und vier Tonnen schweres Fantasieschiff, das die Fährnisse der Seefahrt vergangener Tage ebenso in Erinnerung ruft wie die Bedeutung offener Grenzen für die Völkerverständigung. Nach Ende der Biennale wird die Installation zerlegt und soll zurück nach Istanbul reisen. Dort wird sie zum zentralen Element eines neuen Schifffahrtsmuseums werden.
Einen komplett anderen Zugang zur Schifffahrt sucht das Binnenland Serbien in seinem Pavillon in den Giardini. Die drei jungen Architekten Stefan Vasić, Ana Šulkić und Igor Sjeverac versetzen die Besucher in den Bauch eines imaginären, blau lackierten Schiffsrumpfes. Sonst enthält der Raum nichts, außer den Klängen einer Soundinstallation. Als »Gefäß für Ideen« bezeichnet der Architekturkritiker Hans Ibelings ihn in einem Essay. Seine Schöpfer wollen damit zur Reflexion über die Knebelung architektonischen Schaffens durch Vorschriften und Geldmangel einladen und dazu auffordern, zumindest geistig immer wieder zu neuen Ufern in der Architektur aufzubrechen.
Willkommene Abkühlung im australischen Pavillon
»Reporting from the Front« lautet das diesjährige Motto der Architekturbiennale. »Reporting from the Edge« ist der Titel der Ausstellungszeitung, in der die Australier ihren Biennale-Beitrag dokumentieren. Gezeigt wird die Installation in dem neuen, 2015 eingeweihten australischen Pavillon von Denton Corker Marshall. »From the Edge« hört sich avantgardistisch an, thematisiert aber ein in Australien alltägliches Architekturelement: den Swimmingpool. Er ist in »down under« nicht einfach Luxusgut, sondern sozialer Treffpunkt, Mittel der Körperhygiene in abgelegenen Aborigine-Siedlungen und Geburtsstätte zahlreicher olympischer Schwimm-Medaillen. Auf Videointerviews reflektieren Designer, Musiker, ein Umweltschützer und zwei Olympiasieger aus Australien die Bedeutung des Pools in ihrem Land. Diese lässt sich auch im Maßstab 1:1 nachempfinden: Ein knietiefes Wasserbecken im Raum und ein Panoramafenster mit Blick auf den vorbeiführenden Kanal laden zur Reflexion über die sehr unterschiedliche Bedeutung des Wassers in Australien und Venedig ein.
Nicht nur das Wasser, auch das Tageslicht ist zugleich wichtige Ressource und atmosphärisches Mittel beim Bauen. Die Energieplaner des Büros Transsolar und die Architektin Anja Thierfelder verdeutlichen dies in ihrer Installation in den abgedunkelten Sälen des Arsenale. Mit starken Scheinwerfern und Nebelwerfern suchen sie darin die Lichtatmosphäre zu erzeugen, die dereinst auch im neuen Louvre Abu Dhabi von Jean Nouvel entstehen soll. Im Atrium des Museums werden Sonnenlichtstrahlen durch Dachöffnungen einfallen. Weil die Wüstenluft in Abu Dhabi viel Staub enthält, sollen sie auch als solche (und nicht nur als Lichtflecken auf dem Boden) sichtbar werden. In Venedig kombiniert das Team Transsolar/Thierfelder diesen Lichteffekt mit Standleitern aus Holz – eine Anspielung darauf, dass vergleichbare Strahlenbündel im Englischen gelegentlich als »angel’s staircase« (Engelsleiter) bezeichnet werden.
Stimmungsvoll geht es auch beim Beitrag Singapurs zu. Unter dem Motto »Space to Imagine, Room for Everyone« kombiniert Kurator Wong Yunn Chi mehrere Themen miteinander: das Wohnen in der dicht bebauten Stadt, den Trend des Urban Gardening und die Aneignung einer aufgelassenen Bahnstrecke quer durch den Stadtstaat durch die Bürger Singapurs. So beschaulich die Installation mit ihren hinterleuchteten Glaslampions (die Fotografien von Wohninterieurs zeigen) auch wirken mag: Wirklich konfliktfrei geht es in keinem dieser drei Bereiche des städtischen Zusammenlebens zu.
