14.03.2019 Sabina Strambu

Neue Einblicke: LED-Lichttechnik für den Petersdom im Vatikan

Foto: Sabina Strambu

Selbst wenn Sankt Peter im Vatikan seit 1990 nicht mehr als größte Kirche der Welt gilt, – in Yamoussoukro, Elfenbeinküste, übertrifft der Neubau einer am Petersdom orientierten, römisch-katholischen Kirche das berühmte Vorbild in seinen Ausmaßen – so ist das Werk zahlreicher Meister des Barock und der Hochrenaissance nicht nur aufgrund seiner Funktion als eine von sechs päpstlichen Basilicae maiores von großer Bedeutung. Noch bis Ende vergangenen Jahres ließ sich die prunkvolle Innenausstattung mithilfe von Gasentladungslampen betrachten. Nun sind es mehr als 780 LED-Spezialleuchten, die für eine gleichmäßige Ausleuchtung, höhere Spektralqualität und erheblich geringeren Energieverbrauch im Petersdom sorgen.

Neu erlebbare Architektur
»Vorher konnte man die Schönheit der Architektur im Petersdom nur erhaschen, heute kann man sie perfekt lesen«. Mit lobenden Worten ging anlässlich der offiziellen Einweihung Kardinal Angelo Comastri, seit 2005 Leiter der Dombauhütte, auf die »ausgeklügelt, intelligent und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen platzierte Beleuchtung« von St. Peter im Vatikan ein. Für das neue Leselicht sind circa 100 000 Leuchtdioden verantwortlich, die das Münchner Unternehmen Osram im nordrhein-westfälischen Wipperfürth entwickelte und produzieren ließ. Die LED-Leuchten und Lichtbänder sind dabei so unsichtbar wie möglich in die Architektur integriert. Nach oben gerichtete Strahler beleuchten die jeweils gegenüberliegende Decke. Dadurch wird ein Schattenwurf der Stuck- und Zierelemente verhindert. Schattenfrei bleibt auch der Marmorboden, der über nach unten gerichtete Spots erhellt wird. Nicht nur im Altarbereich ist eine blendfreie Beleuchtung gewährleistet.

Merkmale moderner Lichttechnik
Insgesamt erlaubt es die eingesetzte LED-Technologie Teile der Basilika zehnmal heller erstrahlen zu lassen, als zuvor. Dies bietet teilweise ganz neue Einblicke in die Kuppeln der Seitenschiffe, was selbst langjährigen Mitarbeitern oder Kunsthistorikern bisher verborgen blieb. Mit einem CRI-Wert von rund 95 wurden die LEDs auf eine optimale Farbwiedergabe eingestellt, die sonst im Kunstlichtbereich nur noch mithilfe von Glühlampen erreicht werden könnte. Doch die neue Technologie begleitet bekanntlich ein entscheidender Vorteil: Im Vergleich zur vorherigen lichttechnischen Ausstattung spart der Vatikan laut eigenen Angaben bis zu 90 % Energie. An der Pracht lässt sich zudem auch aus der Ferne teilhaben: Durch die neu geschaffene Helligkeit sind digitale Fernsehaufnahmen und -übertragungen aus dem Dom in 4K und 8K UHD möglich.

Generell spielte die Digitalisierung eine entscheidende Rolle in dem Projekt, erklärt Dr. Thorsten Müller, Leiter der Innovations-und Forschungsarbeit von Osram. So wurde einerseits anhand von virtuellen Lichtsimulationen die spätere Installation digital geplant. Dadurch konnte das Beleuchtungskonzept unabhängig vom laufenden Betrieb und mit möglichst geringer Einwirkung auf den Raum entwickelt werden. Darüber hinaus ist auch die Lichtsteuerung digital. Die anlassbezogenen Beleuchtungsszenarien lassen sich über DALI und DMX vom Rechner und von herstellerunabhängigen mobilen Endgeräten aus einstellen und aktivieren. Die neue LED-Beleuchtung wirkt fast wie ein Meilenstein in der Entstehungs- und Bestandsgeschichte dieses Jahrhunderte alten Sakralbaus.

Meisterliche Koproduktion
Die Besonderheit des Petersdoms in seiner heutigen Ausführung geht nicht nur auf die Popularität und Anzahl seiner Erbauer zurück. 1506 brach auf dem vatikanischen Hügel vor den Toren Roms die Bauzeit für einen Neubau anstelle der konstantinischen Kirche Alt-St. Peter an. Die Basilika wurde zunächst von Bramante als streng symmetrischer Zentralbau konzipiert. 43 Jahre nach Grundsteinlegung griff Michelangelo Buonarroti in seinem Entwurf die Grundform auf und ließ den Zentralraum, der von seiner bis heute erhaltenen, monumentalen Kuppel gekrönt wird, mit den Seitenkapellen zu einer Einheit verschmelzen sowie um eine Vorhalle ergänzen. Weiteren Baumeistern, darunter auch Raffael und Giuliano da Sangallo, strebte ein Longitudinalbau vor, der letztendlich unter der Regie von Carlo Maderno ab 1607 realisiert wurde. Auf letzteren geht auch die überdimensionierte Fassade zurück, die zum Petersplatz abschließt. Die Vollendung der Schauseite sowie der immense, von Kolonnaden gesäumte Platz, entstanden ab 1626 unter der Bauleitung von Gianlorenzo Bernini. Eine Vielzahl weiterer Baumeister war an diesem Prestigeprojekt letztendlich beteiligt.

