Veränderungssperre bei verfahrensfreie Vorhaben

Der VGH Bayern hat in einer Entscheidung vom 09. September 2009 die Stilllegung einer eigentlich verfahrensfreien Mobilfunkanlage bestätigt, weil diese mit einer Veränderungssperre kollidierte.
Mobilfunk ja, aber nicht so und nicht dort
Geplant war eine Mobilfunkanlage auf dem Dach eines früheren Bahnhofsgebäudes. Die Betreiberin plante zunächst eine ca. 4,5 m hohe Antennenanlage. Das Baugrundstück lag aber im Geltungsbereich einer örtlichen Bauvorschrift. Diese verbot Antennenaufbauten mit mehr als einer Höhe von 2,5 m. Deshalb wurde für die eigentlich verfahrensfreie Mobilfunkanlage eine Abweichung beantragt. Gleichzeitig plante die Betreiberin um und begann mit der Errichtung einer nur noch 2,5 m hohen Antennenanlage. Die Gemeinde nahm jedoch diesen Fall zum Anlass sich für eine planungsrechtliche Steuerung von Mobilfunksendemasten zu entscheiden. Auf der Grundlage eines noch zu entwickelnden Standortkonzeptes sollte die Platzierung entsprechender Mobilfunkanlagen bei Gewährleistung eines guten Funkversorgungspegels kanalisiert werden. Dem Aufstellungsbeschluss folgte eine Veränderungssperre und prompt die Stilllegung der Baumaßnahmen. Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung war ein Eilantrag gerichtet, dem auch das VG München folgte, nicht aber das Obergericht.
Veränderungssperre kann auch noch nicht abgeschlossene Vorhaben betreffen
Das Obergericht wies darauf hin, dass Vertrauensschutz nur im Rahmen des § 14 Abs. 3 BauGB besteht. Demnach werden Vorhaben, die vor dem In-Kraft-Treten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem In-Kraft-Treten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung von der Veränderungssperre nicht berührt. Im vorliegenden Fall war die Antennenanlage weder genehmigt, noch fertig gestellt. Auch hatte es kein förmliches Anzeigeverfahren (Genehmigungsfreistellung) gegeben. Deshalb ging die Einrede des Vertrauensschutzes ins Leere.
Gemeinde darf unter bestimmten Voraussetzungen Mobilfunk planungsrechtlich steuern
Es bestand auch ein Sicherungsbedürfnis. Die Anlage war zwar genehmigungsfrei, aber bei mehrfacher Ausführung geeignet das Ortsbild zu tangieren. Damit handelte es sich ein bodenrechtlich relevantes Vorhaben i. S. d. § 29 BauGB. Die Anlage widersprach auch der Zielsetzung der beabsichtigten gemeindlichen Planung. Die war ausreichend konkretisiert und keine reine Negativplanung. Die Gemeinde darf grundsätzlich die Standorte von Mobilfunkanlagen steuern und in einem bestimmten Baugebiet (hier: allgemeines Wohngebiet) auch ausschließen. Wichtig war, dass die gesetzlich vorgesehene Versorgung mit Mobilfunk gewährleistet werden sollte. Deshalb bewertete das Obergericht die Planungsabsichten auch nicht als aussichtslos. Zur Sicherung der Planungshoheit der Gemeinde war somit die Stilllegung der noch nicht abgeschlossenen Bauarbeiten legal und diese Maßnahme durfte auch mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbunden werden. Der Schutz der Bauherrin in die bereits getätigten Investitionen und die Verzögerung der Inbetriebnahme der Anlage wurde dagegen als nachrangig eingestuft.

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