Byzanz, das heutige Istanbul, zählte im Mittelalter zu den wichtigsten Handelspartnern Venedigs. Und auch heute wieder zieht die wirtschaftlichen Beziehungen und Migrationsströme zwischen der Türkei und dem Rest Europas wieder viel Aufmerksamkeit auf sich. Der Biennale-Beitrag des Landes, so fremd und harmlos er anmuten mag, erhält dadurch einen hohen Aktualitätsbezug. Ausgestellt ist die Installation »Darzanà« in einem der sanierten Werftgebäude des Arsenale; hergestellt wurde sie in einer aufgelassenen Schiffswerft am Bosporus. Etwa 500 Stück Abfallmaterialien aus deren Fundus – von der Kabeltrommel bis zum Schiffskiel – hängen an Stahlseilen im Halbdunkel des Ausstellungsraums. Sie bilden ein farbenfrohes, 30 Meter langes und vier Tonnen schweres Fantasieschiff, das die Fährnisse der Seefahrt vergangener Tage ebenso in Erinnerung ruft wie die Bedeutung offener Grenzen für die Völkerverständigung. Nach Ende der Biennale wird die Installation zerlegt und soll zurück nach Istanbul reisen. Dort wird sie zum zentralen Element eines neuen Schifffahrtsmuseums werden.
Einen komplett anderen Zugang zur Schifffahrt sucht das Binnenland Serbien in seinem Pavillon in den Giardini. Die drei jungen Architekten Stefan Vasić, Ana Šulkić und Igor Sjeverac versetzen die Besucher in den Bauch eines imaginären, blau lackierten Schiffsrumpfes. Sonst enthält der Raum nichts, außer den Klängen einer Soundinstallation. Als »Gefäß für Ideen« bezeichnet der Architekturkritiker Hans Ibelings ihn in einem Essay. Seine Schöpfer wollen damit zur Reflexion über die Knebelung architektonischen Schaffens durch Vorschriften und Geldmangel einladen und dazu auffordern, zumindest geistig immer wieder zu neuen Ufern in der Architektur aufzubrechen.
Willkommene Abkühlung im australischen Pavillon
»Reporting from the Front« lautet das diesjährige Motto der Architekturbiennale. »Reporting from the Edge« ist der Titel der Ausstellungszeitung, in der die Australier ihren Biennale-Beitrag dokumentieren. Gezeigt wird die Installation in dem neuen, 2015 eingeweihten australischen Pavillon von Denton Corker Marshall. »From the Edge« hört sich avantgardistisch an, thematisiert aber ein in Australien alltägliches Architekturelement: den Swimmingpool. Er ist in »down under« nicht einfach Luxusgut, sondern sozialer Treffpunkt, Mittel der Körperhygiene in abgelegenen Aborigine-Siedlungen und Geburtsstätte zahlreicher olympischer Schwimm-Medaillen. Auf Videointerviews reflektieren Designer, Musiker, ein Umweltschützer und zwei Olympiasieger aus Australien die Bedeutung des Pools in ihrem Land. Diese lässt sich auch im Maßstab 1:1 nachempfinden: Ein knietiefes Wasserbecken im Raum und ein Panoramafenster mit Blick auf den vorbeiführenden Kanal laden zur Reflexion über die sehr unterschiedliche Bedeutung des Wassers in Australien und Venedig ein.
Nicht nur das Wasser, auch das Tageslicht ist zugleich wichtige Ressource und atmosphärisches Mittel beim Bauen. Die Energieplaner des Büros Transsolar und die Architektin Anja Thierfelder verdeutlichen dies in ihrer Installation in den abgedunkelten Sälen des Arsenale. Mit starken Scheinwerfern und Nebelwerfern suchen sie darin die Lichtatmosphäre zu erzeugen, die dereinst auch im neuen Louvre Abu Dhabi von Jean Nouvel entstehen soll. Im Atrium des Museums werden Sonnenlichtstrahlen durch Dachöffnungen einfallen. Weil die Wüstenluft in Abu Dhabi viel Staub enthält, sollen sie auch als solche (und nicht nur als Lichtflecken auf dem Boden) sichtbar werden. In Venedig kombiniert das Team Transsolar/Thierfelder diesen Lichteffekt mit Standleitern aus Holz – eine Anspielung darauf, dass vergleichbare Strahlenbündel im Englischen gelegentlich als »angel’s staircase« (Engelsleiter) bezeichnet werden.
Stimmungsvoll geht es auch beim Beitrag Singapurs zu. Unter dem Motto »Space to Imagine, Room for Everyone« kombiniert Kurator Wong Yunn Chi mehrere Themen miteinander: das Wohnen in der dicht bebauten Stadt, den Trend des Urban Gardening und die Aneignung einer aufgelassenen Bahnstrecke quer durch den Stadtstaat durch die Bürger Singapurs. So beschaulich die Installation mit ihren hinterleuchteten Glaslampions (die Fotografien von Wohninterieurs zeigen) auch wirken mag: Wirklich konfliktfrei geht es in keinem dieser drei Bereiche des städtischen Zusammenlebens zu.