»Die beste Lichtquelle ist unsichtbar« – Osram und der Vatikan
Berninis letztgenanntes Werk erfuhr in jüngster Zeit ebenfalls eine lichttechnische Aufwertung durch das deutsche Technologieunternehmen. Im Herbst 2016 erfolgte die Einweihung der neuen Illumination am Petersplatz, der mit 48 000 m2 Fläche zeitweise bis zu 400 000 Besucher gleichzeitig aufnehmen kann. Auch hier sind Fluter unauffällig in die gebaute Struktur integriert und liefern vom Flanierlicht bis hin zur Beleuchtung für Großveranstaltungen zahlreiche voreingestellte Szenerien. Mit dem neuen Lichtkonzept sollten nicht nur Energie sondern auch Lichtemissionen eingespart werden. Die Zusammenarbeit mit Osram begann bereits einige Jahre zuvor. Die Sixtinische Kapelle ist seit Ende 2014 in das Licht speziell entwickelter LED-Leuchten gehüllt. Bei diesem ersten Auftrag von Seiten des Vatikans bewährte sich das Unternehmen aufgrund technologisch präziser Maßarbeit. So wurden in einer mehrjährigen Planungszeit unter anderem Expositionstests mit Farbpigmenten, die für die berühmten Fresken typisch sind, durchgeführt. Daraus resultierten Leuchten, die ein Kunst konservierendes, farbechtes Licht mit vielfach höherer Beleuchtungsstärke als die vorherigen Halogenlampen erzeugen. Das letzte gemeinsame Projekt vor dem Petersdom wurde im Juni 2017 abgeschlossen. Dabei wurden die Stanzen des Raffael im Vatikanischen Museum mit ebenfalls unsichtbar integrierten LEDs ausgestattet. Auch die hier verorteten, weltberühmten Wand- und Deckengemälde erleben seither optisch eine Renaissance. Und nicht zuletzt kann so auch einer der prominentesten Baumeister und Kunstausstatter des Petersdoms in neuer Farbpracht betrachtet werden: In Raffaels »Schule von Athen« wird die Figur von Heraklit im Vordergrund des Gemäldes durch ein Porträt Michelangelos dargestellt.

www.osram.com

Hauptkuppel und Vierungspfeiler vor und nach der Umstellung auf LED. Foto: ARCHIVIO FOTOGRAFICO FABBRICA DI SAN PIETRO

Blick in den berühmten Bronzebaldachin über dem Papstaltar von Gianlorenzo Bernini. Foto: Sabina Strambu

Festbeleuchtung im Petersdom. Foto: Sabina Strambu

Die Cathedra Petri in der Hauptapsis des Petersdoms. Foto: ARCHIVIO FOTOGRAFICO FABBRICA DI SAN PIETRO

Neue Einblicke in die Cappella de la Pietà. Foto: ARCHIVIO FOTOGRAFICO FABBRICA DI SAN PIETRO

Kuppel der Cappella de la Pietà. Foto: ARCHIVIO FOTOGRAFICO FABBRICA DI SAN PIETRO

Cappella di San Michele Arcangelo – Kapelle des heiligen Erzengels Michael. Foto: ARCHIVIO FOTOGRAFICO FABBRICA DI SAN PIETRO

Kuppel in der Kapelle des heiligen Erzengels Michael. Foto: ARCHIVIO FOTOGRAFICO FABBRICA DI SAN PIETRO

Kuppel in der Cappella Clementina – vorher und nachher. Foto: ARCHIVIO FOTOGRAFICO FABBRICA DI SAN PIETRO

Von LEDs beleuchtete Kuppel in der Cappella Clementina. Foto: ARCHIVIO FOTOGRAFICO FABBRICA DI SAN PIETRO

Cappella Madonna del Soccorso – Kapelle der Madonna von der Säule. Foto: ARCHIVIO FOTOGRAFICO FABBRICA DI SAN PIETRO

Blick auf die Ostfassade des Petersdoms und die Kuppel von Michelangelo. Foto: Sabina Strambu

Ansicht der Kolonnaden von Bernini, die den Petersplatz säumen. Foto: Sabina Strambu

Die Pietà von Michelangelo im Petersdom. Foto: Sabina Strambu

Möglicherweise ein Porträt Michelangelos in Raffaels Wandgemälde »Die Schule von Athen« im Vatikanpalast. Foto: Sabina Strambu

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