07.05.2019 Bettina Sigmund

Mehr.WERT.Pavillon aus Recycling-Materialien

Der Mehr.WERT.Pavillon aus Sekundär-Rohstoffen (Foto: Jakob Schoof)

Wie sich vorhandene Rohstoffe nachhaltig in das Bauwesen einbinden lassen, zeigt ein Pavillon, der als  Gemeinschaftsprojekt von Studierenden des KIT und den Fachgebieten Nachhaltiges Bauen (Professor Dirk E. Hebel), Tragkonstruktion (Professor Matthias Pfeifer) und Bautechnologie (Professorin Rosemarie Wagner) entstanden ist. Der Pavillon ist Teil des Mehr.WERT.Gartens, eines gemeinsamen Projektes des baden-württembergischen Umweltministeriums und der Entsorgungsbetriebe der Stadt Heilbronn, und steht – selbst vollständig aus wiederverwendeten und -verwerteten Materialien entworfen und realisiert – symbolisch für die Notwendigkeit, recycelte Ressourcen nicht länger als Müll zu betrachten, sondern deren Potenzial zu nutzen. Den Initiatoren geht es darum, einen Paradigmenwechsel, wie wir mit unseren Ressourcen wirtschaften, voranzutreiben. Das aktuell vorherrschende, sogenannte lineare Wirtschaftsmodell der Massenproduktion und des Massenkonsums, bzw. der Wegwerfwirtschaft, muss sich ändern, hin zu einer Kreislaufwirtschaft aus geschlossenen und reinen Stoffkreisläufen. Der Mehr.WERT.Pavilion ist das Herzstück einer Ausstellung über lokale und globale Ressourcennutzung und alternativen Materialien und deren Anwendungen.

Bauwerk aus Sekundär-Rohstoffen
Alle im Pavillon verwendeten Materialien haben bereits im Sinne von „Urban Mining“ mindestens einen Lebenszyklus – entweder in derselben oder in anderer Form – durchlaufen. Weiterhin sind sie nach dem Rückbau des Pavillons wiederum komplett trennbar  und verbleiben im Stoffkreislauf. Es kommen keinerlei Klebstoffe, Schäume, Anstriche oder sonstigen Imprägnierungen zum Einsatz, so dass der Pavillon selbst als Materialdepot fungiert, das am Ende der Ausstellung für zukünftige Konstruktionen wieder verfügbar sein wird. Alle Materialien werden so verbaut, dass sie nach dem Rückbau wieder vollständig und sortenrein in die Materialkreisläufe zur Wiederverwendung, zum Recycling oder zum biologischen Abbau überführt werden können.

Konzeptionell liegt dem Projekt dabei eine stoffliche Schichtung zugrunde: Die tragende Struktur ist komplett aus Stahl gefertigt, der größtenteils aus einem zurückgebauten Kohlekraftwerk in Nordrhein-Westfalen stammt. Neben einer genauen Sichtprüfung zur Feststellung möglicher Beschädigungen der Elemente wurde der Stahl am Fachgebiet für Nachhaltiges Bauen in Kooperation mit der Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine am KIT auf seine Zugfestigkeit, Elastizität, Widerstandsfähigkeit und chemische Zusammensetzung untersucht. Die Fassade besteht aus wiederverwertetem Glas, das zu zwei verschiedenen Baustoffen weiterverarbeitet wurde: Zum einen zu Glaskeramik aus geschmolzenem transparentem, weißem oder grünem Flaschenglas; zum anderen zu Schaumglas, einem leichten, aber stabilen Dämmmaterial. Der Boden im Garten und unter dem Pavillon kombiniert verschiedene mineralische Materialien: Beton- und Ziegelbruch in verschiedenen Körnungen, Porzellanbruch, direkt wiederverwendete Klinkersteine und Backsteine aus mineralischem Bauschutt. Möbel und Einbauten sind aus diversen Kunststoffmaterialien hergestellt. Für den Tresen verwendeten die Planer recycelte Textilfasern aus weißer Baumwolle und Jeansstoffen, Die Arbeitsplatte besteht aus wiederverwerteten Küchen-Schneidebrettern. Die Hocker und Stühle wurden dreidimensional aus Kunststoff-Hausabfällen gedruckt.

Ziel des Mehr.WERT.Pavillons ist es zu beweisen, dass es bereits heute möglich ist, nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft zu entwerfen, zu detaillieren und zu konstruieren.

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