20.11.2013 Florian Maier

Vertikale Stadt: Hessischer Kulturpreis für Neubau der EZB

Die Europäische Zentralbank wird ihren neuen Sitz in Frankfurt am Main voraussichtlich im nächsten Jahr beziehen, gegenwärtig laufen noch die Bauarbeiten. Für Entwurf und Realisierung des Hochhauses zeichnete das Bundesland Hessen den Architekten Prof. Wolf D. Prix – Mitbegründer des Wiener Büros COOP HIMMELB(L)AU – am 1. November 2013 mit dem Hessischen Kulturpreis aus.

Foto: Europäische Zentralbank / Robert Metsch

Ausgangspunkt für den Entwurf der Türme waren städtebauliche Blickbeziehungen zur Frankfurter City mit der Alten Oper, dem Museumsufer und dem Bankenviertel. Der Doppelturm in polygonaler Form mit Ost-West-Orientierung verfügt über ein markantes Profil, das von allen wichtigen Standorten der Frankfurter Innenstadt wie auch vom Main aus sichtbar ist. Dank seiner Form und Präsenz wird der Doppelturm zu einem unverwechselbaren Fixpunkt der Frankfurter Skyline.

Städtebauliche Einbindung
Die Großmarkthalle im Frankfurter Ostend prägt Stadtsilhouette und Mainufer. Sie verbindet sich mit dem vertikalen Profil der EZB-Türme zu einem signifikanten Ensemble, das sowohl das lokale städtebauliche Umfeld als auch den stadträumlichen Gesamtkontext berücksichtigt. So entsteht ein Spannungsfeld zwischen dem Frankfurter Bankenviertel und dem Ostend. Durch die Konzentration der Funktionen in der Großmarkthalle kann der dem Main zugewandte südliche Teil des Grundstücks weitgehend von Bebauung freigehalten werden. Der prominente Blick vom Mainufer auf die Südseite der Halle mit dem weithin sichtbaren Profil des Hochhauses betont deren Sonderstellung.

Foto: Europäische Zentralbank / Robert Metsch

Architekturkonzept der Türme
Das Turmensemble ist das Ergebnis eines Entwurfsprozesses, an dessen Anfang der städtebauliche Bezug zur Frankfurter City stand. Durch die klare Ausrichtung auf die wichtigen städtebaulichen Sichtbeziehungen tritt das Ensemble in Dialog mit den wichtigen städtischen Bezugspunkten Frankfurts. Ausgehend von der ökonomischen Typologie eines Doppelscheibenhochhauses kombiniert ein zweiter Entwurfsschritt die städtebaulichen Festlegungen mit der geometrischen Transformation der Türme. Der dadurch generierte Baukörper ist vielgestaltigen, ohne die städtebauliche Präsenz aufzugeben.

Die „vertikale Stadt“
Das Atrium zwischen den Bürotürmen wird zu einer „vertikalen Stadt“. Durch Plattformen in luftiger Höhe schaffen die Architekten zwischen den Türmen Räume, Plätze und Verkehrsverbindungen, wie sie auch in einer Stadt vorkommen. Die Verbindungs- und Umsteigeebenen unterteilen das Atrium horizontal in drei Abschnitte mit unterschiedlichen Höhen von etwa 45 bis 60 Metern.

Diese Verbindungsplattformen, Stege, Rampen und Treppen vernetzen die Bürotürme. Sie schaffen kurze Wege zwischen den einzelnen Bürogeschossen und ermöglichen so größere, zusammenhängende Nutzungseinheiten auf einem oder mehreren Geschossen in beiden Türmen und fördern die informelle Kommunikation. Diese neue Typologie unterstützt eine dynamische Formentwicklung und ermöglicht differenzierte Büroräume mit verschiedenen Blickperspektiven.

Foto: Europäische Zentralbank / Robert Metsch

Die Großmarkthalle – das kommunikative Forum
Das vorhandene Potenzial der Großmarkthalle als ein „urbanes Foyer“ mit Konferenz- und Besucherzentrum, Bibliothek und Restaurant verstärkt der Entwurf durch einen in die Struktur der Großmarkthalle eingesetzten Baukörper für das Pressezentrum. Dieses schwebende Eingangsbauwerk, in dem in Zukunft die Pressekonferenzen der EZB stattfinden werden, nimmt sowohl inhaltlich als auch formal-räumlich eine Sonderstellung ein und markiert auf diese Weise den Eingang in die EZB.

