25.07.2014 Peter Popp

Spielerischer Dialog: Dorfhaus in Südtirol

Naturstein und unbehandeltes Kiefernholz: Die robusten Materialien des neuen Dorfzentrums fügen sich traditionsbewußt in die alpin geprägte Bebauungsstruktur der 3000-Einwohner-Gemeinde St. Martin in Südtirol. Bescheidene Anpassung steht dabei jedoch nicht im Fokus. Punktuell gesetzte Farbakzente und auffällige Maßstabswechsel sorgen für moderate Irritation und sensibilisieren für neue Formen des Miteinanders.
Architekt: Andreas Flora, Innsbruck
Standort: I-39010 St. Martin, Passeiertal, Südtirol

Der multifunktional nutzbare Bühnenraum öffnet sich direkt zum Dorfplatz. Foto: Benjamin Pfitscher

„Die Herausforderung des Projekts bestand in der Frage, wie sich zeitgenössische Architektur in einem gewachsenen inneralpinen Dorfkern artikulieren kann“.

Für das umfangreiche Raumprogramm findet der Innsbrucker Architekt Andreas Flora eine differenzierte Lösung, die den dörflichen Maßstab wahrt. Geschickt nutzt er die topografischen Gegebenheiten, um den Großteil des benötigten Volumens unterirdisch anzuordnen.

Foto: Benjamin Pfitscher

Lageplan, Grafik: Andreas Flora

Konzeptskizze Dorfzentrum, Grafik: Andreas Flora

Ansicht Ost, Grafik: Andreas Flora

Ansicht Süd, Grafik: Andreas Flora

Schnitt Bühnenraum, Grafik: Andreas Flora

Musikproberäume, Teeküchen, Umkleide- und sonstige Nebenräume, sowie die geforderte Tiefgarage verschwinden dezent unter der Erde und werden dort über präzise gesetzte Oberlichter mit natürlichem Tageslicht versorgt.

Oberlichter bringen Tageslicht ins Untergeschoss.
Fotos: Benjamin Pfitscher

Die Treppe ins Untergeschoss ist vielfältig nutzbar.

Grundriss Untergeschoss, Grafik: Andreas Flora

Grundriss Bühnengeschoss, Grafik: Andreas Flora

Grundriss Eingangsgeschoss, Grafik: Andreas Flora

Grundriss Dachgeschoss, Grafik: Andreas Flora

Am Dorfplatz tritt lediglich ein in Naturstein gemauerter Solitär in Erscheinung, der sich in die Satteldachtypologie einreiht und die Maßstäblichkeit der umliegenden, teils denkmalgeschützten Gebäude wahrt. Seine Andersartigkeit artikuliert das Dorfhaus über eine scharfkantig geschnittene Kubatur mit plastischen Einschnitten und großformatigen Öffnungen. Sie strahlen einladend in die unmittelbare Umgebung und bekunden den Willen zu Transparenz und Austausch.

Der Weg zum Dorfhaus, Foto: Benjamin Pfitscher

Eingang, Foto: Benjamin Pfitscher

Dorfplatz, Foto: Benjamin Pfitscher

Als zusätzliche Belebung des Platzes wurde ein Schankbereich für Feste und eine Terrasse für die angrenzende Bar vorgesehen. Foto: Benjamin Pfitscher

Auffälligstes Element und optischer Höhepunkt ist ein großformatiges Tor, das sich zum Dorfplatz hin vollständig öffnen lässt und im dahinterliegenden Bühnenraum einen witterungsunabhängigen Kulturbetrieb ermöglicht. Seine in den Dorfraum ausstrahlende Präsenz visualisiert das aktive Vereinsleben der Gemeinde auf angenehm klischeefreie Weise.

Foto: Benjamin Pfitscher

Die raumbildenden Materialien tragen zur ländlichen Verortung des Gebäudes bei: Wiederverwerteter Naturstein aus der Region, sowie unbehandeltes Zirbelholz bilden einen optisch dominierenden und somit gestalterisch mehrheitsfähigen Konsens. Auf diesem basisdemokratisch legitimierten Fundament ist der spielerische Einsatz „anti-rustikaler“ Möbelelemente selbstredend erlaubt – Ihre funktionale Ästhetik in leuchtenden Farben bringt einen Hauch skandinavisches Design ins heimelige Südtirol.

Teeküche im Untergeschoss, Foto: Benjamin Pfitscher

Blick aus der Teeküche in den gegenüberliegenden Orchesterraum, Foto: Benjamin Pfitscher

Besprechungsraum Dachgeschoss, Foto: Benjamin Pfitscher

Der Wille zum Miteinander wurde in einem mehrjährigen partizipativen Prozess zwischen Bevölkerung und Planern ausdauernd erprobt, mit dem Ziel den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Gemeinde zu stärken. Nicht die schlechteste Basis für breite Akzeptanz und die gelungene Verankerung eines über den Tellerrand blickenden Gebäudes im dörflich geprägten Kontext. Das Experiment eines raumgreifenden Dialogs über lokale Barrieren hinweg könnte gelingen: Mit dem Südtiroler Architekturpreis 2013 wurde der Neubau jedenfalls bereits ausgezeichnet. Bauherr: Gemeinde St. Martin in Passeier

Planer und Fachplaner: Gilbert Sommer, Wolfgang Hainz, Plan Werk Stadt, Hartmann & Gamper, Thermostudios Volumen: 9.500 m³, davon oberirdisch 1.500 m³ Fertigstellung: September 2013

Foyer im Bühnengeschoss, Foto: Benjamin Pfitscher

Orchesterraum, Foto: Benjamin Pfitscher

kleiner Proberaum, Foto: Benjamin Pfitscher

Foyermöbel im Bühnengeschoss, Fotos: Benjamin Pfitscher

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