04.08.2009 Peter Popp

Visuelle Wahrnehmung


»Unser Sehsystem ist primär zur Erfassung von Bewegungsabläufen ausgelegt. Bewegungslose Zustände kommen in der Natur relativ selten vor und sind für die beutejagenden Lebewesen, mit denen wir die Prinzipien der Bildverarbeitung gemeinsam haben, nicht weiter interessant. Unser Kopf ist ferner ständig in Bewegung und auch unsere Augäpfel drehen sich unaufhaltsam. Es ist deshalb kein Wunder, dass wir in statischen Bildern oft kleine Bewegungen zu erkennen meinen, welche mit den Kopf- und Augapfelbewegungen, der unterschiedlichen Datenverarbeitung im zentralen und im peripheren Teil der Netzhaut sowie mit dem Mechanismus der Bewegungssensoren im primären visuellen Cortex zu erklären sind.«
aus: Visuelle Wahrnehmung, Jürg Nänni, Niggli Verlag, Zürich 2008



»Einer der Meister der Bewegungsillusionen ist Akiyoshi Kitaoka. Der japanische Professor erfindet am laufenden Band neue Varianten mit Bewegungstäuschungen ähnlichen Prinzips: Periodisch vorkommende Wechsel zwischen dunklen und hellen Bildelementen sind Reizmuster für unsere Bewegungsmelder. Aufgrund der Vielzahl der Elemente ist eine Bildkomprimierung erforderlich, um das Räderwerk schnell erkennen zu können. Die Farben sind hierbei nicht von Bedeutung. Der »Wo-Kanal« ist beinahe farbenblind. Die Helligkeitsgradienten und ihre Ausrichtung sind hingegen entscheidend. Die hellen Stellen benötigen eine etwas längere Verarbeitungszeit. Bei Gelb und Weiß ist diese etwas länger als bei Dunkelblau und Schwarz. Bei der Bildsynchronisierung entstehen - kurz gesagt - Phasenverschiebungen, welche die scheinbaren Drehbewegungen von Schwarz über Blau nach Weiß und Gelb auslösen. Sobald Sie ein bestimmtes Rad fixieren, steht es still.«
aus: Visuelle Wahrnehmung, Jürg Nänni, Niggli Verlag, Zürich 2008

Foto: Akiyoshi Kitaoka


Fazit:
Dem großformatigen Bildband »Visuelle Wahrnehmung« gelingt eine eindrucksvolle Analyse der Wirkungsweisen neurologischer Prozesse. Zahlreiche Bild- und Stereo-Experimente werden ausführlich erklärt und laden den Leser dazu ein, sich auf eine Entdeckungsreise in die Welt der visuellen Phänomene zu begeben. Damit eröffnet das Buch zahllose Perspektiven im Bereich kreativen Arbeitens.

Jürg Nänni, Niggli Verlag, Zürich 2008, ISBN 978-3-7212-0618-0, gebunden, 244 Seiten,
über 300 Abbildungen, mit CD-ROM und Stereobrille, deutsch/englisch, ? 49,–

Die Reise geht weiter! Hier finden Sie zahllose faszinierende Sehexperimente:

Foto: Akiyoshi Kitaoka

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