Da der westliche Teil der Großmarkthalle nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg wieder rekonstruiert wurde und somit keine originale Bausubstanz – auch nicht konstruktiv – darstellt, schlugen Coop Himmelb(l)au  in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege in diesem Hallenteil die Zäsur für den neuen Eingang zur EZB vor.

Foto: Europäische Zentralbank / Robert Metsch

Haus-im-Haus-Konzept
Das in der Optimierungsphase vorgeschlagene Konzept, große Funktionsbereiche in die Großmarkthalle zu integrieren, wurde im Entwurf weiterentwickelt. Die erforderlichen neuen Nutzungen werden als unabhängige Baukörper in den geräumigen Innenraum der Halle hineingestellt („Haus-im-Haus-Konzept“). Die diagonal gestellten neuen Baukörper ermöglichen das Erleben der Halle entlang dynamischer Raumsequenzen, und zwar sowohl in den öffentlichen Bereichen im Erdgeschoss der Halle als auch auf den oberen Ebenen, die mit Konferenzräumen und Restaurant überwiegend den Mitarbeitern der EZB vorbehalten sind. Als sichtbares Zeichen für die Verschwenkung der neuen Funktionsbereiche in der Halle orientiert sich der Restaurantbaukörper mit den Gasträumen für das Mitarbeiterrestaurant und Terrasse großzügig nach Süden zum Main hin. Diese Strategie schafft einerseits einen repräsentativen Eingang zur EZB, andererseits die stadträumlich-funktionale Verbindung zum urbanen Nahbereich.

Rendering: ISOCHROM.com, Wien

„Mit dem Neubau der Europäischen Zentralbank schafft Coop Himmelb(l)au ein neues, modernes Wahrzeichen für Frankfurt“, begründete das elfköpfige Kuratorium des Hessischen Kulturpreises unter Regierungschef Volker Bouffier (CDU) die Auszeichnung für Prix. Bei der Ehrung im Planungsdezernat der Stadt Frankfurt sagte Bouffier über den Architekten: „Er ist ein Baumeister von Träumen.“

Der mit 45.000 Euro dotierte Preis wird aufgrund des Kabinettbeschlusses der Landesregierung Hessen seit 1982 jährlich für besondere Leistungen in den Bereichen Kunst, Wissenschaft und Kulturvermittlung verliehen.
Projektdaten

Planung: COOP HIMMELB(L)AU
Bauherr: European Central Bank (ECB), Frankfurt/M., Deutschland
Tragwerksplanung: B+G Ingenieure, Bollinger und Grohmann GmbH, Frankfurt/M., Deutschland

Grundstücksfläche: 120.000 m²
BGF: 185.000 m²

Gebäudedaten zum Hochhaus
Geschossfläche je Turm: 700 bis 1.200 m² variiert nach Form
Gebäudehöhe: 185 Meter – Höhe des Nordturms mit 45 Geschossen einschl. Technikgeschosse; 165 Meter – Höhe des Südturms mit 43 Geschossen; 220 Meter (einschl. Antennenmast)

Höhe der Einzelabschnitte
Innerhalb des Atriums: 45 bis 72 m Höhe
Breite des Atriums: 18 m
Aufzüge: 2 Lastenaufzüge, 5 Expresszüge, 9 Twinaufzüge, 2 Sonderaufzüge
Gründungspfähle: 97 Pfähle bis zu 37 Meter tief

Gebäudedaten zur Großmarkthalle
Hallenfläche: 220 m x 50 m = 11.000 m²
Höhe der Halle: bis zu 23,50 m im Scheitel der Betonschalen

Geschossfläche der Kopfbauten: 15 m x 65 m = 975 m²
Höhe der Kopfbauten: 32,50 m mit 8 Geschossen
Höhe des Eingangsbauwerk: 27,50 m

Chronologie
Wettbewerb: Phase 1: 2003, Phase 2: 2003-2004, Revision Phase: 2004, Überarbeitungsphase: 2005
Planungsbeginn: 2005
Vorgezogene Baumaßnahmen: 2008
Hauptbaumaßnahmen: 2010
Geplante Eröffnung: 2014
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