07.10.2021 Jakob Schoof

Industriekathedrale: Thomas-Glaswerk von Walter Gropius in Amberg (1971)

Von den Großmeistern der Moderne hat Walter Gropius sicher das qualitativ heterogenste Werk hinterlassen. Zu Meisterleistungen wie dem Fagus-Werk in Alfeld (1911) und dem Bauhausgebäude in Dessau (1926) gesellt sich auch viel Mittelmaß – vor allem im Städtebau, wo Gropius die reine Lehre des Zeilenbaus meist wichtiger war als funktionierende Stadträume.

Achitektonisches Ausrufezeichen
Mit dem Thomas-Glaswerk in Amberg setzte Gropius in seinen letzten Lebensjahren nochmals ein architektonisches Ausrufezeichen. Auftraggeberin war die Rosenthal AG, für die der Bauhaus-Gründer und sein Büro The Architects‘ Collaborative (TAC) drei Jahre zuvor eine Porzellanfabrik in Selb fertiggestellt hatten. Wie viel Gropius indes wirklich in dem Amberger Hallenbau stecken, ist fraglich: Der damalige Harvard-Professor hatte TAC Ende 1945 gemeinsam mit mehreren gleichberechtigten Partnern gegründet und war in den Folgejahren vor allem damit beschäftigt, auf Akquisetour zu gehen und Ehrungen für sein Lebenswerk entgegen zu nehmen.

Glaskathedrale mit Kaminwirkung
Nach seiner Fertigstellung 1970 – ein Jahr nach Gropius‘ Tod – wurde der Neubau im Volksmund bald als Glaskathedrale bekannt.  Gemünzt war das vor allem auf den 20 m hohen und rund 100 m langen Innenraum, der eine Kaminwirkung über den Glasöfen erzeugen sollte. Denn wenngleich die Glasherstellung in den 1960er-Jahren längst automatisiert war, ging sie immer noch mit einer erheblichen Hitzeproduktion einher.

Das von paarweise angeordneten Stahlbetonträgern in 9 m Abstand getragene, aus lamellenartig angeordneten Spannbetonplatten gefügte Dach ist mehr als nur eine „fünfte Fassade“. Es gibt dem in einer Bodensenke am Ortsrand gelegenen Gebäude seinen Wiedererkennungswert. Von den Fassaden eins bis vier sind eigentlich nur die verglasten Giebelfronten erwähnenswert. Rings umgeben ist der große Hallenbau von eingeschossigen Seitentrakten mit Flachdach, die halb in künstlich aufgeschütteten Böschungen verschwinden. Statisch handelt es sich bei den Dachbindern um an den Fußpunkten eingespannte Rahmen mit einem einzigen Gelenk am Dachfirst.

In der Glaskathedrale, die heute als Kristall-Glasfabrik Amberg bekannt ist, wird nach wie vor produziert. Besichtigungen sind im Rahmen von Führungen möglich. Mehr dazu auf der Homepage des Stadtmuseums Amberg.

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DETAIL 01/1971

DETAIL 01/1971

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