11.08.2009 Marion Dondelinger

Wiener Werkbundsiedlung in Not

Das 1930-32 entstandene Ensemble befindet sich in einem bedauernswerten Zustand. 25 Jahre nach ihrer letzten Sanierung ist die denkmalgeschützte Siedlung erneut vom Verfall bedroht. Die von der Stadt Wien ursprünglich für 2006 angesetzte Sanierung wird immer wieder verschoben.

Die Wiener Werkbundsiedlung befindet sich in einem bedauernswerten Zustand. 25 Jahre nach ihrer letzten Sanierung ist denkmalgeschützte Siedlung erneut vom Verfall bedroht. Die von der Stadt Wien ursprünglich für 2006 angesetzte Sanierung wird immer wieder verschoben.

Nach Außen sichtbare Schäden wie abblätternde Farbe und bröckelnder Putz zeigen nur die Spitze des Eisbergs. Die 1930–1932 errichtete Werkbundsiedlung ist in ihrer Gesamtheit renovierungsbedürftig, denn im Laufe der Jahre sind Schäden entstanden, die die Substanz der Häuser massiv bedrohen. Doch aufgrund der hohen Kosten einer denkmalgerechten Sanierung und der Komplexität der Aufgabe, so die Verantwortlichen der Stadt, verzögern sich die Maßnahmen. So zerfällt Siedlung, die den Zweiten Weltkrieg beinahe unbeschadet überstand, langsam.

Im Unterschied zur Stuttgarter Weißenhofsiedlung von 1927 wurde der Schwerpunkt bei der Wiener Werkbundsiedlung nicht auf neueste Baumethoden oder einen neuen Baustil gelegt. Anlässlich der Ausstellung des Wiener Werkbundes 1932 hatte Josef Frank 32 Architekten eingeladen, mit einfachen Mitteln Modelle für eine humane Wohnkultur auf kleinstem Raum zu schaffen. In Wien sollte eine Mustersiedlung für einfaches Bauen mit neuen funktionellen Ansprüchen entstehen.

Die beteiligten Architekten entwarfen insgesamt 33 Haustypen, denen die besondere Verbindung von Innen und Außen gemeinsam ist. Zu den bemerkenswertesten Beiträgen gehören die Doppelhäuser von Adolf Loos, die Reihenhäuser von Gerrit Rietveld und das Einzelhaus von Richard Neutra. Frank, dessen Bau das Herzstück der Siedlung bildet, platzierte gleichartige Häuser gruppenweise oder stellte die stilistisch nicht einzuordnenden Häuser zueinander. Trotz der individuellen Planungen entstand so eine Siedlung von architektonischer Klarheit.

Nach ihrer Fertigstellung 1932 besichtigten rund 100.000 Besucher die Siedlungshäuser mit ihren Mustereinrichtungen. Der anschließende Verkauf lief aber verhalten, lediglich 14 Häuser wurden verkauft. Der Rest wurde von der Gemeinde Wien übernommen. So standen schon in den ersten Jahren der Siedlung viele Häuser leer und verfielen. Nach einer ersten Sanierung ohne Rücksichtnahme auf die Originalsubstanz 1938, beschloss die Gemeinde Wien Anfang der 80er anlässlich des 50. Geburtstags der Siedlung eine erneute Sanierung.

Seitdem wurden nur kleine Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Die Bausubstanz ist erneut in einem desolaten Zustand. Ausgerechnet die rechtspopulistische FPÖ hat es sich jetzt zur Aufgabe gemacht, die Siedlung zu retten. "Es ist eine Schande für die Stadt Wien, dieses einzigartige Ensemble sich selbst zu überlassen.", so Gemeinderätin Henriette Frank, Architektursprecherin der FPÖ-Wien. Ihr Vorschlag, Teile des denkmalgeschützten Ensembles als Museum, Veranstaltungszentrum und Pension für Interessierte zu verwenden sowie eine gesamte Thermosanierung durchzuführen, klingen noch nicht sehr ausgereift. Positiver Nebeneffekt ihrer Äußerungen ist aber, dass der Zerfall des einmaligen Architektur-Freilichtmuseums - was die Siedlung auch wirklich ist - wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt wird.


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