31.08.2012 Florian Maier

Unbekanntes Risiko – Asbest in Wohngebäuden

Der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (BVS) plädiert für eine gezielte Erhebung der Asbestbelastung in Wohngebäuden.

Meistens kommt es unerwartet: Im Zuge von Baumaßnahmen im Bestand stellt sich plötzlich heraus, dass das Gebäude mit Asbest belastet ist und Wohnungsinhaber wie Handwerker unwissentlich Schadstoffen ausgesetzt wurden. Die steigende Anzahl energetischer Sanierungen und der immer größere Anteil von Bauvorhaben im Bestand legen den Schluss nahe, dass sich solche Überraschungen häufen. Asbest kann außerdem eine Mietminderung oder Haftung von Hausverkäufern begründen.

Foto: Fersing / pixelio.de

Gezielte Erhebung
Um gesundheitlichen Beschwerden und  gerichtlichen Auseinandersetzungen vorzubeugen, spricht sich BVS-Präsident Roland R. Vogel für die Erstellung eines Berichtes aus, der speziell über die Asbestverwendung in Wohngebäuden aufklärt. Dies »wäre eine große Hilfe zur systematischen Sanierung und ein wichtiger Beitrag zur Gesundheitsvorsorge«, so Vogel.

Bis zum Ende der 1970er Jahre war die Anwendung von Asbest weit verbreitet. In den 70ern wurden in Deutschland pro Jahr 180.000 Tonnen Asbest verbraucht und in über 3.000 Produkten eingesetzt. Seit 1993 ist die Herstellung und Verwendung von Asbest in Deutschland verboten.

Im Gebäudebestand, der in den 70er Jahren errichtet oder modernisiert wurde, finden sich erfahrungsgemäß stets in irgendeiner Form asbesthaltige Produkte wie beispielsweise Asbestzement-Formteile (Rohre, Kanäle, Fensterbänke), Boden- und Wandfliesenbeläge samt Kleber, Leichtmörtelputzrohrdämmungen, Dichtungen und Brandschutztüren und -klappen.

Dipl.-Ing. Michael Mund, von der IHK Frankfurt am Main öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Asbestsanierung, meint: Solange es noch Gebäude aus dem Asbestverwendungszeitraum gibt, die nicht kernsaniert sind, werde das ein Thema bleiben. Die an sich unauffällige Verwendung sei dabei ein großes Problem.

»Neben asbesthaltigen Bodenbelägen und Wandfliesenklebern sind bei innen liegenden Bädern und Küchen fast immer Lüftungskanäle aus Asbestzement eingebaut. Wegen der heutigen Brandschutzanforderungen oder Änderungen an den Lüftungsanlagen werden dort häufig Arbeiten ausgeführt. Die dann von Handwerkern innerhalb der voll genutzten Wohnungen freigesetzten Asbestfasermengen dürften weit über dem liegen, was z. B. in einer Schulsporthalle bei üblicher Nutzung jemals freigesetzt werden kann. Erfahrungsgemäß ist dieses Problem entweder völlig unbekannt oder es wird ignoriert«, berichtet Mund.

Know-how der Baufirmen schwindet
Die Sensibilität für das Thema Asbest hat in den vergangenen Jahren nachgelassen, stellt der BVS fest. Auch das Know-how der Baufirmen sei in diesem Punkt zu hinterfragen. Besonders problematisch ist, wenn mit Asbestsanierung unerfahrene Baufirmen an asbesthaltige Bauteile geraten und ihre Arbeit trotzdem einfach fortsetzen.

Tatsache ist, dass einerseits durch den laufenden Generationenwechsel nach und nach ein Erfahrungsschatz verloren geht, der auch durch Informationsschriften kaum zu ersetzen ist - wie soll ein Berufsanfänger erkennen, dass die eben abgeschlagene Putzschicht auch Asbest enthalten kann? Andererseits tragen auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht eben dazu bei, bei einem Verdacht die Arbeiten vorsorglich erst einmal einzustellen, um die Gefahr zu beurteilen.

Laut einem aktuellen Bericht der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ist im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Todesfälle in Folge einer beruflichen Erkrankung von 2.486 auf 2.548 angestiegen. Die meisten davon gehen auf anorganische Stäube, in erster Linie Asbest, zurück.

Mietminderung, Verkäuferhaftung
Bei Asbestgefahr können Mieter das Recht zur Mietminderung haben. Laut einer Entscheidung des OLG Hamm aus dem Jahr 2002 soll dafür bereits eine latente, befürchtete Gefahr genügen, die den ungestörten Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt. Allerdings entscheiden die Gerichte jeweils Einzelfälle, so dass ein pauschales Recht auf Mietminderung daraus nicht abgeleitet werden kann.

Auch beim Hauskauf ist das Thema Asbest zu beachten. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Asbest einen offenbarungspflichtigen Sachmangel begründen kann, d. h. der Verkäufer muss den Kaufinteressenten auf Asbestverwendungen hinweisen.
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