30.05.2016 Bettina Sigmund

Wasserinfrastruktur der Zukunft

(Rendering: Fraunhofer ISI)

Kommunale Wasserinfrastrukturen – zum Beispiel Leitungen, Rohre, Kanäle oder Wasserspeicher – sind starre Systeme, die in Sanierungszyklen von bis zu 70 Jahren erneuert werden. Im Gegensatz zu Bädern in Mietwohnungen, die alle 30 Jahre ausgetauscht werden, ist dies ein sehr langer Zyklus, der mehrere Technologieetappen überdauert. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI entwickelte im Verbundprojekt »Transitionswege Wasserinfrastruktursysteme TWIST++« das integrierte WasserEnergieTransitionskonzept i.WET. Das Konzept zeigt anhand realer Szenarien, wie eine moderne und intelligente Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im städtischen Raum Schritt für Schritt im Bestand umgesetzt werden kann. Es berücksichtigt dabei die Sanierungszyklen bestehender Systeme, kann flexibel modular umgesetzt werden und kombiniert neue Wasser- und Abwassertechnologien auf intelligente Weise. i.WET enthält Lösungen für die drei großen Herausforderungen der Wasserinfrastruktur in Deutschland: den demographischen Wandel, den Klimawandel und die Energiewende. Energieallee als grüne Wasseraufbereitung
In der Stadt Lünen sollen die Ergebnisse in den nächsten drei Jahren in einem Pilotprojekt umgesetzt werden. Eine Wohnungsbaugesellschaft wird dort getrennte Leitungen für Grau- und Schwarzwasser in den Gebäuden des Modellquartiers einbauen. i.WET sieht dabei einzelne Maßnahmen für Gebäude, Kanalsystem und Kläranlage vor. Entscheidender Punkt ist die Trennung von weniger und stark belastetem Abwasser bereits im Haushalt (Grau-/Schwarzwasser). Die Forscher wollen dafür eigene Leitungen für das Wasser aus Dusche und Waschbecken einerseits, und den Rest des Abwassers aus Toilette, Wasch- und Spulmaschine andererseits, in Gebäude einbauen. Etwa 110 Liter Wasser verbraucht jeder Deutsche pro Tag im Haushalt. »Bis zur Hälfte dieses Wassers wird zum Duschen und Baden verbraucht. Dieses Wasser ist gut geeignet zur Wiederverwertung – zum Beispiel für die Toilettenspülung«, beschreibt Dr.-Ing. Thomas Hillenbrand, Wissenschaftler am Fraunhofer ISI, das Verfahren. Das Wasser, das nicht im Haushalt wiederverwertet wird, fließt in eine sogenannte »Energieallee« – einem Grünstreifen mit feuchtigkeitsliebenden Pflanzen. Sie stehen mit den Wurzeln im Wasser, nehmen restliche Nährstoffe auf und haben optimale Wachstumsbedingungen. »Es entsteht Biomasse, die Städte werden grüner und die Überflutungsgefahr wird reduziert – durch die Wasserspeicher unter den Pflanzen. Ein Quadratmeter pro Einwohner reicht aus. Langfristig ist so ein System günstiger als das heutige Standardkanalsystem«, sind die Wissenschaftler überzeugt. Die Kanäle wollen die Wissenschaftler anfangs durch regelmäßige Schwallspülungen mit Restwasser der Haushalte und langfristig mit einer Unterdruckentwässerung betriebsfähig halten. Die Kläranlage erreicht dann nur noch sehr konzentriertes Abwasser. Es läuft direkt zur Methangewinnung in die Faulung. So kann der Energieaufwand für die Behandlung reduziert werden. »Der Energiegewinn ist deutlich. Außerdem können wir Stickstoff und Phosphor zurückgewinnen«, erläutert Hillenbrand. TWIST++: »Das Spiel«
Das erste Serious Game zur Planung, Kommunikation und Dokumentation von Wasserinfrastrukturvorhaben bringt Ingenieure, Entscheider und Anwohner an einen Tisch. Eine Auseinandersetzung mit den bestehenden Systemen ist dringend nötig - denn auch diese müssen für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet werden. Es gilt, bei Entscheidern, Fachleuten und Bürgern ein Bewusstsein für die Möglichkeiten innovativer und integrierter Konzepte zu schaffen, sei es bei der Planung des Umbaus oder einer Erneuerung vorhandener Anlagen. Denn wenn alle Akteure ein grundlegendes Verständnis der technischen Lösungswege teilen, kann die gegenwärtige Wasserinfrastruktur erfolgreich nachhaltig werden. Das Verbundvorhaben TWIST++ (Transitionswege WasserInfraStruktursysteme) stellt sich diesem sensiblen Thema mit der Entwicklung des ersten Planungs- und Simulationsspiels zur Wasserwirtschaft. Das Simulationsspiel ist live an die Planungssoftware der Ingenieure angeschlossen, übernimmt von dort die realen Planungsdaten und visualisiert sie verständlich in der Spieloberfläche. Entscheider und Bürger spielen "ihr Dorf" oder "ihre Stadt": Hier können sie die Integration von neuartigen Sanitär-Systemen (NASS) ausprobieren und die verschiedenen Lösungen für die Zukunft kennenlernen. Dabei bietet die Spielwelt Interessierten und Experten valide Handlungsoptionen und eine multikriterielle Bewertung von Lösungen. Verschiedene technische Teilkomponenten wie die Energie- und Nährstoffrückgewinnung, selbstreinigende Trinkwasser-Teilnetze, sowie Ansätze zur Integration von Indirekteinleitern und Löschwasserbereitstellung sind integrierte Spielelemente. Auch einige der Richtlinien und Anforderungen der VDI 7001 »Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung bei Planung und Bau von Infrastrukturprojekten«, konnten mit dem Spiel bereits umgesetzt werden. Allen Experten ermöglichte diese intensive Datenaufbereitung in Spielform eine weitere, detaillierte Evaluation der Projektinhalte. Das Spiel ist eine neue Form der Wissens-Kommunikation und der Dokumentation von Forschungsergebnissen und ihrem komplexen Zusammenspiel.
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