17.12.2013 Peter Popp

Subtile Raumbildung: Schulhaus und Gemeindebibliothek in Dietlikon

Am Rande des alten Dorfkerns von Dietlikon im Kanton Zürich entstand ein langgestreckter Neubau für sechs Grundschulklassen und eine Gemeindebibliothek.  Er ergänzt damit zwei rechtwinklig zueinander angeordnete Schulhäuser aus den 1950er bzw. 1970er Jahren. Für besondere Ingenieursleistungen erhielt das Gebäude einen Sonderpreis bei den Arc-Awards 2013. Architekten: Baumberger & Stegmeier Architekten, Zürich
Standort: Dorfstrasse 2-6, CH-8305 Dietlikon

Ein leichter Knick im länglichen Baukörper trägt zu einer gelungenen Raumbildung bei. Foto: Roland Bernath

Ausführung: 2011-2013
Bausumme: 12 Mio. CHF

Architekten: Baumberger & Stegmeier Architekten
Projektteam:
Peter Baumberger, Karin Stegmeier, Stephanie Knerr (PL), Donatella Cugini Ponzo

Ingenieur: Timbatec GmbH A. Haag + Partner GmbH
Holzbau: Hector Egger Holzbau AG, Langenthal
Haustechnik:
Helbling Beratung + Bauplanung, AG Mosimann & Partner

Foto: Roland Bernath

Durch seine fein austarierte Platzierung auf dem Schulhausareal gelingt es dem Neubau die Räume geschickt aufzuteilen und neu zu definieren. Ein leichter, kaum merklicher Knick im länglichen Baukörper sorgt dafür, dass der neu entstandene Pausenhof im Zentrum der Anlage angenehm proportioniert und gefasst wirkt.

Lageplan, Grafik: Baumberger & Stegmeier Architekten

Am südlichen Ende des Baukörpers befindet sich der Zugang zur Gemeindebibliothek. Hier ragt der neue Baukörper gerade soweit in den städtischen Raum, dass sich die ebenfalls über zwei Geschosse reichende Bibliothek dezent ins Blickfeld schieben kann und trotzdem bleibt das Gebäude weit genug von der Straße entfernt, sodass ein kleiner Platz entstehen kann. Zusammen mit dem alten Dorfplatz im Norden des Schulhausareals werden nun öffentliche Räume mit unterschiedlichen Qualitäten angeboten. Die Bedeutung des Schulareals als öffentlicher Raum wird gestärkt. Durch seine Zweigeschossigkeit wahrt der Neubau die Maßstäblichkeit des Ortes.

zweigeschossig gedeckter Eingangsbereich, Foto: Roland Bernath

Im neuen Schuhaus wurden sechs Klassenräume untergebracht, zwei davon im Obergeschoss. Je zwei Schulzimmer werden von einem gemeinsamen Eingangsbereich erschlossen. Zusammen mit Gruppen- und Materialräumen, sowie einem  Lehrerzimmer und Sanitärbereich bilden sie eine räumliche Einheit. Über den zweigeschossig gedeckten Eingangsbereich gelangt man in die zwischengeschalteten und über die gesamte Raumtiefe reichenden Eingangshallen. Neben der Erschließung der Klassenräume und der Bereitstellung eines Garderobenbereichs funktionieren sie gleichzeitig als Aufenthaltsräume und gedeckter Außenbereich. Sie ermöglichen den direkten Zugang zum Garten, im Sommer können sie großzügig geöffnet werden.

Grundrisse, Grafik: Baumberger & Stegmeier Architekten

Schnitt, Grafik: Baumberger & Stegmeier Architekten

Blick vom Klassenzimmer in den Gruppenraum, Foto: Roland Bernath

Klassenzimmer mit Blickbeziehung, Foto: Roland Bernath

Das neue Schulhaus wurde als tragender Holzbau aus vorfabrizierten Holzelementen auf einem Betonsockel errichtet. Das aus Sandwichelementen bestehende Sparrendach liegt auf vier Pfetten auf, wovon die beiden mittleren von V-Stützen getragen werden. Eine besondere Herausforderung lag darin, die ambitionierte Gestaltung mit wirtschaftlichen und schallschutztechnischen Aspekten in Einklang zu bringen.

Isometrie, Grafik: Baumberger & Stegmeier Architekten

Elegante V-Stützen ermöglichen eine einheitlich gestaltete Deckenuntersicht. Foto: Roland Bernath

Das Gebäude ist im Minergiestandard ausgeführt und weist eine Wärmepumpenheizung auf, die über Erdsonden betrieben wird. Die Wärmeabgabe erfolgt über Radiatoren, die sich unter den Fenstern befinden. Außerdem verfügt der Neubau über eine kontrollierte mechanische Fensteröffnung mit drei Elementen pro Klassenzimmereinheit mit Gruppenraum.

Zwischengeschalteter Erschließungsbereich mit Garderobe, Foto: Roland Bernath

Die Statik war dabei besonders gefordert. Egal ob in der Bibliothek oder in den Klassenräumen, die Deckenuntersicht sollte überall einheitlich sein, die Holzkonstruktion im gesamten Haus sichtbar bleiben. Gleichzeitig musste die Decke auch als Absorber ausgebildet werden, um die hohen Anforderungen an die Raumakustik in Klassenzimmern zu erfüllen. Die Wahl fiel auf eine eng gerasterte Rippendecke mit dazwischen liegenden Akustikabsorbern. Für die konstruktiv durchdachte und gestalterisch ausgewogene Lösung wurde das Schulhaus in Dietikon bei den arc-awards 2013 mit einem Sonderpreis für die Ingenieursleistung in der Kategorie »Öffentliche  Bauten, Fürsorge- und Gesundheitsbauten Neubau« ausgezeichnet.

Detailschnitt, Grafik: Baumberger & Stegmeier Architekten

Leseplätze in der Bibliothek, Foto: Roland Bernath

Durch seine wohlproportionierte Kubatur und die Verwendung des ortsüblichen Baustoffes Holz fügt sich das Gebäude natlos in seine Umgebung ein und setzt doch ein markantes Zeichen: Die Fassade des neuen Schulgebäudes wurde mit vertikalen Holzlamellen verkleidet. Ihr Spiel mit offenen und geschossenen Elementen ermöglicht Durchblicke und Einblicke und verleiht ihr eine lichte Anmutung. Ein lichtgrauer, seidenglänzender Anstrich, verschiebt den Fokus vom materialbetonter Oberfläche in Richtung struktureller Abstraktion und bindet das Gebäude optisch mit den beiden vorhandenen Schulbauten zusammen. Mit der Schulhauserweiterung gewinnt die kleine Gemeinde Dietlikon ein raumstiftendes Gebäude, das souverän zwischen Tradition und Moderne balanciert. Seine konstruktive Finesse und gestalterische Zurückhaltung fallen angenehm auf. Peter Popp
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DETAIL 2014/1+2.
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