12.01.2016 Frank Kaltenbach

Sí / No: The Architecture of Urban-Think Tank

Foto: Frank Kaltenbach

Mit den spanischen Vokabeln für »Ja« und »nein«, die auch den Titel der Ausstellung bilden, fordern sie auf, Stellung zu aktuellen Fragen zu beziehen. Und das in einer Zeit, in der die Architektenschaft oft auf die Dienstleistung der Fassadendekoration reduziert wird. Geborgt ist diese Polarisierung von den Wahlkampfgraffitis auf Hauswänden in Caracas, wie auf den Fotos in der Mitte der Ausstellung zu sehen ist. Die Fragen stellen sich die beiden Architekten auch selbst im direkten Bezug zu ihren bisherigen Projekten und ausgeführten Bauten, die zu beiden Seiten der Mittelachse vorgestellt werden.

Viele der Projekte stammen noch aus der Zeit, als Alfredo Brillembourg und Hubert Klumpner an der Columbia University in New York lehrten und in Caracas als NGO Projekte entwickelt und gebaut haben: Mit dem Metro-Cable ist Urban-Think Tank weltbekannt geworden. Im Gegensatz zur wenig beachteten Seilbahn in Medellín, die einige Jahre zuvor eröffnet wurde, gelang es Urban-Think Tank durch Omnipräsenz in den internationalen Medien sowie durch globale Vernetzung und Teilnahme an den wichtigsten Symposien und Ausstellungen weltweit, das Thema »Slum« in der westlichen Welt »salonfähig« zu machen.

Für ihr Konzept des Gimnasio Vertical in den Barrios haben sie die Typologie einer Sporthalle neu interpretiert: Hoch über den Köpfen des Basketballspielfelds drehen Läufer ihre Runden. Hier hat Sport dazu beigetragen, die Kriminalitätsrate des Slumviertels zu senken. Und auch die Fava School für autistische Kinder, wo anstelle kosten- und wartungsintensiver Aufzüge Rampen um das Gebäude gelegt sind, erweist sich in der Praxis als großer Erfolg.

Seit ihrer Professur für Städtebau an der ETH Zürich kommen Aufträge in anderen Ländern hinzu. Einen eher spielerischen Ansatz verfolgen U-TT mit den luftigen Xarranca-Pavillons an der Uferpromenade von Barcelona in Form ehemaliger Fischerhütten mit recycelten Segeln als Sonnenschutzmembran. In Kapstadt entstehen gerade die »Empower Shacks«, zweigeschossige Minimalbehausungen mit Platz für Kleingewerbe im Erdgeschoss. Einige Bauten in Caracas blieben aufgrund der politisch instabilen Lage in Venezuela unvollendet. Das vielleicht wichtigste Projekt, die Fábrica de la Cultura, ein Konzertsaal mit Musikschule mitten im Slum Grotão in São Paolo, der inklusive Akustik seit Jahren durchgeplant ist, wartet noch auf den Baubeginn. Doch Urban-Think Tank wollen nicht nur bauen, sie sehen sich als Agitatoren gegen das Wegschauen, wollen uns mit den globalen Problemen der Urbanisierung konfrontieren – wie mit ihrem Biennale-Beitrag zum Torre David 2012: Caracas ist überall!

Wie ein spontaner Marktstand, irgendwo in Afrika, Asien oder Lateinamerika, ist die Ausstellung gestaltet mit bunten Stofftüchern, die über billige Abwasserrohre aus Kunststoff geworfen sind. Marktschreierisch plakativ sind auch die Projekte präsentiert, ebenfalls auf Tüchern lose aufgehängt, Zusatzinformationen wie Zeichnungen oder Diagramme lassen sich unter den überlappenden Stoffbahnen entdecken. Im Hauptgebäude der ETH Zürich konnte die Ausstellung nur drei Wochen lang gezeigt werden. So ist die für München adaptierte Version die erste große Gesamtschau von U-TT in einem Museum.

Im letzten Raum, der dämmrig abgedunkelt ist, tauchen die Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen von Architektur in Form von Comic-Sprechblasen an den mit schwarzer Tafelfarbe gestrichenen Wänden erneut auf: als Hintergrund von Modellen, Publikationen, Plakatwänden und Videos. Hier ist jeder Besucher aufgerufen, seine persönlichen Antworten mit Kreide zu verewigen. So fügt sich die externe Produktion nahtlos in das Konzept der bisherigen unter Direktor Andres Lepik im Architekturmuseum gezeigten Ausstellungen ein.
Programm:


12. Januar 2016, 19:00 Uhr
U-TT Lecture//Teddy Cruz and Fonna Forman (San Diego): The Cross Border Citizen

14. Januar 2016, 18:00 Uhr
U-TT Lecture//Justin McGuirk (London): Radical Cities 21. Januar 2016, 18:00 Uhr
U-TT Lectures//Daniel Schwartz (Zürich): City Symphony as Manifesto 28. Januar 2016, 18:00 Uhr
U-TT Lecture: Hubert Klumpner und Alfredo Brillembourg (Zürich)

U-TT, The Metrocable of San Agustín, Baruta Caracas, Venezuela, © U-TT, photo: Iwan Baan

U-TT, FAVA School for Autistic Children, Baruta Caracas, Venezuela, © U-TT, photo: Iwan Baan

U-TT, Xarranca Pavilion, Barcelona, Spain, © U-TT, photo: Daniel Schwartz/U-TT at ETH

U-TT, Empower Shack, Khayelitsha, Cape Town, South Africa, © U-TT, photo: Daniel Schwartz/U-TT at ETH

U-TT, Fábrica de Cultura: Grotão, Paraisópolis, São Paulo, Brazil, © U-TT, photo: U-TT at ETH

U-TT, Torre David, Caracas, Venezuela, © U-TT, photo: Iwan Baan

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